«Chemiserie +»: Im Gespräch mit Gründerin Kimberley Wichmann
Der Store «Chemiserie +» steht für Fashion Recycling und nachhaltigen Kleidertausch in Basel und Zürich. Weshalb Gründerin Kimberley Wichmann den Laden eröffnete und welche Werte in Sachen Fashion sie vertritt, verrät sie uns im Gespräch.
Hallo Kim, wer bist du und was ist deine grösste Macke?
Mein Name ist Kimberley Wichmann. Als Zweitgeborene von vier Mädels war meine Mutter bei mir an der Reihe mit der Namensgebung. Sie war Amerikanerin (mittlerweile ist sie eingebürgerte Schweizerin) und deswegen ist mein Vorname angloamerikanisch. Geboren und aufgewachsen bin ich in der Schweiz, genauer in Basel. Mein Lieblingsfach in der Schule war immer Bildnerisches Gestalten, weswegen ich mich für eine kreative Berufsbildung entschied und Architektur studierte. Ich bin gerne unter Menschen, liebe Livemusik und Campen in der Natur bei Feuer und gutem Essen. Auf meiner «Bucket list» steht ein «Whiskey and Surf»-Trip nach Schottland, da ich eine ausgeprägte Schwäche nach rauchigem, torfigem Whiskey habe. Meine grösste Macke ist wohl, dass ich nicht gut verlieren kann, besonders bei Glücksspielen wie «Yatzee».
«Chemiserie +» – wie kam es dazu? Vor ein paar Jahren gönnten sich mein Mann und ich uns eine Auszeit in Lateinamerika. Die Reise führte uns während rund 18 Monaten in unserem Campingbus von Chile bis Kalifornien. Auf halber Strecke verirrten wir uns in die erste «Ropa Americana» (Secondhandshop) und von da an ging eine weitere Parallelreise los. Mit dem witzigen Verkaufsmodell von «Buy, Sell, Trade» kamen wir erst in San Francisco in Berührung. Wir hatten zu viel Gepäck und mussten vor dem Heimflug ein paar Sachen loswerden, die wir dort verkauften. Ich war vom Geschäftsmodell des Ankaufen, Verkaufen und Tauschen sofort angetan und von da an liess mich der Gedanke nicht mehr los, in meiner Heimatstadt ebenfalls einen Secondhand Store mit dem gleichen Verkaufskonzept zu gründen.
«Chemiserie +» – weshalb der Name?
Der Name entstand ehrlich gesagt etwas salopp. Die Vision war, in unserer Stadt ein aussterbendes Traditionsgeschäft zu erhalten oder zumindest im übertragenen Sinn. Es war mir wichtig, den Namen so zu wählen, dass er etwas mit dem Ort und der Kultur zu tun hat. Die Deutschschweiz und gerade Basel ist stark geprägt von der französischen Sprache und die «Chemiserie +» erschien mir als bester Überbegriff, um auszudrücken, dass es sich um Kleider handelt. Zugegebenermassen haben sich schon ein paar Mal vor allem Herren auf der Suche nach Hemden zu uns verirrt, aber manch einer wurde dennoch fündig.
Welche Werte in Sachen Fashion in der Schweiz vertrittst du?
Auf der Mikroebene, also bei Menschen wie du und ich, die Fashion lieben und sich gerne und oft neu erfinden, finde ich es erstrebenswert, gerade hierzulande diesem Bedürfnis nachhaltig nachzugehen. Sprich lieber weniger Sachen neu kaufen, die von guter Qualität sind und möglichst nachhaltig produziert wurden und offen sein, bereits vorhandene Stücke wiederzuentdecken - sei es bei sich im Schrank, bei Freund*innen, in den Brockis oder in den Secondhandshops (online oder offline). In der Schweiz, die auf Makroebene weltweit führend ist in Sachen Bildung, sollen Talente im Modebereich weiterhin erkannt, gefördert und Innovationen unterstützt werden.
Wenn «Chemiserie +» ein Urlaubsort wäre, wie würde dieser Ort aussehen und wie würde man sich da fühlen?
Bei der Frage kommt mir als allererstes ein Bild in den Sinn, das ich mir auf dem Markt in Cusco, Peru, eingeprägt hatte. Eine indigene Frau mit ihrem Lama beim Mittagessen in der Mitte der Markthalle. So ähnlich ergeht es mir manchmal in der «Chemiserie +»: Voller Leben, Farbe und Menschen, die sich eine Pause vom Alltag gönnen, indem sie durch die Reihen von Kleidern scrollen.
Beschreibe die typischen «Chemiserie +» Kund*innen in 3 Worten.
Neugierig, begeisterungsfähig, offen.
Weshalb in Zeiten von «Depop» und Onlineshops einen Store eröffnen?
Für unser Handlungsfeld im Resale-Bereich ist eine lokale Adresse effizienter und mir persönlich macht das Geschäft mehr Spass.
Wo in Basel hältst du dich am liebsten auf?
Am Kleinbasler Rheinufer (bis vor kurzem an der «Flora-Buvette»), bei einem Bier von «BFM» im «Café Flore» oder beim Stöbern an Flohmis im grenznahen Elsass.
Wovon braucht die Schweiz mehr, wovon weniger?
Im Grossen und Ganzen bin ich sehr gerne hier, vor allem in Basel. Der Rhein und Deutschland und Frankreich in Velodistanz geben mir das Gefühl, Teil von Europa zu sein. Manchmal vermisse ich ein grösseres Angebot an mexikanischem Essen und in gewissen Situationen wünschte ich mir weniger Bünzlitum.
Wie wär’s mal mit...
...Zuversicht statt Voreingenommenheit.
Vielen Dank Kimberley Wichmann für die spannenden Einblicke.
_
von Ana Brankovic
am 20.03.2023
Fotos
© Niels Franke für Wie wär's mal mit
Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Wie wär’s mal mit einholen.
Hallo Kim, wer bist du und was ist deine grösste Macke?
Mein Name ist Kimberley Wichmann. Als Zweitgeborene von vier Mädels war meine Mutter bei mir an der Reihe mit der Namensgebung. Sie war Amerikanerin (mittlerweile ist sie eingebürgerte Schweizerin) und deswegen ist mein Vorname angloamerikanisch. Geboren und aufgewachsen bin ich in der Schweiz, genauer in Basel. Mein Lieblingsfach in der Schule war immer Bildnerisches Gestalten, weswegen ich mich für eine kreative Berufsbildung entschied und Architektur studierte. Ich bin gerne unter Menschen, liebe Livemusik und Campen in der Natur bei Feuer und gutem Essen. Auf meiner «Bucket list» steht ein «Whiskey and Surf»-Trip nach Schottland, da ich eine ausgeprägte Schwäche nach rauchigem, torfigem Whiskey habe. Meine grösste Macke ist wohl, dass ich nicht gut verlieren kann, besonders bei Glücksspielen wie «Yatzee».
«Chemiserie +» – wie kam es dazu? Vor ein paar Jahren gönnten sich mein Mann und ich uns eine Auszeit in Lateinamerika. Die Reise führte uns während rund 18 Monaten in unserem Campingbus von Chile bis Kalifornien. Auf halber Strecke verirrten wir uns in die erste «Ropa Americana» (Secondhandshop) und von da an ging eine weitere Parallelreise los. Mit dem witzigen Verkaufsmodell von «Buy, Sell, Trade» kamen wir erst in San Francisco in Berührung. Wir hatten zu viel Gepäck und mussten vor dem Heimflug ein paar Sachen loswerden, die wir dort verkauften. Ich war vom Geschäftsmodell des Ankaufen, Verkaufen und Tauschen sofort angetan und von da an liess mich der Gedanke nicht mehr los, in meiner Heimatstadt ebenfalls einen Secondhand Store mit dem gleichen Verkaufskonzept zu gründen.
«Chemiserie +» – weshalb der Name?
Der Name entstand ehrlich gesagt etwas salopp. Die Vision war, in unserer Stadt ein aussterbendes Traditionsgeschäft zu erhalten oder zumindest im übertragenen Sinn. Es war mir wichtig, den Namen so zu wählen, dass er etwas mit dem Ort und der Kultur zu tun hat. Die Deutschschweiz und gerade Basel ist stark geprägt von der französischen Sprache und die «Chemiserie +» erschien mir als bester Überbegriff, um auszudrücken, dass es sich um Kleider handelt. Zugegebenermassen haben sich schon ein paar Mal vor allem Herren auf der Suche nach Hemden zu uns verirrt, aber manch einer wurde dennoch fündig.
Welche Werte in Sachen Fashion in der Schweiz vertrittst du?
Auf der Mikroebene, also bei Menschen wie du und ich, die Fashion lieben und sich gerne und oft neu erfinden, finde ich es erstrebenswert, gerade hierzulande diesem Bedürfnis nachhaltig nachzugehen. Sprich lieber weniger Sachen neu kaufen, die von guter Qualität sind und möglichst nachhaltig produziert wurden und offen sein, bereits vorhandene Stücke wiederzuentdecken - sei es bei sich im Schrank, bei Freund*innen, in den Brockis oder in den Secondhandshops (online oder offline). In der Schweiz, die auf Makroebene weltweit führend ist in Sachen Bildung, sollen Talente im Modebereich weiterhin erkannt, gefördert und Innovationen unterstützt werden.
Wenn «Chemiserie +» ein Urlaubsort wäre, wie würde dieser Ort aussehen und wie würde man sich da fühlen?
Bei der Frage kommt mir als allererstes ein Bild in den Sinn, das ich mir auf dem Markt in Cusco, Peru, eingeprägt hatte. Eine indigene Frau mit ihrem Lama beim Mittagessen in der Mitte der Markthalle. So ähnlich ergeht es mir manchmal in der «Chemiserie +»: Voller Leben, Farbe und Menschen, die sich eine Pause vom Alltag gönnen, indem sie durch die Reihen von Kleidern scrollen.
Beschreibe die typischen «Chemiserie +» Kund*innen in 3 Worten.
Neugierig, begeisterungsfähig, offen.
Weshalb in Zeiten von «Depop» und Onlineshops einen Store eröffnen?
Für unser Handlungsfeld im Resale-Bereich ist eine lokale Adresse effizienter und mir persönlich macht das Geschäft mehr Spass.
Wo in Basel hältst du dich am liebsten auf?
Am Kleinbasler Rheinufer (bis vor kurzem an der «Flora-Buvette»), bei einem Bier von «BFM» im «Café Flore» oder beim Stöbern an Flohmis im grenznahen Elsass.
Wovon braucht die Schweiz mehr, wovon weniger?
Im Grossen und Ganzen bin ich sehr gerne hier, vor allem in Basel. Der Rhein und Deutschland und Frankreich in Velodistanz geben mir das Gefühl, Teil von Europa zu sein. Manchmal vermisse ich ein grösseres Angebot an mexikanischem Essen und in gewissen Situationen wünschte ich mir weniger Bünzlitum.
Wie wär’s mal mit...
...Zuversicht statt Voreingenommenheit.
Vielen Dank Kimberley Wichmann für die spannenden Einblicke.
_
von Ana Brankovic
am 20.03.2023
Fotos
© Niels Franke für Wie wär's mal mit
Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Wie wär’s mal mit einholen.