DOCK Ausleihe: Im Gespräch mit Künstler*innen und Mieter*innen


Regionale Kunst erobert neue Orte! In einer Kooperation zwischen Kulturverein Wie wär’s mal mit und DOCK Ausleihe zeigen wir vom DOCK geliehene originale Kunstwerke an neuen Orten in Basel. Einer der Orte war auch der Vereinscontainer von Wie wär’s mal mit an der Uferstrasse 40. Wir sprachen mit weiteren Künstler*innen und Mieter*innen über ihre Erfahrungen.


Parvez’ Werk «Suspended Brevity» (2015) wurde von Jan Schudel privat geliehen. Wie es dazu kam? Das erzählen uns beide.

Lieber Parvez, 3 Worte, die dich und deine Arbeit beschreiben.
Conceptual, non-conformist, trans-cultural

Weshalb hast du dich entschieden deine Werke für die Ausleihe zur Verfügung zu stellen?
Ich schätze das Konzept der DOCK Ausleihe. Sie ist wie eine Brücke zwischen Menschen und Kunst, ohne den Druck, Kunst kaufen zu müssen und macht Kunstwerke verfügbar und für jeden zugänglich. Als Künstler schätze ich die Tatsache, dass jemand, der mich weder kennt noch eine Ahnung von meiner Kunstpraxis hat, ein Werk tatsächlich mögen kann, einfach wegen des Werks. Das ist schön und äusserst befriedigend.

Was war dein besonderes Erlebnis mit Menschen, die dein Werk gemietet haben?
Ich sass mit meiner Familie im Zug nach Basel. Direkt gegenüber von uns sass eine andere Familie mit zwei Kindern. Bald fingen unsere beiden Kinder an, mit den anderen beiden zu spielen, und ihre Eltern begannen, sich mit meiner Partnerin zu unterhalten. Ich blieb für mich, da ich dem Schweizerdeutsch immer noch nicht gut folgen kann. Nach einer Weile fragte mich der Herr etwas und wir tauschten bald unsere Namen aus. Plötzlich fragte er mich, ob ich Künstler sei. Ich war etwas überrascht, aber es stellte sich heraus, dass es sich bei diesem Herrn um Jan Schudel handelte, der durch die DOCK Ausleihe auf meine Arbeit aufmerksam geworden war. Wir sind uns vorher nie begegnet, da ein Kurier das Werk in meinem Atelier abgeholt hat. Es war eine grosse Freude, ihn kennenzulernen. Er und seine Partnerin erzählten, wie und warum sie meine Arbeit mögen und dass sie es gerne in ihrem Haus haben.

Wie wär’s mal mit...
...Kunst?


Hey Jan Schudel, 3 Worte, die den Ort beschreiben.
Wohnzimmer, daheim, zwischen zwei Fenstern

Kurz zu dir, weshalb hast du Parvez’ Werk gemietet und wie findest du das Konzept der Kunstausleihe?
Ich bin Jan Schudel, habe Geschichte und Volkswirtschaft studiert, arbeite seit 14 Jahren bei der Binding Stiftung im Bereich der Finanzierung von Umwelt- und Sozialprojekten. Die Binding Stiftung hat DOCK mitfinanziert und so lernte ich das Konzept kennen, war aber noch nie da. Ich hatte mir privat seit langem mehr Kunst in unserer Wohnung gewünscht und Dank der Kunstausleihe muss man ein Werk nicht auf ewig kaufen und lernt zudem unterschiedliche Künstler*innen aus der Region kennen. Das Werk haben wir aus einem sehr persönlichen Grund gemietet. Die von Parvez fotografierte Seifenblase signalisiert Zerbrechlichkeit, die Brüchigkeit des Moments. Uns hat diese Symbolik an den Tod unseres Sohnes Valentin erinnert, der 2015 bei der Geburt gestorben ist.

Was war ein besonderes Erlebnis mit dem gemieteten Werk?
Lustig war, dass wir im Zug eine Kollegin meiner Frau getroffen haben und es stellte sich heraus, dass ihr Mann Parvez ist, der Künstler, dessen Werk jetzt bei uns zuhause hängt. Parvez und ich haben uns dann auch mal persönlich getroffen mit unseren Töchtern an einem “Papi-Morgen”, und ich habe viel über die Entstehung des Bildes, die Biographie und die künstlerische Arbeit von Parvez erfahren.

Wie wär’s mal mit...
...einem weiteren Werk von der DOCK Ausleihe?


Anina Müllers Werk «Pretty Little Things» (2019) sind Porzellanrosen, die physisch nicht viel Raum einnehmen und somit schnell übersehen werden, was sie mit frustriertem, lautem Fluchen kompensieren. Wer die Künstlerin ist und warum Verein Wie wär’s mal mit ihr Werk geliehen hat?

Liebe Anina, 3 Worte, die dich und deine Arbeit beschreiben.
Kitschig, deep, humorvoll

Weshalb hast du dich entschieden deine Werke für die Ausleihe zur Verfügung zu stellen?
Ich freue mich, wenn sich andere über meine Arbeiten freuen und durch die Ausleihe können sich unendlich viele Menschen freuen und das freut mich.

Was war dein besonderes Erlebnis mit Menschen, die dein Werk gemietet haben?
Bis anhin wurden meine Werke noch nicht gemietet, aber ich stelle mir das Szenario vor, dass während der Art Basel Leonardo DiCaprio oder Cardi B ins DOCK stolpern, um sich vor Paparazzis zu schützen und da mein Werk entdecken. Es ist Liebe auf den ersten Blick. Mein Kunstwerk und Cardi DiCaprio turteln die restliche Woche über beide Ohren verliebt durch die Stadt.

Wie wär’s mal mit...
...no Frontex!


Hey Verein Wie wär’s mal mit, 3 Worte, die den Ort beschreiben.
Roh, industriell, Container

Kurz zu euch, weshalb habt ihr Anina’s Werk gemietet und wie findet ihr das Konzept der Kunstausleihe?
Ich bin Ana Brankovic, Kulturschaffende und Leiterin vom Kulturverein Wie wär’s mal mit. Durch verschiedene Kooperationen kam ich vor Jahren in Kontakt mit DOCK. Dass man dort Werke regionaler Künstler*innen mieten kann, ermöglicht Flexibilität und bringt Kunst in verschiedene, spannende Kontexte, statt es an einem fixen Ort oder in einer Institution zu verankern.

Was war ein besonderes Erlebnis mit dem gemieteten Werk?
Zusätzlich zum geliehenen Werk «Pretty Little Things» (2019) hatte Anina Müller im September 2022 die Performance Premiere «GRWM» (2022) im Container. Super humorvoll, super grandios!

Wie wär’s mal mit...
...leihen statt besitzen?


Statt in Museen und Ausstellungsräumen kommen Kunstwerke an unübliche Orte. So kam Anjuli Theis Werk «Himmel und Erde» ins Geburtshaus Matthea in Basel.

Liebe Anjuli, 3 Worte, die dich und deine Arbeit beschreiben.
Sinnlich, stofflich, genussvoll

Weshalb hast du dich entschieden deine Werke für die Ausleihe zur Verfügung zu stellen?
Ich finde die Ausleihe wunderbar, weil sie einen niederschwelligen Zugang zu lokaler Kunst ermöglicht. Die Werke bleiben in Bewegung, werden gesehen, werden genutzt.

Was war dein besonderes Erlebnis mit Menschen, die dein Werk gemietet haben?
Ich kann nicht ein Erlebnis hervorheben. Die Begegnungen, mit Mieter*innen waren bis jetzt alle sehr bereichernd und sehr verschieden. Es kommen interessierte und interessante Menschen zu mir ins Atelier. Das ist inspirierend.

Wie wär’s mal mit...
...Sinnlichkeit.


Hey Regina vom Geburtshaus Matthea, 3 Worte, die den Ort beschreiben.
Oben, unten, Reisebeginn.

Kurz zu dir, weshalb hast du für das Geburtshaus Matthea das Werk von Anjuli Theis’ gemietet und wie findest du das Konzept der Kunstausleihe?
Ich bin Regina, Mitbegründerin und Geschäftsführerin im Geburtshaus Matthea und Hebamme aus Leidenschaft. Ich finde das Konzept der Kunstausleihe super, da so die Kunst unter Menschen kommt, die sonst damit wenig Berührungspunkte haben. Kunst ist dadurch dort, wo das Leben spielt und kommt durch die Ausleihe in Bewegung. Wir haben uns lange besprochen ob wir ein Bild aussuchen, welches direkt thematisch mit dem Geburtshaus in Zusammenhang steht z.B. Motive mit Vagina oder Nachtkerzenöl und haben uns dann dagegen und für ein Himmelbild entschieden. Uns hat die Leichtigkeit und Frische der Farbe Blau gefallen und der Himmel als Zusammenhang zu dem, was in einem Geburtshaus passiert: Leben, Neugeborene, die von weit her reisen, Verbundenheit mit der Natur und dem Universum.

Was war ein besonderes Erlebnis mit dem gemieteten Werk?
Das Bild heisst «Himmel und Erde», aber wir haben bis jetzt die Erde noch nicht gefunden (lacht). Da müssen wir uns wohl mit der Künstlerin austauschen.

Wie wär’s mal mit...
...der Ausleihe eines weiteren Werkes, wir wären dabei!


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von Ana Brankovic
am 31.Oktober 2022

Fotos
© Wie wär’s mal mit, DOCK, Jan Schudel, Parvez 


Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Wie wär’s mal mit einholen.




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