Galerie Idea Fixa: Social Is The New Social

Exhibition. Galerie mit und ohne Menschen, Mï Laicos, 2014. Dieses Kunstwerk findet sich auf einer kleinen Holzplatte draussen bei der Basler Galerie Idea Fixa an der Feldbergstrasse 38 und gehört zur Ausstellung Social Is The New Social. Diese hatte vergangene Woche ihre Finissage.


Was bleibt, ist ein medialer Nachklang unsererseits, denn wir sprachen mit dem Galerie Inhaber Reto Mettler, Künstler und Mitarbeiter Felipe Schwager sowie Künstler und Mitkurator der Ausstellung Ephraim Ebertshäuser über das Dasein einer Galerie, mediale Eigenheiten sowie den Wert des Zwischenmenschlichen (siehe Bild unten v.l.n.r.).


Lieber Reto, gemeinsam mit Anina Michel führst du die Galerie Idea Fixa. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit und was sind eure Ziele?
Reto: Wir haben die Galerie Idea Fixa seit mittlerweile knapp 3 Jahren. Zwar hatten wir davor auch schon Kunstprojekte, dies jedoch mit wechselnden Standorten. Ein Projekt war beispielsweise, dass wir die Räume einer Bauhausvilla in Riehen bespielt haben - also eine Ausstellung in jedem Zimmer.

Uns ist die Zusammenarbeit mit den Künstlern sehr wichtig. Alle Projekte entwickeln sich durch die Projektphase, in welcher man sich gegenseitig bis zum Schluss begleitet und auch erst mit der Zeit sieht, was realisierbar ist. Das Projekt bis zu Ende zu denken, ist schon die halbe Miete. Felipe und ich arbeiten beispielsweise sehr eng zusammen in der Galerie, was eine vertraute Atmosphäre schafft.


Kommt ihr aus dem Kunstbereich, du und Anina?
Reto: Also ich nicht direkt, ich habe politische Ökonomie studiert. Anina hat zwar Kunstgeschichte studiert, jedoch nie abgeschlossen. Danach widmete sie sich dem Kulturmanagement. Sie kommt jedoch aus einer Künstlerfamilie und auch mein Vater hatte eine Galerie, sodass die Kunstaffinität bei uns beiden auch privat zu finden ist.


Idea Fixa - Wie kam es zur Namensfindung?
Reto: Anina hatte die Idee mit dem Namen. Sie ist ein grosser Fan von Asterix, vom Hündchen (Lacht). Nein, Spass beiseite. Wir hatten schon lange die Idee, einen fixen Ort zu haben, wo wir Kunst ausstellen können. Der Name unterstreicht dieses Vorhaben und passt gut zu unseren Vorstellungen und Projekten.

Wieviele Leute arbeiten in der Idea Fixa?
Reto: Wir sind insgesamt drei Leute, die hier arbeiten: Anina, Felipe und ich. Aber natürlich alle nur Teilzeit. Felipe hat eine 100% Ausbildung, ich habe einen 100% Job und Anina arbeitet ebenfalls nebenbei. Es ist jedoch immer jemand von uns Dreien in der Galerie anwesend, was auch wiederum Nähe schafft, da wir als Besitzer direkt in Kontakt mit den Besuchern treten können.


Wie findet ihr die Künstler, welchen ihr einen Platz in eurer Galerie einräumt?
Reto: Wir wollen all 1.5 Jahre mit jungen Leuten von der HGK zusammenarbeiten und diesen mit der Idea Fixa eine Plattform geben, ihre Kunst auszustellen. Das haben wir das letzte Mal vor 2 Jahren gemacht. Dieses Mal lief die Ausstellung Social Is The New Social in diesem Rahmen, da sich Felipe und Ephraim an der HGK im Masterstudio Design kennengelernt haben und gemeinsam diese Ausstellung ins Leben riefen.

Ansonsten arbeiten wir generell nur mit Leuten, die in unser Programm passen. Wir haben einen normalen Galeriebetrieb, kein Offspace. Im Moment arbeiten wir mit 5 - 6 unterschiedlichen Künstlern unter anderem aus der Schweiz, aus Deutschland und aus Schweden zusammen. Ziel ist es, auch zwischenmenschlich eine Bindung zu schaffen und ihre Kunst wachsen zu lassen. Es gibt natürlich immer wieder Momente, wo Leute abspringen, das ist normal. Aber vieles wächst auch und man baut ein enges Verhältnis miteinander auf. Wir hatten am Anfang natürlich genug Connections und hätten auch mit einer riesen Liste an Künstlern kommen können. Dies haben wir aber bewusst nicht gemacht.

Felipe: Das ist so als wäre dieser Raum dein Zuhause, du arbeitest jahrelange mit den Leuten zusammen. Dies muss sowohl künstlerisch als auch zwischenmenschlich passen.

Reto: Genau, es ist ein familiäres Verhältnis. Ich habe auch schon in anderen Galerien gearbeitet und weiss, wie das ist, wenn man mit so einem grossen Pool an Künstlern zusammenarbeitet. Das ist dann schwierig, da man ja Verantwortung übernimmt und gewissen Grades die Künstler auch auf ihrem Weg begleitet. Im kleinen Rahmen gelingt dies besser.



Wer kümmert sich um das Ausstellungskonzept?
Reto: In erster Linie hat der Künstler eine Idee. Wir planen die Ausstellungen meist ein halbes Jahr voraus. Es ist eine enge Zusammenarbeit, bei welcher etwas Gemeinsames entsteht.
Am Donnerstag, dem 12. Februar 2015 findet die Vernissage zur Ausstellung Alcina's Island der polnischen Malerin Pola Dwurnik statt. Sie hat das erste Mal eine Galerieausstellung in Basel. In Polen ist sie jedoch schon sehr erfolgreich und beispielsweise in der Sammlung im Museum von Krakau vertreten. Wir haben sie über einen Kunsthistoriker kennengelernt, hier in Basel. Wir gingen sie daraufhin in ihrem Atelier in Berlin besuchen und trafen uns erneut in Basel wieder. Es passte einfach sowohl künstlerisch als auch zwischenmenschlich wunderbar.
Wir nehmen uns viel Zeit für die Künstler und lernen einander wirklich kennen. Das ist auch der Grund, weshalb wir nicht mit einer riesen Künstlerliste angetanzt kommen, sondern es lieber familiärer mögen. Wenn du nur mit 2 Künstlern ankommst, denken am Anfang alle “Was machen denn die? Das scheint ja untypisch.” (Lacht). Wir sind aber eher auf der Schiene, dass wir organisch, langsam und liebevoll wachsen möchten, das entspricht uns viel mehr.



Ihr seid ja beispielsweise mit dem REH4 verlinkt. Wie seht ihr es sonst so mit der Zusammenarbeit in der Kunststadt Basel?
Reto: Wir hatten letzten Sommer drei Ausstellung in der Güterhalle St. Johann, eine davon mit den Galerien Stampa und Von Bartha, zwei etablierte Basler Galerien. Es war unsere Initiative und die fanden das toll, so kam es zu einer wunderbaren Zusammenarbeit.

Felipe: Wir sind seit knapp einem Jahr auch im Galerieverein Basel. Dadurch stehen wir auf offiziellen Flyern und vernetzen uns auch in der Kunstszene.

Reto: Du musst bei dem Galerieverein gewisse Statutenvorgaben einhalten, was einem gewisse Glaubhaftigkeit verschafft. Es gibt auch Anlässe für alle Mitglieder, wo kann man sich austauschen kann und z.B. das Season Opening, wo alle am gleichen Tag eröffnen. Es bleibt also spannend. Mal sehen, wie sich dies in Zukunft entwickelt.



Thema Soziale Medien: Wie steht ihr dazu?
Reto: Ich bin natürlich eine andere Generation, finde aber Technologien äusserst interessant. Damals als Kind hatte ich nur eine Dunkelkammer, keine Medien im heutigen Sinn und schon gar keine internetfähigen Smartphones.

Felipe: Uns interessiert bei der Ausstellung Social Is The New Social der Kippmoment zwischen Offline und Online. Einige wandeln immer mehr ins Volldigitale, andere halten sich da komplett raus. Wir wollen anhand verschiedener Projekte, den Bogen zwischen digitaler und analoger Welt schaffen. Ich hatte beispielsweise noch eine Offline Kindheit und weiss somit, wie es ist, nicht digital zu leben. Dann kam das Internet. Aber dennoch wissen wir, wie es ist ohne dieses zu leben. Wir gehen aber dennoch mit den Medien einfach mit, ohne zu hinterfragen. Weil wir sind die Generation sind, die weiss, wie digital und analog zusammen funktionieren können, fanden wir es spannend, Arbeiten unter dem neutralen Titel Social Is The New Social auszustellen. Man versteht die Arbeiten am besten, wenn man weiss, was man mit Medien alles machen kann. Es reicht also nicht aus, diese nur zu nutzen. Einer der sich mit Codes auskennt, sieht die Arbeiten anderes als einer, der mit der digitalen Welt nichts am Hut hat. Wir wollten jedem seine eigene Wahrnehmungsmöglichkeit geben, ohne dabei eine Richtung anzugeben, weder ins Positive noch Negative. Es ist eine Fragestallung, die wir in den Raum setzen, ohne eine Lösung geben zu wollen.



Felipe hält eine Publikation des Schweizer Künstlerduos Jahic/Roethlisberger in der Hand, die voraussichtlich im Sommer die Idea Fixa mit einer Ausstellung beglücken werden

Lieber Felipe, deine Werke Transitional und Inbetween wurden ebenfalls ausgestellt. Wie stehst du persönlich zum Thema neue soziale Medien?
Felipe: Das Smartphone ist für mich in erster Linie wie ein Werkzeug. Bei meinem Werk ist die iPhone Funktion der Farbumkehrung wichtig, um die wahren Farben meiner gemalten Bilder zu erkennen. Des Weiteren finde ich den Aspekt spannend, dass meine Bilder als analoge Arbeit einfach so im Raum stehen können. Die Leute, die durch Mundpropaganda mitbekommen haben, dass man die wahren Farben erst durch die Negativfunktion via Handy zu sehen bekommt, reagierten sogleich und zückten ihr Smartphone. Es entsteht eine Eigendynamik vor meinen Werken, welche von persönlicher zwischenmenschlicher 1:1 Kommunikation lebt. Wer kein eigenes iPhone hat, wird durch andere Besucher darauf aufmerksam gemacht, durch ihres zu schauen - ein sehr sozialer Akt also.
Ich kam dazu eine solche Arbeit zu machen, weil ich täglich mein Smartphone erkunde. Da findet man so Sachen wie Schwarzweiss Einstellungen, Farbumkehrung usw. Es gibt aber so viele Funktionen, von welchen die Nutzer gar nicht wissen, dass diese existieren.
Interessanterweise ist die Technik mittlerweile soweit, dass wir Chips in unseren Arm einpflanzen können, um Blutwerte abzuspeichern. In zehn Jahren können wir den Negativeffekt vielleicht direkt durch unser Hirn einstellen, wer weiss.



Nutzt ihr soziale Medien auch privat, zum Beispiel Facebook?
Reto: Also auf Facebook bin ich gestorben. Adieu. Mir hat das nichts gebracht. Ich hab ein paar Bilder hochgeladen, aber hat mir nichts an Wert gegeben oderso. Und ich habe gar keine Zeit auf Facebook aktiv zu sein. Wenn ich mal Zeit habe, dann nutze ich diese anders.

Felipe: Auf Facebook hast du deine berühmten 15 Minuten Fame, ganz im Sinne von Andy Warhol (Lacht). Aber ja, ich nutze Facebook hin und wieder und finde es in gewissen Dingen einfach sehr praktisch.

Ephraim: Ich bin vor 4 Jahren aus Facebook ausgetreten, weil es mir ein Kommunikationsweg zu viel war. Ich habe ein Telefon, Email und Whatsapp. Als die Leute mich auch noch via Facebook kontaktiert haben, war mir das zu viel. In Stuttgart sind viele Künstler aus Facebook ausgetreten, witzigerweise war es hier in Basel eher so, dass z.B. Felipe meinte, was du brauchst doch Facebook, um zu kommunizieren?
Als die Timeline kam und dir sagte, sie könne dein ganzes Leben speichern, habe ich Facebook gelöscht. Die Entwickler gingen eine Schritt weiter, also ging auch ich einen Schritt weiter und trat aus. Aber ich habe es auch schon erlebt, dass es Facebook einem einfach macht, Gruppen und Veranstaltungen aktiv zu halten. Und ja, da wurde ich dann schon auch mal vergessen, weil ich kein Facebook habe. Aber wenn anders nicht an eine Person gedacht wird, ist das traurig.



Ephraim, wie kam es zu einer Zusammenarbeit für die Ausstellung Social Is The New Social?
Ephraim: Felipe und ich kennen uns vom Masterstudio Design an der HGK. Ich bin eigentlich aus Stuttgart und war zuletzt als selbständiger Kommunikationsdesigner unterwegs und habe unter anderem den Verlag Prima Publikationen gegründet . Gemeinsam mit meiner Freundin habe ich diverse Ausstellungen in Stuttgart gemacht, weshalb ich in diesem Bereich also bereits Erfahrungen habe. Felipe war der einzige Künstler bei uns im Studiengang. Ich ging also auf ihn zu und so kam das eine zu dem anderen.
Wir haben damals für Ausstellungen von der Gestaltung bis zu dem ganzen drumherum alles selber gemacht. Hier in der Idea Fixa war es eher Arbeit als Kurator und mein künstlerischer Beitrag. Ich habe die Internetseite What Is The New Social gemacht. Und da gibt's noch 'ne Audioarbeit, bei welcher man diverse Klingeltöne hört. Das soll die Leute erwischen, wie sie sich an die Hosentaschen oder zu ihren Smartphones greifen und wie abhängig wir somit schon von Medien sind. Als die Dame von der Zeitung an der Vernissage war, ging so ein Geräusch an, da wurde sie gleich still, um uns höflich Freiraum einzuräumen, unsere Handys bedienen zu können (Lacht).


Felipe und ich haben den Raum selber aufgebaut. Die Thematik lässt es ja zu, dass wir mit den Künstlern digital arbeiten können, die müssen nicht zwingend physisch da sein. Wir haben ca. 2 Monate gebraucht, alles zu organiseren, die Leute zu kontaktieren usw.

Social Is The New Social ist die Schnittstelle zwischen Offline- und Onlinewelt, ohne unser persönliches Statement abgeben zu wollen. Der Titel gibt kein richtig oder falsch vor. Es geht vielmehr um den Umgang mit den ausgestellen Arbeiten, welche unterschiedliche Aspekte der Sozialen Medien und des Sozialen im Allgemeinen zeigen. Ziel war, dass die Leute die Ausstellung anschauen und sich selbst ein Bild machen. Jeder geht persönlich und individuell mit Medien um und soll damit seinen eigenen Weg finden.

Ich beispielsweise lege grossen Wert auf persönliche Kommunikation. Ich betreue jedoch die Facebookseite unserer Galerie in Stuttgart und sehe auch, wie das Spass machen kann, wenn man die Likes zu einem Beitrag wachsen sieht.
Ich finds gut für die Arbeit Facebook zu nutzen. Im Endeffekt ist Facebook aber nur ein Kanal von vielen. Wir haben Ronorp angeschrieben und Newsletter via dem HGK Verteiler gesendet, um Leute auf die Ausstellung aufmerksam zu machen.



Bei Facebook verbreitet sich Information viral. Freunde von Freunden sehen, wer wann wo teilnimmt.
Ephraim: Das finde ich krass. Es gibt eine gewise Abhängigkeit, was den Newsfeeed angeht. Ich bin ja auch umgeben von Facebook mit der Seite unserer Galerie in Stuttgart. Es ist ja nicht so, dass ich das total meide. Aber ich muss schon sagen, dass sich die Leute da täglich Scheisse reinziehen und darauf warten, bis mal was Tolles dabei ist, ohne dies zu hinterfragen. Sie nehmen den Content einfach so hin.

Ephraim, deine nächsten Projekte in Basel?
Ephraim: Ich bin ja noch nicht so lange in Basel. Zurzeit suche ich Offspaces, wo ich was machen kann und stehe ich in Kontakt mit den Jungs von der Parzelle 403 in Basel.
Das ist aber noch alles unkonkret. Es braucht immer einen Anfang, einen Raum und dann kann man schauen, wie man diesen mit Leben füllt. Wir - ich und Felipe - sind sicher auch nicht abgeneigt zusammen nochmal was zu machen, aber da steht noch nichts Konkretes.


Du als nicht Basler: Wie erlebst du Basel als Kulturstadt?
Ephraim: Also ich bin erst drei Monate da und habe bisher erst die grossen kommerziellen Kunsthäuser wie die Kunsthalle, das Kunstmuseum oder das Gegenwartskunstmuseum abgeklappert. Für eine Kleinstadt bietet Basel viele Möglichkeiten. Die Angst, dass ich hier auf ein Dorf treffe, hat sich also nicht bewährt. Die Basler haben einen offenen Geist und die Kulturauswahl sowie die Galerielandschaft sind sehr gross für eine Kleinstadt, das gefällt mir.


Wir bedanken uns herzlichst bei Reto, Felipe und Ephraim für die ausführlichen Antworten und empfehlen euch hin und wieder in der Galerie Idea Fixa vorbeizuschauen.


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von Ana Brankovic
am 09.02.2015

© Fotos: Wie wär's mal mit
und Marina Gärtner

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