Plattfon Basel: Michael Zaugg im Gespräch
An der Basler Feldbergstrasse gibt es nicht nur nette Galerien und Bars, nein, auch eine kleine feine Musikoase namens Plattfon ist da zu finden. Wie die Zukunft der Musik im Zeitalter des Digitalen aussieht und wo man in der Schweiz innovative Klangsphären findet - wir haben bei Michael Zaugg und Muriel De Bros nachgefragt.
Wer steckt hinter dem Plattfon und wie kam es zur Gründung?
Plattfon wurde 2003 neben dem Hirscheneck im Infoladen Sowieso gegründet. Zuerst als Ladenkollektiv von Philipp Schwarz, Benjamin Jauslin und Roman Bruderer. 2004 ist Michael Zaugg zu dem Kollektiv dazu gestossen und gemeinsam wurde der Laden aufgebaut. Seither sind wir Zwei mal umgezogen und seit 2009 befinden wir uns an der Feldbergstrasse 48, zusammen mit der Galerie und Kunstbuchhandlung Stampa, welche die Bücher beisteuert. Die Ladeneinrichtung haben wir selber nach den Plänen von Luiz Albisser und Reto Welz gebaut.
Aus wem besteht das Plattfon Team heute?
Das Team setzt sich heute zusammen aus Muriel De Bros, die seit 2010 mit dabei ist und Michael Zaugg. Michael Zaugg veranstaltet Konzerte und Ausstellungen - unter anderem bespielte er damals das Oslo10 auf dem Dreispitz. Er ist Mitbegründer der Konzertreihe Klappfon, eine Reihe für experimentelle Musik sowie Initiator des Trinationalen Netzwerkes Transborder und selber Musiker und DJ. Muriel De Bros legt als Princess P in diversen Clubs auf. Sie organisierte eine Partyreihe in Bern unter dem Namen Dolce.
Was treibt euch an?
Ein Laden wie das Plattfon ist ein Treffpunkt für Musikfans. Im besten Fall trifft man gleichgesinnte und interessante Leute, kann einkaufen, diskutieren, sich austauschen und inspirieren lassen. Kleine Konzerte und Veranstaltungen konnte ich im Laden organisieren und dies ist bis heute so - im Oslo10 Raum veranstalten wir zwar nicht mehr, dafür aber in der Flatterschaft, im Plattfon selber oder hin und wieder im HeK.
Welche Platte würdet ihr unserer Leserschaft zurzeit wärmstens empfehlen?
Michael: Das kommt natürlich immer auf die Leserschaft darauf an. Um etwas zu empfehlen, sollte man die Leute sehen, kennen und kurz mit ihnen sprechen. Mir persönlich gefällt im Moment zum Beispiel die Platte FRKWYS Vol. 12: We Know Each Other Somehow von Robert Aiki Aubrey Lowe & Ariel Kalma.
Muriel: Das neue Kendrick Lamar Album To Pimp A Butterfly finde ich äusserst empfehlenswert.
Musikgenres - Was findet man bei euch alles so?
Mittlerweile fast alles - wir haben uns von einem sehr spezialisierten Laden, der nur Nischen bediente und sicherlich ziemlich elitär war, sehr weit geöffnet.
Was geht in Sachen Musik garnicht und sollte verbannt werden?
Das ist Geschmackssache - wir sind da nach 12 Jahren sehr flexibel. Im Laden verkaufen wir im Idealfall Musik, die wir selber mögen, müssen und wollen uns aber auch anpassen, damit wir den Laden erhalten können.
Ein paar Worte zu euren Kunden - Wer spaziert alles so rein und wonach ist die Nachfrage unersättlich?
Unersättlich ist wohl übertrieben, es gibt sehr unterschiedliche Kunden: Vom Vinyl Fan, der vom allgemeinen Vinylfieber gepackt seine Lieblings Playlist von iTunes, Youtube etc. endlich handfest im Regal haben möchte, bis hin zu DJs und Sammlern, die seit 30-40 Jahren vom Sammelvirus gepackt sind. Die Kundschaft ist sehr vielseitig - es gibt Kunden, die kommen sehr offen in den Laden (meine Favoriten) und andere, die denken, dass wir jede Platte bei uns an Lager haben sollten. Das sind auch meistens die Kunden, die sich gewohnt sind über Amazon und andere Onlineshops einzukaufen. Als kleines lokales Geschäft können wir da nicht mithalten. Leute, die bei uns einkaufen, schätzen den persönlichen Kontakt und unsere Empfehlungen. Oft haben wir auch vergriffene Platten noch an Lager, die sonst überall ausverkauft sind - da die Schweiz in Sachen Musik bekanntlich etwas langsam ist.
Musik im Zeitalter des Digitalen - Wie seht ihr die Zukunft von Vinyls?
Natürlich positiv. Es beginnen vermehrt junge Leute Vinyl zu kaufen und sich für Musik zu interessieren. Es ist eine andere Wertschätzung von Musik und man muss nicht ständig vor dem Computer sitzen. Musik und Bücher werden deshalb noch eine zeitlang existieren - davon bin ich überzeugt. Vinyl sieht auch einfach besser aus, klingt anderst als Musik von Youtube oder Spotify und man hat ein Gesamtkunstwerk, das oft an Wert gewinnt mit den Jahren.
Wo in Basel gehen Musikliebhaber gerne aus?
Leider wird es immer schwieriger für Veranstalter in Basel die Lärm- und Sicherheitsvorschriften einzuhalten. Im Moment gibt es noch einige offizielle Clubs wie den Hinterhof oder das Nordstern für Techno, House und diverse elektronische Musik. Die Clubs sind aber so gross, dass sie bisher keine grossen Experimente wagen. Motivierter und vielseitig für Basler Verhältnisse finde ich das Programm der Kaschemme. Für grössere Acts aus allen Sparten die Kaserne, Z7 für Metal und Rock, Hirscheneck für kleinere unbekannte Bands und inzwischen auch wieder vermehrt elektronische Musik, die Musikakademie Jazzschule hat oft auch spannende Konzerte, von denen leider nur Studenten mitbekommen. Gare Du Nord mit dem Ensemble Phoenix für zeitgenössische Musik, Birdseye für zeitgenössischen Jazz. Es gibt in Basel sehr viel, aber wenig davon ist wirklich innovativ und mutig. Meine Lieblingsclubs waren früher der Schlachthof, das Hirscheneck und die Elsässerstrasse.
Der Wagenmeister war auch ein toller Club, der mir viel Spass gebracht hat und wo wir selber auch ab und zu veranstalteten.
Neu in Basel auf dem Dreispitz gibt es das HeK , das Programm hat durchaus Verwandschaft mit den Konzerten und den Partys, die wir im Oslo10 organisierten, dementsprechend kann ich das sehr empfehlen. Ausserhalb von Basel ist auch viel los - Zürich hat da einiges zu bieten. Klubi, OOR, Zukunft, Walchenturm, Helsinki, El Lokal und unzählige kleine, private Konzertorte - und die Westschweiz erscheint mir persönlich einiges mutiger und innovativer. Mein Lieblings Club ist das Cave12 in Genf, mit denen ich in Sachen Konzerte oft und gerne zusammenarbeite.
Habt ihr einen Lieblings Basler Musiker/DJ?
Michael: Da gibt es meinerseits einige - Dieter Roth, 16-17, Papiro, Christoph Fringeli, Bruno Spoerri, Guyers Connection, Luana und Black Tiger.
Eine Plattfon Lebensweisheit an unsere Leserschaft?
Dran bleiben.
Ergänzt den Satz: Wie wär's mal mit...
...im Plattfon vorbeischauen, sich beraten lassen und vielleicht sogar etwas kaufen.
Herzlichen Dank an Michael und Muriel für die interessanten Inputs. Wer neue oder alte Klangsphären austesten oder einfach mal mit den beiden plaudern möchte, sollte dem Plattfon dringend einen Besuch abstatten.
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von Ana Brankovic
am 18.05.2015
Fotos
© Oliver Hochstrasser für Wie wär's mal mit
Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Wie wär's mal mit einholen.
An der Basler Feldbergstrasse gibt es nicht nur nette Galerien und Bars, nein, auch eine kleine feine Musikoase namens Plattfon ist da zu finden. Wie die Zukunft der Musik im Zeitalter des Digitalen aussieht und wo man in der Schweiz innovative Klangsphären findet - wir haben bei Michael Zaugg und Muriel De Bros nachgefragt.
Wer steckt hinter dem Plattfon und wie kam es zur Gründung?
Plattfon wurde 2003 neben dem Hirscheneck im Infoladen Sowieso gegründet. Zuerst als Ladenkollektiv von Philipp Schwarz, Benjamin Jauslin und Roman Bruderer. 2004 ist Michael Zaugg zu dem Kollektiv dazu gestossen und gemeinsam wurde der Laden aufgebaut. Seither sind wir Zwei mal umgezogen und seit 2009 befinden wir uns an der Feldbergstrasse 48, zusammen mit der Galerie und Kunstbuchhandlung Stampa, welche die Bücher beisteuert. Die Ladeneinrichtung haben wir selber nach den Plänen von Luiz Albisser und Reto Welz gebaut.
Aus wem besteht das Plattfon Team heute?
Das Team setzt sich heute zusammen aus Muriel De Bros, die seit 2010 mit dabei ist und Michael Zaugg. Michael Zaugg veranstaltet Konzerte und Ausstellungen - unter anderem bespielte er damals das Oslo10 auf dem Dreispitz. Er ist Mitbegründer der Konzertreihe Klappfon, eine Reihe für experimentelle Musik sowie Initiator des Trinationalen Netzwerkes Transborder und selber Musiker und DJ. Muriel De Bros legt als Princess P in diversen Clubs auf. Sie organisierte eine Partyreihe in Bern unter dem Namen Dolce.
Was treibt euch an?
Ein Laden wie das Plattfon ist ein Treffpunkt für Musikfans. Im besten Fall trifft man gleichgesinnte und interessante Leute, kann einkaufen, diskutieren, sich austauschen und inspirieren lassen. Kleine Konzerte und Veranstaltungen konnte ich im Laden organisieren und dies ist bis heute so - im Oslo10 Raum veranstalten wir zwar nicht mehr, dafür aber in der Flatterschaft, im Plattfon selber oder hin und wieder im HeK.
Welche Platte würdet ihr unserer Leserschaft zurzeit wärmstens empfehlen?
Michael: Das kommt natürlich immer auf die Leserschaft darauf an. Um etwas zu empfehlen, sollte man die Leute sehen, kennen und kurz mit ihnen sprechen. Mir persönlich gefällt im Moment zum Beispiel die Platte FRKWYS Vol. 12: We Know Each Other Somehow von Robert Aiki Aubrey Lowe & Ariel Kalma.
Muriel: Das neue Kendrick Lamar Album To Pimp A Butterfly finde ich äusserst empfehlenswert.
Musikgenres - Was findet man bei euch alles so?
Mittlerweile fast alles - wir haben uns von einem sehr spezialisierten Laden, der nur Nischen bediente und sicherlich ziemlich elitär war, sehr weit geöffnet.
Was geht in Sachen Musik garnicht und sollte verbannt werden?
Das ist Geschmackssache - wir sind da nach 12 Jahren sehr flexibel. Im Laden verkaufen wir im Idealfall Musik, die wir selber mögen, müssen und wollen uns aber auch anpassen, damit wir den Laden erhalten können.
Ein paar Worte zu euren Kunden - Wer spaziert alles so rein und wonach ist die Nachfrage unersättlich?
Unersättlich ist wohl übertrieben, es gibt sehr unterschiedliche Kunden: Vom Vinyl Fan, der vom allgemeinen Vinylfieber gepackt seine Lieblings Playlist von iTunes, Youtube etc. endlich handfest im Regal haben möchte, bis hin zu DJs und Sammlern, die seit 30-40 Jahren vom Sammelvirus gepackt sind. Die Kundschaft ist sehr vielseitig - es gibt Kunden, die kommen sehr offen in den Laden (meine Favoriten) und andere, die denken, dass wir jede Platte bei uns an Lager haben sollten. Das sind auch meistens die Kunden, die sich gewohnt sind über Amazon und andere Onlineshops einzukaufen. Als kleines lokales Geschäft können wir da nicht mithalten. Leute, die bei uns einkaufen, schätzen den persönlichen Kontakt und unsere Empfehlungen. Oft haben wir auch vergriffene Platten noch an Lager, die sonst überall ausverkauft sind - da die Schweiz in Sachen Musik bekanntlich etwas langsam ist.
Musik im Zeitalter des Digitalen - Wie seht ihr die Zukunft von Vinyls?
Natürlich positiv. Es beginnen vermehrt junge Leute Vinyl zu kaufen und sich für Musik zu interessieren. Es ist eine andere Wertschätzung von Musik und man muss nicht ständig vor dem Computer sitzen. Musik und Bücher werden deshalb noch eine zeitlang existieren - davon bin ich überzeugt. Vinyl sieht auch einfach besser aus, klingt anderst als Musik von Youtube oder Spotify und man hat ein Gesamtkunstwerk, das oft an Wert gewinnt mit den Jahren.
Wo in Basel gehen Musikliebhaber gerne aus?
Leider wird es immer schwieriger für Veranstalter in Basel die Lärm- und Sicherheitsvorschriften einzuhalten. Im Moment gibt es noch einige offizielle Clubs wie den Hinterhof oder das Nordstern für Techno, House und diverse elektronische Musik. Die Clubs sind aber so gross, dass sie bisher keine grossen Experimente wagen. Motivierter und vielseitig für Basler Verhältnisse finde ich das Programm der Kaschemme. Für grössere Acts aus allen Sparten die Kaserne, Z7 für Metal und Rock, Hirscheneck für kleinere unbekannte Bands und inzwischen auch wieder vermehrt elektronische Musik, die Musikakademie Jazzschule hat oft auch spannende Konzerte, von denen leider nur Studenten mitbekommen. Gare Du Nord mit dem Ensemble Phoenix für zeitgenössische Musik, Birdseye für zeitgenössischen Jazz. Es gibt in Basel sehr viel, aber wenig davon ist wirklich innovativ und mutig. Meine Lieblingsclubs waren früher der Schlachthof, das Hirscheneck und die Elsässerstrasse.
Der Wagenmeister war auch ein toller Club, der mir viel Spass gebracht hat und wo wir selber auch ab und zu veranstalteten.
Neu in Basel auf dem Dreispitz gibt es das HeK , das Programm hat durchaus Verwandschaft mit den Konzerten und den Partys, die wir im Oslo10 organisierten, dementsprechend kann ich das sehr empfehlen. Ausserhalb von Basel ist auch viel los - Zürich hat da einiges zu bieten. Klubi, OOR, Zukunft, Walchenturm, Helsinki, El Lokal und unzählige kleine, private Konzertorte - und die Westschweiz erscheint mir persönlich einiges mutiger und innovativer. Mein Lieblings Club ist das Cave12 in Genf, mit denen ich in Sachen Konzerte oft und gerne zusammenarbeite.
Habt ihr einen Lieblings Basler Musiker/DJ?
Michael: Da gibt es meinerseits einige - Dieter Roth, 16-17, Papiro, Christoph Fringeli, Bruno Spoerri, Guyers Connection, Luana und Black Tiger.
Eine Plattfon Lebensweisheit an unsere Leserschaft?
Dran bleiben.
Ergänzt den Satz: Wie wär's mal mit...
...im Plattfon vorbeischauen, sich beraten lassen und vielleicht sogar etwas kaufen.
Herzlichen Dank an Michael und Muriel für die interessanten Inputs. Wer neue oder alte Klangsphären austesten oder einfach mal mit den beiden plaudern möchte, sollte dem Plattfon dringend einen Besuch abstatten.
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von Ana Brankovic
am 18.05.2015
Fotos
© Oliver Hochstrasser für Wie wär's mal mit
Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Wie wär's mal mit einholen.