10 Jahre Luststreifen: Im Gespräch mit Ledwina Siegrist und Viviane Zitzer

Wir hatten 2016 ein Interview mit Anja Haldimann von Luststreifen, die uns unter anderem verriet, dass das Filmfestival wie Gummibärchen gepökeltes Jungspanferkelchen auf einem Waldmeisterschäumchen schmecken würde. Dieses Jahr feiert das queere Basler Filmfestival seine 10-jährige Existenz. Was neu ist, welche Formate man nicht verpassen sollte und wie das Festival im 2017 schmeckt, erzählen uns Ledwina Siegrist und Viviane Zitzer.


Liebe Ledwina, liebe Viviane wer seid ihr und was sind eure Aufgaben
bei Luststreifen?

Ledwina: Ich bin aus Basel, habe einen Master in Gender Studies und Educational Sciences, im Moment bin ich an einer Weiterbildung zur Sexualtherapeutin in Zürich und bin seit sechs Jahren bei Luststreifen für die Programmation der Filme verantwortlich. Wir sind ein Team von neun Menschen, die das Kunstfilmfestival auf die Beine stellen, mit dem Ziel der Förderung von queerer Kultur im Raum Basel.
Viviane: Ich bin aus Basel und habe einen BA in Kommunikation und Gender Studies. Ich bin schon lange im Kulturmanagement tätig und bin beim Luststreifen für die Produktion und Kommunikation zuständig.



Dieses Jahr feiert Luststreifen sein 10-jähriges Jubiläum.
Was ist neu zur Feier des Jubiläums?

Da gibt es viel zu berichten! Wir zeigen in zwei Spielstätten 28 Filme. Das Neue Kino ist unsere Homebase und das kult.kino unser neuer Partner.
Mit den anwesenden RegisseurInnen werden Talks und Q&As veranstaltet, viele weitere Kunstschaffende wie Lila Lisi, Riikka Tauriainen, Helen Gilroy oder Brigida Brunetti sind während dem Festival anwesend. Das Jubiläumsfest findet im Turbinenhaus-Aktienmühle mit einem Konzert, DJs und Light Artist statt. Am Samstag gibt es einen Feminist-Film-Workshop, für welchen ihr euch auf workshop@luststreifen.ch anmelden könnt. Am Sonntag brunchen wir zusammen im Turbinenhaus-Aktienmühle samt anschliessendem Artist Talk mit Klaus Händel. Am Sonntag, 1. Oktober 2017 wird der erste Lust Award, der Publikumsliebling der diesjährigen Festivalausgabe bekannt gegeben und feierlich begossen.
In unserem Filmprogramm können wir 15 Schweizer Filmpremieren präsentieren. Wir haben noch nie so viele hochkarätige Spiel-, Animations-, Performance- und Dokumentarfilme kuratiert. Es folgt eine Nachveranstaltung im Safe vom Unternehmen Mitte am 18. November, an welcher der Publikumsliebling nochmals gezeigt wird. Neu werden wir auch das ganze Jahr über verteilt Filmscreenings, Talks und Veranstaltungen organisieren.



Zum diesjährigen Motto The future is queer: Ist die Gegenwart nicht auch queer?
Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass die Welt noch mehr Diversität braucht und mit einer Ehe für Alle, Non-Binary, Genderqueers oder Trans noch lange nicht alle mitgedacht werden. Wir wollen eine viel queerere Zukunft, in der Menschen weder aufgrund ihres Geschlechts, Gender, Hautfarbe, Nationalität, noch wegen ihres Körpers diskriminiert oder benachteiligt werden. Wir möchten eine Gesellschaft, in der sich alle repräsentiert und sicher fühlen. Ganz unter dem Slogan „diversity is the new normality“, der eines unserer fünf Plakate schmückt.


Die visuellen Erzeugnisse dieses Jahr lehnen sich an Protestschilder und Parolen an. Weshalb ist Protest in der heutigen Zeit notwendig?
Die Proteste haben letztes Jahr verstärkt wieder zugenommen, da viele Errungenschaften der queer-feministischen Bewegung in Gefahr geraten sind und politisch stark diskutiert wurden. In der Schweiz vor allem durch den Hashtag #schweizeraufschrei, eine Reaktion auf das Problem von #victimblaming und #rapeculture. Queere Lebensweisen werden heute immer noch stark diskriminiert. Wir gehen auf die Strasse, da Sichtbarkeit Reflexion schafft und uns Reflexion Bewusstsein schenkt, Bewusstsein führt zu Bewegung und Bewegung ist Veränderung. Luststreifen stellt sich damit in die Reihen der Protestierenden. The Future is Queer, denn der Umbruch ist da. Wir sind laut, wir sind selbstbewusst und wir verändern die Welt.


Wie würde queer schmecken, wenn man es essen könnte?
Alle Menschen würden von den Leckereien kosten, die Lust und Genuss bereiten. Alles wäre in drag: salzig, spritzig, heiss, knusprig und feucht zugleich. Wir würden uns im Schlaraffenland befinden.



Wenn die Plattform Luststreifen ein Tier wäre, welches wäre es und weshalb?
Luststreifen wäre niemals nur ein Tier. Es bräuchte alle Tiere der Arche Noah und ein Dutzend dazu, denn das Festival amüsiert, schockiert, ist kitschig und lustvoll zugleich.


Wenn ihr nicht gerade am Luststreifen planen seid: Wo treibt ihr euch am liebsten rum und weshalb?
An langen Sommernächten sind wir am liebsten im Rostigen Anker und am Ostquai und praktizieren Vollmondrituale. Im OFF, Carambolage, Tiki Bar, Sääli oder Capri Bar tanzen wir auf einem Fuss. Im Café Gemeinsam und im Neuen Kino tauschen wir uns aus, diskutieren und schaffen mit unseren Freunden Utopien. Station Circus lässt uns staunen, in der Brockenbude Glubos und im Offcut verkleiden wir uns und gehen im Ausstellungsraum Klingental Kunstwerke bestaunen. Wenn uns nach frischer Luft ist, triffst du uns in der Langen Erle oder in den Weinbergen auf dem Tüllinger Hügel.


Welche Basler Location ist für euch am vorbildlichsten, was Offenheit, Akzeptanz, Toleranz und ausgelassene Stimmung angeht?
Das Hirscheneck ist nicht ohne Grund der Ort, an dem der Verein habs queer basel seine Büroräumlichkeiten hat und die Untragbar sowie die Frauendisco beheimatet sind. In diesem Kollektiv mit gleichem Lohn und gleicher Verantwortung sind sie alle ihre eigenen Vorgesetzten: gemeinsam organisieren, diskutieren, planen, träumen und streiten.
Der Ort Zur Bleibe beschäftigt sich mit dem Diskurs über Integration von Asylsuchenden, was wir sehr unterstützen. Basel ist eine diverse Stadt. Wir sind froh, das Festival hier veranstalten zu können und dabei auf derart viel positiven Anklang und Unterstützung zu stossen.



Wie wär’s mal mit...
...einem Wochenende mit gesellschaftskritischen Filmen, Torte, Musik, Performances und neuen Perspektiven auf die Gesellschaft?



Vielen Dank an Ledwina, Viviane und dem gesamten Team Luststreifen für ihr Engagement – wir gratulieren zum 10-jährigen Jubliäum, weiter so, denn die Welt braucht Diversität und Liebe.


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von Ana Brankovic
am 18.09.2017

Fotos Ana Brankovic für Wie wär's mal mit

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