Brockenbude Glubos: Natascha und Chris im Gespräch
Waffen und Gift. Diese beiden Dinge sucht man im Glubos vergeblich, erzählten mir Natascha Nüesch und Chris Sigdell in unserem Gespräch hinter der Kasse ihrer Brockenbude am Rappoltshof 12. Die beiden sind Teil des zehnköpfigen Kollektivs, das die Brockenstube Glubos führt. Das zeitlose Gefühl, das von den in die Jahre gekommenen Gegenständen ausgeht, mutet heimelig an. Geschirr und Platten, viele Kleidungsstücke, Werkzeuge, Bilderrahmen und unzählige Bücher in Regalen warten in einer schwierig zu überblickenden, geordneten Sammlung auf einen neuen Besitzer.
Lieber Chris, liebe Natascha wer seid ihr und was ist Glubos?
Chris: Glubos ist eine unabhängige Brockenstube. Wir sind als Kollektiv organisiert, das heisst es gibt keinen Chef. Und wir sind nicht religiös motiviert, wie die meisten anderen Brockis. Mit unserem Reingewinn unterstützen wir hauptsächlich das Frauen-Oase und einige andere Institutionen. Glubos ist demnach ein gemeinnütziges Projekt. Ich, Chris, habe durch einen Freund – er wohnte während meines Studiums im selben Haus – zu Glubos gefunden. Später wurde ich gefragt, ob ich fest ins Team einsteigen möchte. So bin ich hängen geblieben. Nebenbei habe ich mein Studium abgeschlossen.
Natascha: Ich bin Natascha, das jüngste Mitglied des Kollektivs. Bei uns arbeitet man immer zuerst als Aushilfe. Wir haben zehn Aushilfen und zehn Leute im Kollektiv. Dabei ist es uns wichtig, dass etwa gleich viele Frauen und Männer dabei sind. Wenn ein Platz frei wird im Kollektiv, kann eine Aushilfe nachrutschen. Bei mir war das genau so. Ich bin nach Basel gezogen, um hier Kunst zu studieren. Eines Tages hat mir jemand erzählt, dass sie im Glubos eine Frau suchen. Ich ging vorbei und fing als Aushilfe an. Als ich im Sommer mein Studium abgeschlossen habe, hatte ich das Glück, dass ein Platz im Kollektiv frei wurde und ich nachrutschen konnte.
Träger des Glubos ist euer Verein mit dem Namen Kreislauf.
Weshalb heisst der Verein so?
Chris: Weil hier alles wie ein Kreislauf funktioniert. Es kommen Dinge ins Brocki, die wieder verwendet werden können. Man kann sie nochmals brauchen. Dadurch wird nichts Brauchbares weggeworfen. Wir fügen die Dinge wieder in den Kreislauf ein. Zum Beispiel räumen wir diese Woche gerade ein Haus. Wir sind dafür mehrmals vor Ort und schauen, welche Gegenstände noch brauchbar sind, was wir in den Laden nehmen können. Dinge die kaputt – und deshalb unbrauchbar sind – oder die nach unserer Erfahrung wirklich niemand mehr will, bringen wir sortiert zur Entsorgung.
Entwickelt man mit der Zeit ein Gefühl dafür, was brauchbar ist und was nicht?
Chris: Das kriegt man schon. Man braucht das auch. Stell dir vor, du nimmst etwas nicht mit, sondern lässt es entsorgen und musst es demjenigen erklären, der die Räumung veranlasst hat. Dabei hilft mir Intuition und Erfahrung. Dinge, die monatelang hier rumstehen, nützen niemandem etwas; wir brauchen den Platz.
Natascha: Es gibt da auch Verkaufstrends, die sich stets verändern. Eine Zeit lang hat es geheissen, dass sich runde Tische nicht verkaufen lassen. Wir hatten einige runde Tische mit schweren Holzfüssen hier. Plötzlich haben wir gemerkt, dass runde Tische mit feinen Metallfüssen sogar doch sehr gut laufen.
Was ist das Schwierigste beim Führen einer Brocki?
Natascha: Das Feilschen ist manchmal schon eine Herausforderung. Es wird immer gefeilscht. Wie das herauskommt hängt stark mit meiner Stimmung zusammen. Es gibt Tage, da verhandle ich richtig gerne. An Tagen wie diesen rede ich mit vielen Leuten und mache hie und da ein gutes Geschäft, ein guter Preis. Aber das Feilschen kann auch sehr anstrengend sein.
Chris: Ja oder seltsame Leute, die etwas Komisches wollen. Leute die nur zum Reden kommen. Obwohl ich beschäftigt bin und arbeiten möchte, reden Sie dann auf mich ein. Aber auch da bleibe ich höflich.
Ihr habt zur Strasse hin ein Schaufenster mit wechselnden Installationen.
Was gibt es dazu zu sagen?
Natascha: Momentan ist gerade eine Installation drin. Sie wurde von Shirin Zaid, einer Künstlerin aus Basel gemacht. Meistens jedoch wird das Schaufenster von den Leuten aus dem Kollektiv oder von unseren Aushilfen gestaltet. Es ist erwünscht, dass bei den Installationen ein Bezug zur Stimmung in einem Brockenhaus besteht. Wir möchten, dass mit dem Material gearbeitet wird, das wir hier haben. Dabei ist die Herausforderung, dass sich die Gestalterin auf die Formsprache einer Brockenbude einlassen kann. Die Gestalterin kann sich sogar davon leiten lassen, um ein spannendes Schaufenster zu gestalten. Eine Installation vermag künstlerisch interessant zu sein und mit der Formsprache einer Brocki zu spielen – diese Vermischung streben wir an.
Gibt es bei euch im Kollektiv auch Konflikte?
Eure wöchentliche Sitzung ist am Montagmorgen, habt ihr mir erzählt.
Chris: Ja sicher.
Natascha: Ja, immer am Montagmorgen. Wir haben es persönlich sehr gut. Aber an der Sitzung fliegen die Fetzen. Das hat auch damit zu tun, dass wir keine organisatorische Hierarchie haben. Bei uns wird alles ausdiskutiert und gemeinsam entschieden. Das erzeugt Reibung.
Chris: Wir sind sehr individuelle Leute und jeder hat andere Erwartungen und Ideen. Weil wir nicht alle die gleiche Haltung und politische Gesinnung haben, sind diese Auseinandersetzungen sehr lehrreich. Ich lerne dabei meine eigene Überzeugung zu hinterfragen und Kompromisse einzugehen.
Glubos unterstützt die Frauen-Oase. Wie kam es dazu? Könnt ihr viel spenden?
Chris: Die Frauen-Oase ist ein Haus oder ein Ort, wo Frauen hingehen dürfen, die auf der Strasse leben. Häufig sind das Prostituierte oder Drogensüchtige. Sie können sich dort zurückziehen und sie erhalten Unterstützung. Wir finden das gut und spenden deshalb unseren Reingewinn. Unsere Spenden schwanken, je nach dem wie gut ein Jahr läuft.
Natascha: Zudem ist diese Institution in Basel. Auf ein lebendiges, lokales Netzwerk legen wir Wert. Wir sind darauf angewiesen, dass Leute unseren Räumungsdienst und Abholservice in Anspruch nehmen. Dadurch unterstützen Sie indirekt auch die Frauen-Oase.
Wenn Glubos eine Band wäre, welche Musik würdet ihr spielen?
Natascha: Wir haben eine CD und eine Plattensammlung hier. So unterschiedlich wie die Leute sind, die hier arbeiten, so vielseitig ist auch die Musik, die am Tag hier läuft. Und ich vermute, so wäre dann auch unsere Band.
Chris: Bestimmt wäre die Band totales Kauderwelsch, vielleicht neuartige Durcheinandermusik.
Natascha: Ich denke unsere Band wäre musikalisch hochstehend. Es gibt einige Leute bei uns im Kollektiv, die sehr begabt sind.
Chris, du hast bei einigen Platten mitgearbeitet, die in den letzten Jahren veröffentlicht wurden.
Chris: Ja, ich spiele bei der Doomband „Leaden Fumes“ und im Ambientprojekt „B-Tong“. Im August kommt eine neue LP – im September zwei CDs. Da bin ich sehr aktiv. Nebenbei erhalte ich kleinere Aufträge fürs Mastering von experimenteller Musik.
Eine Episode der Krimiserie „Bestatter“ spielt in einer Brocki, also eine kurze Zwischenfrage: Habt ihr schon einmal eine Leiche gefunden?
Chris: Nein. Aber natürlich haben wir schon Wohnungen von Toten geräumt. Wohnungen wo Leute drin gestorben sind. Das ist recht seltsam. Wenn jemand einige Tage tot im Bett gelegen hat, stinkt es in diesen Wohnungen komisch. Solche Räumungen sind mir sehr unangenehm, kommen aber zum Glück sehr selten vor. Weil wir einen Einblick in die Vielfalt und die Abgründe des menschlichen Lebens erhalten, finde ich Wohnungsräumungen immer sehr spannend. Ich staune zum Teil über tolle Einrichtungen. Auf der anderen Seite gibt es sehr verlebte Wohnungen.
Natascha: Mir fallen zudem die unterschiedlichen Geschmäcker auf.
Wenn ihr eine Superheldenkraft haben könntet, welche wäre das und wofür?
Natascha: Da kommt mir gerade unsere Abstellkammer in den Sinn. Ich wünschte mir, ich könnte mit dem Zeigefinger zaubern und alles wäre aufgeräumt. Die Kleider wären eingeräumt, die Schränke aufgestellt, die Oberflächen abgestaubt und alle Bücher nach Farben sortiert. Es gibt immer sehr viel zu ordnen hier. Und trotzdem ist es immer chaotisch. Genau das hat für unsere Kunden wiederum seinen Reiz. Vielleicht ist hinter einem Gegenstand noch ein kleiner Schatz versteckt, den es zu finden lohnt.
Gibt es einen Gegenstand, den man im Glubos ganz bestimmt nicht findet?
Chris: Waffen, richtige Waffen. Die dürfen wir auch gar nicht verkaufen. Die findet man bei uns sicher nicht. Und Gift.
Natascha: Jä?!
Chris: Wir haben schon einige komische Flüssigkeiten hier, das stimmt.
Natascha: Leerstand gibt’s bei uns auch nicht.
Chris: Leerstand?
Natascha: Leerstand. Leere. Es ist immer voll bei uns, es hat nie Leerstand.
Wie wärs mal mit...
Chris: ...Stöbern.
Wir danken Chris und Natascha dafür, dass Sie sich die Zeit genommen haben für das Gespräch. Dem Kollektiv wünschen wir gutes Gelingen und kompromissvolle Montagssitzungen. Inspiriert von unserem Interview besuchst du vielleicht bald das Brocki und entdeckst da die perfekte Lampe für über deinen runden Esstisch.
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von Timon Sutter
am 04.09.2017
Fotos
© Oliver Hochstrasser für Wie wär's mal mit
Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Oliver Hochstrasser einholen.
Waffen und Gift. Diese beiden Dinge sucht man im Glubos vergeblich, erzählten mir Natascha Nüesch und Chris Sigdell in unserem Gespräch hinter der Kasse ihrer Brockenbude am Rappoltshof 12. Die beiden sind Teil des zehnköpfigen Kollektivs, das die Brockenstube Glubos führt. Das zeitlose Gefühl, das von den in die Jahre gekommenen Gegenständen ausgeht, mutet heimelig an. Geschirr und Platten, viele Kleidungsstücke, Werkzeuge, Bilderrahmen und unzählige Bücher in Regalen warten in einer schwierig zu überblickenden, geordneten Sammlung auf einen neuen Besitzer.
Lieber Chris, liebe Natascha wer seid ihr und was ist Glubos?
Chris: Glubos ist eine unabhängige Brockenstube. Wir sind als Kollektiv organisiert, das heisst es gibt keinen Chef. Und wir sind nicht religiös motiviert, wie die meisten anderen Brockis. Mit unserem Reingewinn unterstützen wir hauptsächlich das Frauen-Oase und einige andere Institutionen. Glubos ist demnach ein gemeinnütziges Projekt. Ich, Chris, habe durch einen Freund – er wohnte während meines Studiums im selben Haus – zu Glubos gefunden. Später wurde ich gefragt, ob ich fest ins Team einsteigen möchte. So bin ich hängen geblieben. Nebenbei habe ich mein Studium abgeschlossen.
Natascha: Ich bin Natascha, das jüngste Mitglied des Kollektivs. Bei uns arbeitet man immer zuerst als Aushilfe. Wir haben zehn Aushilfen und zehn Leute im Kollektiv. Dabei ist es uns wichtig, dass etwa gleich viele Frauen und Männer dabei sind. Wenn ein Platz frei wird im Kollektiv, kann eine Aushilfe nachrutschen. Bei mir war das genau so. Ich bin nach Basel gezogen, um hier Kunst zu studieren. Eines Tages hat mir jemand erzählt, dass sie im Glubos eine Frau suchen. Ich ging vorbei und fing als Aushilfe an. Als ich im Sommer mein Studium abgeschlossen habe, hatte ich das Glück, dass ein Platz im Kollektiv frei wurde und ich nachrutschen konnte.
Träger des Glubos ist euer Verein mit dem Namen Kreislauf.
Weshalb heisst der Verein so?
Chris: Weil hier alles wie ein Kreislauf funktioniert. Es kommen Dinge ins Brocki, die wieder verwendet werden können. Man kann sie nochmals brauchen. Dadurch wird nichts Brauchbares weggeworfen. Wir fügen die Dinge wieder in den Kreislauf ein. Zum Beispiel räumen wir diese Woche gerade ein Haus. Wir sind dafür mehrmals vor Ort und schauen, welche Gegenstände noch brauchbar sind, was wir in den Laden nehmen können. Dinge die kaputt – und deshalb unbrauchbar sind – oder die nach unserer Erfahrung wirklich niemand mehr will, bringen wir sortiert zur Entsorgung.
Entwickelt man mit der Zeit ein Gefühl dafür, was brauchbar ist und was nicht?
Chris: Das kriegt man schon. Man braucht das auch. Stell dir vor, du nimmst etwas nicht mit, sondern lässt es entsorgen und musst es demjenigen erklären, der die Räumung veranlasst hat. Dabei hilft mir Intuition und Erfahrung. Dinge, die monatelang hier rumstehen, nützen niemandem etwas; wir brauchen den Platz.
Natascha: Es gibt da auch Verkaufstrends, die sich stets verändern. Eine Zeit lang hat es geheissen, dass sich runde Tische nicht verkaufen lassen. Wir hatten einige runde Tische mit schweren Holzfüssen hier. Plötzlich haben wir gemerkt, dass runde Tische mit feinen Metallfüssen sogar doch sehr gut laufen.
Was ist das Schwierigste beim Führen einer Brocki?
Natascha: Das Feilschen ist manchmal schon eine Herausforderung. Es wird immer gefeilscht. Wie das herauskommt hängt stark mit meiner Stimmung zusammen. Es gibt Tage, da verhandle ich richtig gerne. An Tagen wie diesen rede ich mit vielen Leuten und mache hie und da ein gutes Geschäft, ein guter Preis. Aber das Feilschen kann auch sehr anstrengend sein.
Chris: Ja oder seltsame Leute, die etwas Komisches wollen. Leute die nur zum Reden kommen. Obwohl ich beschäftigt bin und arbeiten möchte, reden Sie dann auf mich ein. Aber auch da bleibe ich höflich.
Ihr habt zur Strasse hin ein Schaufenster mit wechselnden Installationen.
Was gibt es dazu zu sagen?
Natascha: Momentan ist gerade eine Installation drin. Sie wurde von Shirin Zaid, einer Künstlerin aus Basel gemacht. Meistens jedoch wird das Schaufenster von den Leuten aus dem Kollektiv oder von unseren Aushilfen gestaltet. Es ist erwünscht, dass bei den Installationen ein Bezug zur Stimmung in einem Brockenhaus besteht. Wir möchten, dass mit dem Material gearbeitet wird, das wir hier haben. Dabei ist die Herausforderung, dass sich die Gestalterin auf die Formsprache einer Brockenbude einlassen kann. Die Gestalterin kann sich sogar davon leiten lassen, um ein spannendes Schaufenster zu gestalten. Eine Installation vermag künstlerisch interessant zu sein und mit der Formsprache einer Brocki zu spielen – diese Vermischung streben wir an.
Gibt es bei euch im Kollektiv auch Konflikte?
Eure wöchentliche Sitzung ist am Montagmorgen, habt ihr mir erzählt.
Chris: Ja sicher.
Natascha: Ja, immer am Montagmorgen. Wir haben es persönlich sehr gut. Aber an der Sitzung fliegen die Fetzen. Das hat auch damit zu tun, dass wir keine organisatorische Hierarchie haben. Bei uns wird alles ausdiskutiert und gemeinsam entschieden. Das erzeugt Reibung.
Chris: Wir sind sehr individuelle Leute und jeder hat andere Erwartungen und Ideen. Weil wir nicht alle die gleiche Haltung und politische Gesinnung haben, sind diese Auseinandersetzungen sehr lehrreich. Ich lerne dabei meine eigene Überzeugung zu hinterfragen und Kompromisse einzugehen.
Glubos unterstützt die Frauen-Oase. Wie kam es dazu? Könnt ihr viel spenden?
Chris: Die Frauen-Oase ist ein Haus oder ein Ort, wo Frauen hingehen dürfen, die auf der Strasse leben. Häufig sind das Prostituierte oder Drogensüchtige. Sie können sich dort zurückziehen und sie erhalten Unterstützung. Wir finden das gut und spenden deshalb unseren Reingewinn. Unsere Spenden schwanken, je nach dem wie gut ein Jahr läuft.
Natascha: Zudem ist diese Institution in Basel. Auf ein lebendiges, lokales Netzwerk legen wir Wert. Wir sind darauf angewiesen, dass Leute unseren Räumungsdienst und Abholservice in Anspruch nehmen. Dadurch unterstützen Sie indirekt auch die Frauen-Oase.
Wenn Glubos eine Band wäre, welche Musik würdet ihr spielen?
Natascha: Wir haben eine CD und eine Plattensammlung hier. So unterschiedlich wie die Leute sind, die hier arbeiten, so vielseitig ist auch die Musik, die am Tag hier läuft. Und ich vermute, so wäre dann auch unsere Band.
Chris: Bestimmt wäre die Band totales Kauderwelsch, vielleicht neuartige Durcheinandermusik.
Natascha: Ich denke unsere Band wäre musikalisch hochstehend. Es gibt einige Leute bei uns im Kollektiv, die sehr begabt sind.
Chris, du hast bei einigen Platten mitgearbeitet, die in den letzten Jahren veröffentlicht wurden.
Chris: Ja, ich spiele bei der Doomband „Leaden Fumes“ und im Ambientprojekt „B-Tong“. Im August kommt eine neue LP – im September zwei CDs. Da bin ich sehr aktiv. Nebenbei erhalte ich kleinere Aufträge fürs Mastering von experimenteller Musik.
Eine Episode der Krimiserie „Bestatter“ spielt in einer Brocki, also eine kurze Zwischenfrage: Habt ihr schon einmal eine Leiche gefunden?
Chris: Nein. Aber natürlich haben wir schon Wohnungen von Toten geräumt. Wohnungen wo Leute drin gestorben sind. Das ist recht seltsam. Wenn jemand einige Tage tot im Bett gelegen hat, stinkt es in diesen Wohnungen komisch. Solche Räumungen sind mir sehr unangenehm, kommen aber zum Glück sehr selten vor. Weil wir einen Einblick in die Vielfalt und die Abgründe des menschlichen Lebens erhalten, finde ich Wohnungsräumungen immer sehr spannend. Ich staune zum Teil über tolle Einrichtungen. Auf der anderen Seite gibt es sehr verlebte Wohnungen.
Natascha: Mir fallen zudem die unterschiedlichen Geschmäcker auf.
Wenn ihr eine Superheldenkraft haben könntet, welche wäre das und wofür?
Natascha: Da kommt mir gerade unsere Abstellkammer in den Sinn. Ich wünschte mir, ich könnte mit dem Zeigefinger zaubern und alles wäre aufgeräumt. Die Kleider wären eingeräumt, die Schränke aufgestellt, die Oberflächen abgestaubt und alle Bücher nach Farben sortiert. Es gibt immer sehr viel zu ordnen hier. Und trotzdem ist es immer chaotisch. Genau das hat für unsere Kunden wiederum seinen Reiz. Vielleicht ist hinter einem Gegenstand noch ein kleiner Schatz versteckt, den es zu finden lohnt.
Gibt es einen Gegenstand, den man im Glubos ganz bestimmt nicht findet?
Chris: Waffen, richtige Waffen. Die dürfen wir auch gar nicht verkaufen. Die findet man bei uns sicher nicht. Und Gift.
Natascha: Jä?!
Chris: Wir haben schon einige komische Flüssigkeiten hier, das stimmt.
Natascha: Leerstand gibt’s bei uns auch nicht.
Chris: Leerstand?
Natascha: Leerstand. Leere. Es ist immer voll bei uns, es hat nie Leerstand.
Wie wärs mal mit...
Chris: ...Stöbern.
Wir danken Chris und Natascha dafür, dass Sie sich die Zeit genommen haben für das Gespräch. Dem Kollektiv wünschen wir gutes Gelingen und kompromissvolle Montagssitzungen. Inspiriert von unserem Interview besuchst du vielleicht bald das Brocki und entdeckst da die perfekte Lampe für über deinen runden Esstisch.
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von Timon Sutter
am 04.09.2017
Fotos
© Oliver Hochstrasser für Wie wär's mal mit
Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Oliver Hochstrasser einholen.