Craft Distillers: Im Gespräch mit Joe Nyfeler und Yves Branchi

Alkohol kann Gift sein, aber auch Genuss, sagen die beiden Köpfe hinter dem Event-Label «Craft Distillers» und die Gründer der ersten Schweizer Spirituosen- und Likörmesse «Swiss Craft Spirits Festival», das am kommenden Wochenende zum zweiten Mal im Gundeldinger Feld über die Bühne geht. Mitten unter der Woche haben wir die zwei Herren, Joe Nyfeler und Yves Branchi, getroffen und mit ihnen über ihr junges Label gesprochen. Getrunken wurde Mate-Eistee.


Lieber Yves, lieber Joe, wer seid ihr und wer sind die Craft Distillers?
Joe: Wir sind Freunde aus dem Studium – zwei verrückte Typen mit spannenden Ideen – und haben deshalb vor zwei Jahren die Event-Label Craft Distillers «Crafts Distillers» gegründet.
Yves: Die Craft Distillers sind eine Marke, das Events mit Spirituosen organisiert. Dieses Jahr führen die Craft Distillers zum zweiten Mal das einmalige Erlebnis namens «Swiss Craft Spirits Festival» durch.


Wie ist es zu dieser Kooperation gekommen?
Joe: An einem Augustsommerabend vor zwei Jahren hat Yves mich angerufen und meinte euphorisch, dass wir uns zusammensetzen müssten, bei Zigarre und Whisky, und Pläne schmieden sollten, ein Projekt in diese Richtung zu verfolgen.
Yves: Joe ist der Whisky-Begeisterte und ich habe damals schon ein bisschen Grappa eines Freundes aus dem Tessin hier in der Region verkauft. Und so kamen wir nicht nur auf den Geschmack, sondern auch auf die Idee, dass wir das unternehmerisch stärker verfolgen könnten. Wir haben dann erst einmal gebrainstormed, querbeet, was wir machen könnten und kamen dann auf die Idee, eine Messe für handgemachte Schweizer Spirituosen und Liköre zu organisieren. Ich bin sehr froh, dass Joe genügend verrückt war, mich mit dieser Idee zu begleiten und wir die Craft Distillers gemeinsam aufbauen.



Was mögt ihr an eurer Kooperation, was bereitet euch Schwierigkeiten?
Joe: Die Herausforderung ist, dass unsere Tagesrhythmen total verschieden sind. Während Yves inzwischen nur noch für die eigenen Projekte, also für die Craft Distillers und seinen eigenen Nocino, arbeitet, gehe ich einem geregelten Bürojob nach und mache die Arbeit bei den Craft Distillers als Hobby. Dementsprechend bedarf es etwas mehr Koordination und Absprache zwischen den Zuständigkeiten als auch der Verfügbarkeit. Da nehmen wir eigentlich ziemlich stark Rücksicht aufeinander, sonst wird es für uns beide als Team schnell einmal mühsam.
Yves: Ja, genau. Ich habe mich vor anderthalb Jahren entschieden, zur Zeit nur diesen Projekte nachzugehen. Was ich sehr an der Zusammenarbeit mit Joe schätze ist, dass wir aufgrund dieser verschiedenen Hintergründe auch unterschiedlich denken. Verschiedene Meinungen können dann in einer gemeinsamen, geteilten Idee fruchten, die wir weiterverfolgen und die oft ziemlich gut ankommen.
Joe: Was uns verbindet ist der Spirit. Wir haben zusammen ein Unternehmen gegründet und wollen die Zukunft dieser Idee zusammen meistern. Ich wüsste niemanden, mit dem ich so eng zusammenarbeiten könnte. (Gangsterfistbump) Diesbezüglich sind wir wirklich ziemlich ähnlich: beide fühlen sich gleichermassen verpflichtet an diesem Strang zu ziehen.


Wie seid ihr auf diesen Geschmack gekommen?
Joe: Damals mit 18... (lacht) Was heisst «auf den Geschmack kommen»? Ich hatte mal einen feinen Whisky ausprobiert und gedacht, da gibt’s etwas, das Potenzial hat. Die Craft Distillers legen ihren Fokus ja absichtlich auf Schweizer Produkte, und dabei nicht nur auf Produkte, die gelagert und gereift sind, sondern auch solche, die direkt gebrannt und abgefüllt werden.
Yves: Als gebürtiger Tessiner habe ich Wein- und Grappa-Hersteller in der Familie. Als Exil-Tessiner wurde ich dann gefragt, ob ich die Produkte in der Deutschschweiz verkaufen würde. Eigentlich hatte ich zu Beginn eine andere Idee. Ich wollte einen Webshop mit Tessiner Grappa machen. Dann habe ich immer wieder darüber nachgedacht, inwiefern und wie ich diesen Grappa zu einem Geschäft machen könnte.




Wo seht ihr den Mehrwert der Craft Distillers für den Schweizer Spirituosenmarkt und insbesondere für die Region Basel?
Joe: Ich glaube, die Craft Distillers als Eventlabel sind etwas Junges, etwas Dynamisches. Dabei ist unser Geschmack, unser Wunsch die Grundlage der Eventorganisation. Kurzum: wir organisieren das Swiss Craft Spirits Festival so, wie wir es auch toll fänden, wo wir auch hingehen würden. Wir hoffen, dass das der Vorteil für die Branche, aber auch die Region ist. Ich bin aus der Region und ich glaube, so wie ich ticke, ticken noch ein paar Leute hier in der Stadt Basel, bzw. in der Nordwestschweiz.
Yves: Bevor wir angefangen haben, haben wir viel gelesen, dass es dem Spirituosenmarkt in der Schweiz nicht so gut geht. Wir wollten die traditionellen, lokalen Produkte entstauben und zusammen mit trendigen, neuen Produkten präsentieren. In diesem Sinne beabsichtigen wir, die Branche umzukrempeln. Hinzu kommt, dass es einen solchen Anlass noch nirgends in der Schweiz gibt. Es gibt verschiedene Genussmessen, aber eine Messe für Schweizer handgefertigte Spirituosen und Liköre nicht. Von dieser Einmaligkeit kann auch Basel profitieren.



Wer ist der typische Craft-Aficionado?
Joe: Unsere Besucher sind grundsätzlich neugierig, besitzen Qualitätsbewusstsein, Verständnis für Wertigkeit, sind entdeckungsfreudig – es können Rookies der Spirituosen- und Likörwelt wie auch Kenner sein. Wir gehen davon aus, dass die Besucher Neues einschätzen und beurteilen können oder das zumindest wollen und sich auf neue Geschmacks- und Geruchsrichtungen einlassen will.
Yves: Ich möchte zusätzlich noch auf den Erlebnisaspekt hinweisen. Die Craft Distillers wollen eine Atmosphäre kreieren, in welcher neue Produkte entdeckt werden können und so ein Erlebnis schaffen, das über das Konsumprodukt an sich herausgeht. Das Besucherprofil des letzten Festivals war sehr heterogen, sehr durchmischt im Alter wie auch bezüglich der Interessen und der Kenntnisse. Die Neugierde und das Interesse verbindet den Craft-Aficionado.


Alkohol ist ein eher negativ konnotiertes Genussmittel, wie geht ihr damit um?
Yves: Also wir gehen jetzt... (lacht)
Joe: Ja, das ist ein wichtiges Thema und wird oft stigmatisiert oder gar tabuisiert. Wir denken aber, dass wie bei vielen Genussmitteln, der Umgang damit zentral ist und das Umfeld eine bedeutende Rolle spielt. Beim Alkohol meint das ganz klar die Menge. Unser Fokus gilt gerade der Art und Weise und dem Umfeld des Genussmomentes. Und wir haben ein Auge drauf. Wir wollen Leute ansprechen, die den Sprit nicht einfach runterschütten, sondern ehrlich geniessen, entdecken und ausprobieren wollen. Die Messe ist auf das Qualitätsverständnis, den Genuss des Alkohols ausgerichtet. Wenn man mit Alkohol mit Bedacht umgeht, er genossen wird und die Qualität geschätzt wird, dann kann er durchaus auch eine Bereicherung sein.
Yves: «Alles und nichts ist Gift. Es hängt von der Dosis ab.» Wer hat’s gesagt? Alkohol ist ein Genussmittel und wird seit Jahrtausenden getrunken. Und ja, zu viel ist nicht gut! Aber Geniessen ist eine Qualitäts- und keine Quantitätsfrage. Diese Produkte, die wir promoten, sind nicht solche, die Jugendliche kaufen, um sich zu betrinken.



Wenn Yves eine Comicfigur wäre, welche wäre das?
Joe: Yves ist wie Tarzan – für ihn ist der Alltagsdschungel ein Abenteuer, wo es überall Neues zu entdecken gibt. Man muss nur die Augen offen halten!

Wenn Joe eine Comicfigur wäre, welche wäre das?
Yves: Lucky Luke – sorgt immer für Recht und Ordnung, mag Abenteuer und ist schnell im Umgang mit dem Colt.

Yves, als Nicht-Basler, was gefällt dir besonders hier? Wann vermisst du das Tessin nicht?
Yves: Was ich in Basel vermisse ist der See. Klar, die Basler sagen: «Wir haben den Rhein!», das sehe ich auch, aber das ist für mich was Anderes. Aber sonst gefällt es mir mega, weil es eine sehr offene, freundliche Stadt ist. Ist auch etwas mehr los hier als im Tessin. Um die Grössenverhältnisse klarzustellen: die ganze Stadt Basel hat ja ungefähr so viele Einwohner wie der Kanton Tessin. Das Klima gefällt mir, das ist ja ähnlich wie im Tessin. Ich könnte mir nicht mehr vorstellen, wieder im Tessin zu leben.


Was trinkt ihr wo in der Stadt gerne als Aperitif?
Joe: Ich komme gerne hierhin. Ich wohne im Gundeli und das WERK8 ist eine gute Adresse für einen Apéro am Abend, aber auch für Mittagessen oder ein Bier auf der Terrasse. Im Sommer bin ich auch sehr gerne in der Buvette auf dem Bollwerk.
Yves: Mir gefällt die Location vom WERK8 sehr gut und ich finde es toll, dass wir hier auch einen Teil des Swiss Craft Spirits Festival durchführen können. Sonst gehe ich auch gerne in die Baltazar.


...und wo und was nach einem langen Arbeitstag?
Joe: Ein gemütliches Bier
Yves: Noos (Yves eigener Tessiner Walnuss-Likör) – ich bin nicht so der Bier-Typ, und Wein trinke ich vor allem zum Essen. Sonst trinke ich tatsächlich gerne Spirituosen oder Cocktails.


Wenn ihr der König von Basel wärt, was würdet ihr euch für Basel wünschen?
Joe: Ich wünsche mir, dass Basel noch mehr zu einer innovativen, einer kreativen Stadt wird, wo Ideen umgesetzt und ausgelebt werden und proaktiv Möglichkeiten geschaffen werden, dass diese Ideen Realität werden können.
Yves: Als König würde ich den Rhein stauen, sodass wir einen See bekämen. (lacht) Nein, Spass beiseite. Ich wünsche mir nichts Dringliches, ich fühle mich sehr wohl hier.




Was habt ihr für die Zukunft geplant, was steht bei den Craft Distillers an?
Joe: Am Wochenende vom 20. & 21. Oktober 2017 findet das nächste Swiss Craft Spirits Festival im WERK8 und den launchlabs statt und das wollen wir reibungslos über die Bühne bringen. Neu bieten wir im Rahmen des Festivals auch Workshops an, an denen du deinen eigenen Gin distillieren und Cocktails mixen lernen kannst oder vertieftes Wissen über Zigarren und Kirsch vermittelt bekommst.
Yves: Das Festival soll zukünftig schweizweit nicht nur mit Genuss, sondern auch mit der Stadt Basel in Verbindung gebracht werden wird.
Joe: ...Isch geil! Gourmet-Gundeli ist das Stichwort!


Wie wär’s mal mit…
Joe: ...einer Rooftop-Bar in Basel?
Yves: ...einem Strand in Basel?




Ein herzliches Dankeschön an Joe und Yves, die mit Mut und Spürsinn lehren, dass Quantität im Alkohol berauschen, Qualität aber bereichern kann und so auf ihre eigene Art ein Stück Genuss-Geschichte in Basel schreiben. Salute!


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von Judith Nyfeler und David Schneiter
am 16.10.2017

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Niels Franke für Wie wär's mal mit

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