«Carambolage» Basel: Im Gespräch mit dem Kollektiv 


An der Ecke Mattenstrasse-Erlenstrasse bietet die «Carambolage» schon seit 2015 eine gemütliche Zuflucht im von Umbruch gezeichneten Quartier. Die kollektiv und ehrenamtlich geführte Bar bietet Platz für kleine feine Konzerte, politische Debatten und Quartierbeizfeeling. Mit Sarah, Leo, Viola, Meret, Rabea und Jules, dem Kollektiv der «Carambi», sprachen wir über besondere Begegnungen und darüber, wieso dieser Ort wichtig ist.


Hey«Carambolage» Kollektiv, wer seid ihr und was ist eure grösste Macke?
Momentan sind wir ein sechsköpfiges Kollektiv unbeabsichtigt bestehend aus Frauen und genderqueeren Personen. Wir schmieden seit 9 Jahren gute Pläne, sind manchmal etwas chaotisch in der Durchführung und die Spinnweben arbeiten immer etwas schneller als wir.


«Carambolage» – was ist das und wie kam es dazu?
Die «Carambolage» ist ein kollektiv selbstverwalteter Ort seit 2015. Wir betreiben eine Bar mit Raum für Begegnung, Austausch und Quartierbeiz. Dies machen wir unentgeltlich. Wir sind ein Veranstaltungsort für Menschen, die Freude an Musik, Film, Ausstellungen und politischen Auseinandersetzungen haben. Wir haben den Wunsch nach hierarchie- und diskriminierungsfreieren Räumen. Der Ort wird von verschiedenen Menschen durch gegenseitige Unterstützung und Zusammenarbeit belebt und getragen.


Was ist die schönste Anekdote oder Begegnung, die ihr von eurem Alltag in der Carambi erzählen könnt?
Die unendlich vielen Begegnungen mit Menschen, die wir kennen und die wir noch nicht kennen und die manchmal zu Bekannten und Freund*innen werden, sodass zeitweise die «Carambolage» ein zweites Zuhause wird. Das Aufwachen auf den Bänken durch belustigte Blicke des Quartiers sind längerfristig jedoch nicht erholsam. Erfrischende Begegnungen waren: Besuch von Musical-Theater-Crews und internationalen Sport-Trainer*innen, Quartier-Bewohnenden, grosse Bands, die das Kleine suchen, Menschen, die uns viel Geld für den Kauf unserer Bar anboten, Menschen, die uns verklagen wollten, Menschen, die die «Carambi» mit gebrochenen Herzen füllten, Menschen, die frisch in der Stadt angekommen sind und Halt und Freude fanden, Menschen, die uns von ihrem Leben erzählen, Menschen, die bei uns kurz durchatmen.


Was kann Mensch an einem typischen «Carambolage»-Abend so erleben?
Unser Programm planen wir so, dass für viele etwas dabei ist. Es gibt gemütliche Bar-Abende, es gibt feine Konzerte gegen Kollekte, spannende Film-Abende, Kleider-Flick- und Mal-Abende, politische Veranstaltungen und Austausch, leckere und nicht maximal-teure Getränke, Spieleabende, Karaoke und dazwischen immer wieder Überraschungen. Ein Ort, an den du mit oder ohne Freund*innen kommst oder mit Neuen gehst, wenn du magst.


Welche Bedeutung hat die «Carambolage» für das Quartier und welche Werte liegen euch besonders am Herzen für den Raum den ihr darin bietet?
Die «Carambolage» gibt es nun seit über 16 Jahren, also auch schon zu NT-Areal-Zeiten (ehemaliges Areal auf dem Erlenmatt, auf dem es viel «Freiräume» gab). Das Quartier und die Bewohner*innen sind uns wichtig und sind immer eine wichtige Referenz. Es gibt Zusammenarbeiten mit Quartier-Projekten. Wir sind ein lang bestehender Raum, den die Menschen im Quartier und aus der Nachbar*innenschaft schätzen. In einem Quartier in dem viel Veränderung, Aufwertung und Verdrängung stattfindet. Aus diesem Grund haben wir immer wieder Quartier-Bewohner*innen eingeladen und mit «Hände-Weg-Vom-Rosental» uns für den Erhalt von günstigem Wohnraum etc. eingesetzt. Die benachbarte Schwarze Erle-Besetzung kam und wurde gegangen, das Mattenstrasse-Hausprojekt gewann den Häuserkampf, Menschen wurden aus den Häusern geworfen, andere organisierten sich. Wir sind wohl einer der letzten Orte für günstiges Bier. Unsere Werte dabei sind: keine Diskriminierung, alle sollten sich wohlfühlen können und stetig arbeiten wir daran, dies auch umzusetzen.


Wenn Geld und Realismus keine Rolle spielen würden: Was ist das Ideale Zukunftsbild der «Carambolage»?
Das ist eine tolle Frage, denn weder Geld noch Realismus herrschen in der «Carambi», vielmehr deren Gegenteil: Ohne Idealismus würde bei uns nicht viel laufen und was wir an Geld nicht haben, machen wir mit kreativen Ideen und einem tollen Netzwerk engagierter Menschen wett. Das macht die «Carambi» wohl auch aus. Es ist schön zu merken, dass es so funktioniert, auch wenn wir immer wieder in Kapazitätsengpässe kommen. Das wäre also ein Wunsch: noch mehr Menschen und mehr Kapazitäten.


Was braucht es in Basel mehr, was weniger?
Weniger Aufwertung, mehr beständige, selbstverwaltete Orte, mehr günstigen Wohnraum. Weniger rassistische Polizeikontrollen, mehr Raum für alle.


Wenn ihr als Kollektiv ein Getränk wärt, welches?
Prosecco in allen Varianten; mit Sprudel, mit Immer, mit Gin, mit Eis.

Was macht ihr, wenn ihr nicht in der «Carambolage» seid?
Lohnarbeiten, Schule geben, Arbeitskämpfe unterstützen, Schnitzen, Bücher verkaufen, Kinder betreuen, Räume verwalten, Ausschlafen, Kaffee trinken, andere tolle Bars besuchen und dem Patriarchat die Kniescheibe rauswummern.

Wie wärs mal mit...
...einem Getränk in deiner netten Bar ums Eck?


Danke Sarah, Leo, Viola, Meret, Rabea und Jules, dass ihr unsere Fragen beantwortet habt!



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von Nina Hurni
am 21.10.2024

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© Christina Cattelani für Wie wär's mal mit

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