Art and Wheels: Im Gespräch mit Vinzenz Guntern

Einmal im Jahr reisen Motorradliebhaber der Custombike Szene aus ganz Europa nach Basel. Die einen stellen ihre selbst umgebauten Zweiräder zur Schau, die anderen kommen, um diese zu bewundern und zum Schluss gibt es eine unvergessliche Party mit Gleichgesinnten, vielen Bands und reichlich Bier. Vinzenz Guntern, Organisator und Mitbegründer der Art and Wheels, bringt nicht nur die unterschiedlichsten Menschen für ein Wochenende zusammen, sondern zeigt jeweils eine sehenswerte Auswahl an Bikes, Kunst und Musik. Was den Walliser nach Basel verschlagen hat und worin er die Schönheit im Handwerk sieht, hat er uns im Interview verraten.


Lieber Vinz, wer bist Du und was machst Du so im Leben? 
Mein Name ist Vinzenz Guntern, ich komme ursprünglich aus dem Wallis und wohne seit sieben Jahren in Basel. Ich habe eine zweite Berufslehre bei Harley Davidson in Aesch absolviert und zur Zeit jobbe ich ein wenig hier und da. Zudem organisiere ich gemeinsam mit Freunden den Event Art and Wheels, welcher im April zum fünften Mal stattfinden wird.

Art and Wheels – erzähl uns etwas darüber.
Die Art and Wheels ist eine Custom Bike- und Kunstausstellung. Hierfür kommen verschiedene Leute aus ganz Europa und zum Teil von noch weiter weg nach Basel und bringen ihre selbstgebauten Motorräder mit. Neben der Ausstellung gibt es immer ein riesiges Fest mit Konzerten, Fotografen aus der Szene, Künstlern und Töff-Liebhabern. Es ist jedes Mal sehr interessant, weil man so viele verschiedene Personen auf einem Fleck hat und gemeinsam eine tolle Zeit verbringt. Bei der Organisation dieses Events helfen mir ein paar Freunde, die alle selbst auch irgendwie in der Szene unterwegs sind. In meinem Team sind Christian Taro Müller, er ist für die Kommunikation, Fotos und das Filmen zuständig. Niggi Gütlin kümmert sich um die Finanzen und ist bei der Sponsorensuche eine grosse Stütze für mich. Dann haben wir noch Diego Troxler, er hat durch seine frühere Arbeit in seinem eigenen Shop gute Kontakte in der Szene und hilft ebenfalls mit, dass der Event am Schluss finanziell aufgeht.



Was kriegt man an der Art and Wheels zu sehen und worauf darf man sich beim diesjährigen, fünfjährigen Jubiläum besonders freuen? Was gehört neben selbstgebauten Motorrädern noch alles dazu?
Wir mussten in diesem Jahr auf eine Halle in Pratteln ausweichen, aber dafür werden alle Konzerte vor Ort sein und es gibt mehr Platz für noch mehr Bikes. Wir haben in dieser Ausgabe über vierzig selbstgebaute Motorräder, die wir ausstellen. Zudem kommen sehr gute Fotografen wie z.B. Christer Johansson von «Sherrifmediagroup» aus Schweden, der selbst schon seit vierzig Jahren in der Szene unterwegs ist. Und natürlich wird es neben den Künstlern und Motorrädern wieder eine grosse Party mit vielen tollen Bands geben, darauf freue ich mich ebenfalls sehr.

Was ist die Kunst bei der Art and Wheels?
Zum Einen sind die selbstgebauten Motorräder die Kunstwerke selbst. Man kann es vielleicht eher mit Handwerkskunst vergleichen, denn es geht um ausgefallene Lackierungen, selbst geformte Tanks und die vielen Details, die einem nicht immer sofort ins Auge springen. Dafür wurden Stunden investiert und es steckt oft viel Aufwand und Handarbeit darin. Zum Anderen nehmen wir, wie gesagt, auch Fotografen, Streetart-Künstler und andere Kunstschaffende mit dazu.


Deine schönste Erinnerung aus fünf Jahren Art and Wheels?
Das Schönste ist bestimmt die Gemeinschaft und Freundschaft der Community. Neue Leute kennenzulernen, aber auch alte Gesichter immer wieder aufs Neue an der «Art and Wheels» zu sehen, ist immer eine grosse Freude. Zum Beispiel gibt es einen Typen, der jedes Jahr von Spanien hierher fährt. Er packt sein Motorrad ein, sitzt in einen Bus und fährt dann bis nach Basel. Er baut sein Bike meistens auch erst zwei Monate vor dem Event um, arbeitet Tag und Nacht daran, und bringt es dann mit nach Basel. Von ihm erhalten wir auch am meisten Support. Solche Menschen kennenzulernen und zusammenzubringen ist auf jeden Fall immer eine schöne Sache.

Und eine weniger schöne Erinnerung?
Die Sponsorensuche ist jedes Jahr aufs Neue eine Anstrengung! Man muss für wenig Geld oft viele Male anrufen und bitten und betteln, damit man etwas für den Event bekommt. Das ist sicher eine eher weniger dankbare Arbeit. Das muss man auch erst lernen.


Du schraubst auch selbst an Motorrädern herum und hast mit deinem Custombike schon Preise gewonnen. Wie bist du dazu gekommen und was ist das Reizvolle daran?
An meinem Bike zu arbeiten ist mittlerweile mehr als ein Hobby, es ist zu einer Leidenschaft geworden. Früher bin ich Downhill-Rennen und Fahrrad-Rennen gefahren oder war oft in den Bergen am Snowboarden. Wegen Unfällen konnte ich dies alles nicht mehr so ausüben, wie ich es gerne tun würde und dann sucht man sich halt einen neuen Ausgleich. Irgendwie habe ich mich schon immer für alte Autos interessiert und als es dann darum ging eine zweite Berufslehre zu suchen, habe ich mich gefragt, was ich gerne mache. Eigentlich hätte ich gerne alte Autos restauriert, doch wenn man heutzutage eine Mechanikerlehre macht, ist das nicht mehr dasselbe. Ich kam dann zu Harley Davidson in Aesch und so auch dazu mein eigenes Motorrad umzubauen.


Du selbst kommst aus dem Wallis, was hat dich nach Basel verschlagen? Und was magst du am meisten an dieser Stadt?
Das erste Mal kam ich nach Basel, weil hier gleich über die Grenze in Weil am Rhein ein Hot Rod Treffen stattgefunden hat. Das sind jetzt Freunde von mir, die das organisieren, damals habe ich sie aber noch nicht gekannt. Dann gab es kurz darauf wieder eine Veranstaltung in Basel und plötzlich war ich relativ regelmässig hier und habe mich ein wenig in die Stadt verliebt. Die Leute hier sind sehr offen, das gefällt mir. Im Sommer am Rhein zu sein ist immer sehr schön und die alternative Subkultur mit ihren Bars, Konzerten und Menschen entspricht einfach meinem Geschmack. Als ich nach Basel kam, gab es das NT-Areal noch, da habe ich sehr gerne meine Zeit verbracht.

Und wenn du gerade nicht auf dem Motorrad sitzt oder daran herum schraubst, wo verbringst du gerne deine Freizeit in Basel?
Im Sommer bin ich oft im Hafenareal anzutreffen, z.B. im Marina oder einfach am Rhein. Im Winter dann eher in Bars und an Konzerten, z.B. im Renee, Hirscheneck oder in der Irrsinn Bar. Oder halt eben hier in unserer Garage.


Gibt es in der Motorradszene das Idealschöne oder sind das stetig wechselnde Trends? Wofür werden an der Art and Wheels Preise verliehen?
Ich denke das beurteilt jeder anders und für sich selbst. Für mich gibt es zwar das Idealschöne, aber da arbeitet man sich immer mehr hinein und es wird dann immer besser. Mein Motorrad ist ein 48er Harley Davidson Panhead, an dem nicht mehr viel original ist. Alles was überflüssig ist, habe ich weggenommen und das Motorrad ist viel schmaler als es ursprünglich war. Für mich ist beispielsweise schmal ein Schönheitsmerkmal, breite Räder und Tanks aus den 90er Jahren mag ich zum Beispiel gar nicht. Es gibt Leute, die mögen es eher rostig und ich mag es eher glänzend, mit Glitzer-Lackierung und Chrom. Aber auch wenn jeder seinen eigenen Geschmack hat, kann man bei anderen Custombikes das Handwerk schätzen, also auch wenn das Motorrad nicht seinem eigenen Ideal entspricht, entdeckt man Details oder Bauweisen, die man bewundernswert findet. Das wollen wir dann auch mit einem Preis wertschätzen. Das schönste und speziellste Bike wird jedes Jahr an der Art and Wheels prämiert.


Wenn die Art and Wheels ein Song wäre, welcher wäre dies?
Lords of Altamont – Action


Wie wär's mal mit...
...mehr Metalflakes?


Vielen Dank Vinz, für den Einblick in die Welt der Custombike-Szene und wir freuen uns auf spannende Begegnungen beim diesjährigen Jubiläum der Art and Wheels! Wer einen Rückblick auf die Art and Wheels 2018 sehen möchte, findet hier den Aftermovie von Christian Taro Müller.




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von Laura Schläpfer
am 08.04.2019

Fotos
© Shirin Zaid für Wie wär's mal mit



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