Buslinie 30: Im Gespräch mit BVB Busfahrer und Teamleiter Andreas Dentzer

Die inhaltliche Vielfalt der Kleinbasler Feldbergstrasse, die man als Gast der 30er Buslinie zu sehen bekommt, ist so eigen wie eine Reise vom Feld über den Berg bis hin zur Strasse. BVB Busfahrer Andreas Dentzer rollt seit zehn Jahren mit seinen besten Gästen vom Bahnhof SBB über die Steinenschanze zum Spalentor und vom Kinderspital über die Johanniterbrücke und Feldbergstrasse bis zum Badischen Bahnhof – willkommen bei der Deutschen Bahn, gerne einmal nach Berlin bitte, oder doch lieber ins Kleinbasel?



Lieber Andy bitte stell dich kurz vor.
Ich bin Andreas Dentzer, bin Teamleiter in der BVB Busgarage Rank, hab 50 Mitarbeiter und bin seit zehn Jahren in Basel. Ich habe hier auch als Buschauffeur angefangen, dann war ich auf der Leitstelle und jetzt von der Leitstelle zum BVB Teamleiter – dies seit mittlerweile drei Jahren. Ja, ich fühl mich wohl und heimisch hier, also eigentlich will ich nicht mehr weg aus Basel. Basel ist ähnlich wie Berlin nur in Kleinformat – sehr liberal, sehr offen und das gefällt mir.

Die Buslinie 30 fährt durch die Kleinbasler Feldbergstrasse. Was meinen die Buschauffeure zu dieser Strecke?
Die Linie 30 ist eher unbeliebt. Es kommen beim Halt am Bahnhof SBB immer viele Fragen von Passanten und viele Fahrer sind nicht so offen und können nicht damit umgehen, wenn sie in der Arbeitspause ständig gefragt werden: “Wie komme ich dort und dort hin?” – dadurch entsteht für sie mehr Arbeit. Dann denken sie sich: „Auf anderen Linien passiert mir sowas nicht, da kann ich ja gleich eine andere Linie fahren, ist eh schöner.“ Ich selber finde das aber schön und spannend, so lernt man Basel und neue Leute kennen.



Hast du einen persönlichen Bezug zur Feldbergstrasse?
Als ich noch neu im BVB Betrieb war, sind wir immer 30er Bus gefahren und an der Haltestelle Hammerstrasse war ein türkischer Dönerladen, der hat immer gewunken. Da sind wir immer dann immer hin und haben einen Döner gegessen. Der hat ihn auch immer schön gross gemacht. Wir haben uns bei der Matthäuskirche hingesetzt und den verdrückt. Abends gingen wir da privat aus, es gibt ja genug Kneipen an der Feldbergstrasse. Bis dann aber das Fumoir kam. Da ich Nichtraucher bin, hab ich nicht eingesehen, warum ich dafür bezahlen soll, in ein Raucherlokal zu gehen, also hab ich das gemieden. Wenn man da so rumfährt, sieht man alles und kann dann auch mal privat hingehen.


Wie würdest du die Feldbergstrasse charakterisieren?
Dynamisch, multikulturell und jetzt nach der Renovierung ist alles neu, auch an den Haltestellen, es ist schön hier durchzufahren. Zum wohnen fände ich es schwierig, weil es sehr laut, hektisch und die Bebauung sehr eng ist. Was sehr schön ist im Frühling, da haben manche Häuser so ne Bepflanzung am Haus dran, so Lila. Das ist wirklich toll, das sieht schön aus, wenn die Häuser blühen.


Auf was muss man speziell achten, wenn man als Busfahrer durch die Feldbergstrasse fährt?
Das Problem ist immer, dass wir dort an manchen Ampeln, zum Beispiel an der Hammerstrasse, Vorrang vor dem Individualverkehr haben. Das gilt aber nur eine Sekunde und dann kommen schon die Autos. Wenn es da zu einem Unfall kommt, gibt es immer Rechtsstreit. Darum ist es bei den Ampeln immer schwierig wegzufahren, man muss schauen, was der Individualverkehr macht. Falschparker auf der Busspur gibt’s natürlich auch. Da ist oben beim Erasmusplatz eine kleine Busspur und am Nachmittag ist da Parkverbot. Diese Spur ist sehr oft zugeparkt. Die Fussgängerwege sind sehr eng in manchen Bereichen. Wenn jemand mit einem Kinderwagen rumläuft, teilweise noch mit Kindern an der Hand, muss man natürlich schon aufpassen, weil immer viel Betrieb ist in der Feldbergstrasse.


Unterscheidet sich die Feldbergstrasse vom Rest der 30er Strecke?
Charakterlich ist die Strasse natürlich ganz anders als der zweite Teil hinter der Johanniterbrücke. Ab dem Kinderspital ist alles gross und breit, sehr grosszügig. Ab dem Spalentor dann noch grösser und noch breiter mit Grünanlagen. Man sieht schon, wo die ärmeren Leute und wo die besseren Leute wohnen. Ich vergleich das immer in Berlin mit der Buslinie M29. Die fährt vom Hermannplatz durch Kreuzberg, Oranienstrasse und dann nach Roseneck – das ist Grunewald, wo die noble Gesellschaft wohnt.

Gibt es an der Feldbergstrasse besondere Gäste oder viele Unfälle?
Nein, das gibt es eigentlich so wie überall auch. Auch mit Fahrgästen gibt es Probleme wie überall sonst auch. Wenn aber an der Endstation der Linie eine Wagenkontrolle gemacht wird, sind da früher oft Einwegspritzen liegen geblieben und das ist halt immer unangenehm für die Fahrer – all die Drogenstellen, die sich an der Linie befinden. Wir haben immer auch viel Dreck in den Bussen. Auf dem Kleinbus in Riehen passiert das nicht, da ist halt eine andere Generation und in der Feldbergstrasse ist die Jugend.

Ist es nicht stressig diese Buslinie zu fahren?
Die Linie 30 wird unter Kollegen auch als Dönerexpress oder Drogenexpress bezeichnet. Es ist auch immer viel los und darum ist es nicht immer angenehm für die Fahrer diese Linie zu fahren. Wie gesagt, mir macht das Spass. Ich brauche immer den Stress ein bisschen, ist für mich positiver Stress.


Hast du positive oder auch negative Erfahrungen gemacht?
Negative eigentlich im Grossen und Ganzen nicht. Positive ja, weil ich auch Portugiesisch rede, kann ich mit all den Brasilianern da sprechen. Als ich noch single war, war das natürlich ideal, um Leute anzusprechen und so hab ich auch jemanden kennengelernt.

Du bist seit zehn Jahren in Basel. Hat sich die Feldbergstrasse in dieser Zeit verändert?
Charakterlich ist sie eigentlich gleich geblieben. Die baulichen Veränderungen haben stattgefunden. Sonst staune ich auch heute noch was für Läden es dort gibt. Die passen eigentlich nicht immer da rein. Es gibt so einen Hifi Laden für noblere Anlagen, welcher eigentlich gar nicht in die Gegend hineinpasst. Es ist ja ein Ort, der nicht so viele finanzielle Mittel hat. Es sind viele Dönerläden da, eigentlich schon fast zu viel, denn drei an einer Haltestelle sind ein bisschen übertrieben.


Gibt es von der Tageszeit her Unterschiede in der Dynamik der Strasse?
Die gibt es ganz klar. Morgens sieht man die Leute, die schnell und hektisch zur Arbeit wollen und nachmittags, vor allem im Sommer, ist eher eine gemütliche Stimmung, die Leute sind draussen, um zu flanieren und zu quatschen. Da ist dann auch die Hektik nicht so ausgeprägt wie morgens. Sonntags wenn man als Busfahrer vor dem SBB steht, kommen Menschen von überall her und wollen dann wieder nach Hause. Abends ist wieder viel Betrieb für die Leute, die irgendwo an der Feldbergstrasse wohnen. Oder vom Badischen Bahnhof her die Deutschen, die kommen. Man merkt, dass da ein Quartier ist, in dem viele unterschiedliche Menschen leben. Am Wochenende gehen sie weg und wir bringen sie dann wieder nach Hause. Wie gesagt, ich vergleich immer die Oranienstrasse und die Feldbergstrasse, eigentlich ist die Feldbergstrasse wie Berlin im Miniformat. Und darum macht es mir auch Spass – multikulti, ich finde das super.


Wie siehst du die Zukunft der Feldbergstrasse?
Ich hoffe, dass sie den Flair und Charakter beibehält. Es könnte da und dort noch kleine Veränderungen geben, vor allem zwischen Klybeckstrasse und Riehenring, da wo die Garage ist und der Denner, da ist alles sehr eng. Die Autos sollten da weg und nur noch der ÖV und Velos druchfahren, dann hat man mehr Ruhe für die Anwohner und auch ein besseres Angebot für die Leute, die da wohnen oder entlang laufen wollen. Man könnte noch ein paar Geschäfte machen, die keine Dönerläden sind.

Wie wär’s mal mit...
....einer multikulti Bus Tour?



Wir danken Andreas Dentzer für seine Offenheit und die spannenden Aussagen über die Buslinie Nr. 30 – auf eine baldige Bus Tour durch die Basler Strassen.


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von Dominik Mendelin
am 06.02.2017

Fotos
Alain Appel, Céline de Grenus, Janne Litzenberger,
Yann Martins und Dominik Mendelin für Feldberg Zine und Wie wär's mal mit
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