Christine Lauterburg: Im Gespräch mit der Musikerin

Die berühmte Musikantin Christine Lauterburg aus Bern über die Musik heute, damals und in der Zukunft, wie man ein erfülltes Leben führt und wo man in Bern lieber nicht hingeht. Wir durften sie daheim in ihrer Wohnung im Wyler besuchen und ihre Wärme und Herzlichkeit geniessen.


Liebe Christine, erzähl ein bisschen von dir. Wer bist du und was macht dich aus?
(Lacht) Ich bin Optimistin, ich habe bald einen «Schnappsklappen»-Geburtstag mit 66 Jahren (Glasklingeln). Dieser Ausdruck kommt vom Film, wo man immer bei Klappe Schnaps getrunken hat (lacht). Ich bin ein wahres Glückskind, hatte auch schon Einbrüche in meinem Leben, vor allem bei einem Autounfall. Ich war im 9. Monat schwanger, der Vater meiner Tochter fiel danach in ein künstliches Koma, ich jedoch blieb nahezu unversehrt. Die Zeit danach war aber schwierig, ich habe ihn dann verlassen und habe ab da alles selber gemacht. Irgendwie ist das gegangen, heute sind wir wieder gute Freunde – und meine Tochter ist eine wahre Freude für mich. Dieses Ereignis hat meine Lebensfreude noch gestärkt. Ich nutze auch jetzt jeden Moment aus, besonders die Musik steuert da natürlich viel bei.


Optimistin und Mutter also. Du bist ja letztes Jahr mit dem Schweizer Musikpreis ausgezeichnet worden, Gratulation! Was hat das mit dir gemacht?
Es hat mich schon motiviert, besonders in der Corona-Zeit. Ich habe mich oft gefragt, ob verschobene Konzerte jemals noch stattfinden können. Ich habe mir auch über das Aufhören Gedanken gemacht – aber nur von der AHV zu leben reicht auch nicht. Und in meinem Alter einen Job zu finden, ist sehr schwer. Nach Erhalt des Preises hat es mir «gwohlet», ich kann ja wirklich noch weiter musizieren und es hält einen lebendig. Ich finde schlimm, wie ältere Menschen einfach «ausrangiert» werden.

Wie beschreibst du deinen Musikstil in drei Worten?
Schweizer Volksmusik – oder, nicht abschätzig gemeint, sogenannte «Gebrauchsmusik», die bei Festen gespielt wird. Ich werde immer öfters auch für Trauerfeiern angefragt, wo meine «wehmütigen Jodel» gewünscht werden.


Worauf richtet sich dein Fokus in deinem aktuellen Schaffensprozess? Wohin möchtest du in Zukunft?
Ich habe bereits so viel gemacht und bleibe einfach dabei. Ich glaube aber nicht, dass das noch ganz anders wird. Jedoch habe ich noch eine Idee mit drei Bässen und würde auch gerne wieder etwas Elektronisches zur Live-Musik beimischen. An etwas speziellem sind aber  tendenziell weniger Leute interessiert... Da fragt man sich, ob sich das noch lohnt. Aber ich werde weiterhin Solos und Konzerte geben, das war immer meine sichere Einnahmequelle. Ich spiele Geige, Bratsche und Akkordeon, nur Singen wäre wohl zu wenig. Geige und Singen sind sehr anspruchsvoll.

Wie fühlt es sich für dich an, in der heutigen Zeit Musikerin zu sein? Was möchtest du an dieser Stelle jungen Musiker*innen mitteilen wollen?
Einfach unbedingt machen. Vielleicht in einer kleinen Form, nicht die Karriere im Fokus, sondern die Freude. Ich mag Casting-Shows überhaupt nicht! Alle klingen gleich, man kann ja nicht Kabis und Salat vergleichen, es muss schon alles Kabis sein! (lacht)  Das ist in meinen Augen sehr unmusikalisch! Man soll Musik machen, für sich, nicht für die Anerkennung. Ich komme ja  ursprünglich vom Theater und hätte nicht gedacht, dass ich soviel Erfolg haben werde.
Ein Instrument hat für mich eine ähnliche Funktion wie ein*e Therapeut*in, man kann immer darauf zurückgreifen, wenn es einem schlecht geht – ich sage das aus Erfahrung! Ich habe Geige gespielt, weil ich wollte. Mit sieben Jahren habe ich eine kleine Geige erhalten, in der Geigenstunde haben sie mir die Freude daran aber ausgetrieben (lacht) und dann habe ich angefangen zu jodeln. Ich war immer Autodidaktin.


Ab wann und wodurch hast du dich selber als Künstlerin gesehen und gefühlt?
Ach weißt du, ich sehe mich gar nicht als Künstlerin! (lacht laut) Ich bin Musikantin, Jodlerin... Das ist eben etwas einfacheres und «bi de Lüt».

Wie sieht für dich deine Alltagsroutine aus, was ist dir dabei wichtig?
Morgens viel Zeit zu haben und dann lange «umedüdelä»! (lacht vergnügt) Langsam. Ich mache auch etwas Yoga. Ich sollte meine Beweglichkeit halten für meinen Beruf.


Was ist ein wichtiges Lebensmotto für dich?
Sich selber nicht so ernst nehmen! Ich muss viel lachen, mit meinen Musiker*innen... In erster Linie über sich selbst, auslachen ist weniger gut.

Welches ist dein Lieblingslied?
Ich darf es fast nicht sagen, aber wisst ihr, was das ist? (Lässt klassische Musik laufen) Ich höre meist DRS 2, Klassikradio. Ich liebe Bach, zum Beispiel die E-Dur Suite, die langsame...



Was isst und trinkst du am liebsten?
Tee! (lacht) Schwarztee und Tomaten-Spaghetti.


Welche drei Orte magst du am liebsten in Bern? Welche gar nicht?
Den Bahnhof mag ich gar nicht, den finde ich hässlich. Schade, dass sie nicht das alte Bahnhofsgebäude stehen lassen haben mit dem schönen Bahnhofs-Buffet... Den Botanischen Garten mag ich sehr und den Längmuur-Spielplatz. Muss es in der Stadt sein? Den Gurten! Dort hatte ich immer gute Erlebnisse bei meinen Auftritten.

Wie wärs mal mit…?
...Udo Lindenberg einen Drink im Hotel «Atlantic» nehmen. Den finde ich super als Sänger. Man sagt ja, er habe solch schöne Augen, darum trägt er immer Sonnenbrille. Und das stimmt wirklich.



Danke, liebe Christine, für das tolle Gespräch und den Einblick in dein vielfältiges und heiteres Leben! Bleib so, wie du bist – we like it!


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von Linda Christa Bill
am 24.01.2022

Fotos
© Laura Binggeli für Wie wär's mal mit



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