Drug Checking Basel: Im Gespräch mit Jill Zeugin zu den Projekten «Safer Dance» und «DIBS»

Mit dem Angebot «Safer Dance Basel» und dem Pilotprojekt «DIBS Drogeninfo Basel-Stadt» bietet nun auch Basel Substanzanalysen und Beratung für Konsumierende von Partydrogen an. Wie wär’s mal mit hat Jill Zeugin zu den Projekten interviewt und darüber hinaus von ihr erfahren, was sie bei der Arbeit überhaupt noch schockieren kann und welcher Song ihrer Meinung nach Falcos «Mutter, der Mann mit dem Koks ist da» abgelöst hat.


Hey Jill, wer bist Du und was machst Du so?
Mein Name ist Jill Zeugin, beruflich bin ich Sozialarbeiterin bei der Suchthilfe Region Basel und arbeite neben meiner täglichen Arbeit mit Klienten und Klientinnen neu für das Pilotprojekt DIBS (Drogeninfo Basel-Stadt), einem stationären Drug Checking-Projekt, das in diesem Sommer in Basel angelaufen ist, sowie für Safer Dance Basel, einem Angebot, mit welchem wir mobil unterwegs sind, hauptsächlich in Clubs und auf Festivals, um vor Ort die Substanzanalyse und Beratung durchzuführen. Hinter Safer Dance Basel verbergen sich neben mir noch weitere Personen wie etwa Oliver Bolliger und Steffi Twerdy sowie der Verein Subsdance, bestehend aus zahlreichen Ehrenamtlichen, die uns bei diversen Einsätzen unterstützen. Privat liebe ich Podcasts, Katzen, das Kleinbasel und den Umweltschutz. Wegen Letzterem kann ich gelegentlich auch mal richtig anstrengend sein (lacht).



Apropos anstrengend: Welches sind die grössten Herausforderungen bei dieser Form von Arbeit, womit habt ihr am meisten zu kämpfen?
Eine der grössten Herausforderung ist es für uns, mit dem Drug Checking in die Basler Clubs reinzukommen. Zwar befürworten die meisten Club-Betreiber*innen unsere Arbeit und finden das Projekt eine gute Sache, möchten dann aber oft doch nicht, dass wir unser Angebot in ihrer Location anbieten. Dies aus dem einfachen Grund, dass ein Drug-Checking suggeriert, dass in ihrem Club illegale Substanzen konsumiert würden. Davon möchten sich viele Betreiber*innen distanzieren, was ich einerseits nachvollziehen kann, andererseits aber auch nicht, da ein Projekt wie unseres gar nicht erst existieren könnte, bzw. seine Berechtigung hätte, wenn nirgends Partydrogen konsumiert würden. Kurz: konsumiert wird ohnehin, wichtig wäre jedoch, dass man mit den Clubs Hand in Hand arbeiten könnte, um den Konsum von Partydrogen risikoärmer zu gestalten.


Für wen ist Euer Angebot konzipiert worden und was sind die Voraussetzung, um dieses nutzen zu können?
Das Angebot Safer Dance Basel ist auf Menschen im Party- oder Festivalsetting ausgerichtet, die gelegentlich illegale Drogen konsumieren. Beim Projekt DIBS (Drogeninfo Basel-Stadt) hingegen kann das Angebot in 14-tägigen Abständen bei uns im St. Johann wahrgenommen werden und ist dadurch nicht an einen speziellen Event gekoppelt. Dies hat den Vorteil, dass auch Personen ihre Drogen testen lassen können, die diese beispielsweise zu Hause konsumieren. Voraussetzung ist, dass man mindestens 18 Jahre alt ist und die Probe persönlich bei uns abgibt. Mengenmässig gibt man bei einer XTC-Pille eine ganze ab, beim Pulver sind es ca. 10-20mg, beim LSD einen Tropfen oder einen Filz.



Welchen Effekt verspricht sich die Stadt Basel von Eurem Projekt?
Bei unserem Projekt geht es primär um Schadensminderung. Die Konsumentinnen und Konsumenten sollen in erster Linie die Möglichkeit haben zu wissen, was in den Drogen enthalten ist, die sie kaufen und sich dadurch auch sensibilisierter für oder gegen deren Konsum entscheiden können. 



Kannst du mir ein Beispiel nennen, wann ich eine durch Euch getestete Droge nicht mehr konsumieren würde?
Sehr oft ist in Kokain das Streckmittel Levamisol enthalten. Hierbei handelt es sich um ein Entwurmungsmittel gegen Fadenwürmer, welches enorme Nebenwirkungen mit sich bringt und zu langfristigen Schäden am menschlichen Immunsystem und an diversen Organen führt. Ob man das Kokain nach einer solchen Analyse noch konsumieren möchte, sei dahingestellt.


Wie muss man sich Euer Angebot von Safer Dance Basel in der Umsetzung vorstellen?
Ausgerüstet mit unserem Equipment, sind wir hauptsächlich bei Partys und Festivals vor Ort. Dort bauen wir einen Stand auf, an dem die Leute die Möglichkeit haben zu chillen, etwas zu trinken und vor allem aber auch, mit uns ins Gespräch zu kommen. Dank eines mobilen Labors können wir Substanzen umgehend und direkt vor Ort testen. Eine solche Analyse dauert nur rund 20 Minuten und ist kostenlos, danach erhält man das mündliche Resultat. Durch diese Art von Drug Checking erfährt man, was in den Substanzen enthalten ist, bzw. welches Produkt man beim Dealer oder im Deepweb erworben hat. Darüber hinaus unterstützen wir unsere Besucherschaft dabei, mögliche Unterstützung zu erhalten, sollten sie oder wir beim Ausfüllen des Fragebogens feststellen, dass es sich um einen problematischen oder missbräuchlichen Konsum handelt und Hilfe gewünscht ist.


Welches ist Dein persönlich bester Tipp, um «safer zu dancen»?
Konsumpausen einlegen, immer viel Wasser trinken und grundsätzlich: weniger ist mehr!

Was macht Euer Projekt sonst noch aus?
Uns geht es vor allem darum, sachlich über psychoaktive Substanzen zu informieren, ohne dabei wertend zu sein oder jemanden verurteilen zu wollen. Wir informieren Menschen über die Dosierungen, Wirkungen, Risiken, Folgeschäden, Set, Setting, den Mischkonsum und «Safer Use». Aus diesem Grund lautet einer unserer Leitsätze «Nur wer Bescheid weiss, kann entscheiden».


Zum Thema Leitsätze: Ende der 1990er Jahre lautete der Claim der Suchtprävention «KEINE MACHT DEN DROGEN», wie müsste er heute heissen, bzw. was hat sich verändert?
Es hat sich unglaublich viel verändert. Vor allem seit wieder viel geforscht wird, besonders in den Bereichen der Therapien mit LSD, Psylocibin, Ketamin etc. Meiner Meinung nach sollte der heutige Ansatz oder Slogan sein: «Für einen selbstbestimmten Konsum». Persönlich ist mir auch das Thema «Awareness» äusserst wichtig, da ich beruflich, aber auch privat feststelle, dass da noch eine ganze Menge an Aufklärung gemacht werden muss.

Bestimmt haben schon einige der gemessenen Werte Euer Team staunen lassen. Gibt es Resultate, die Euch noch schockieren können? Und wie kommt es zu diesen?
Ja, die gibt es durchaus. Am 31. Juli 2019 haben wir die höchst dosierte Pille in der Schweiz überhaupt getestet, mit einem MDMA-Gehalt von 308,8 mg. Solche Resultate, die den gängigen Gehalt um ein Vielfaches übersteigen, finde ich schockierend und bedenklich. Wie es zu einem solchen Wert kommt, frage ich mich auch. Abgesehen von den fatalen Folgen, die der Konsum einer Pille dieses Gehaltes mit sich bringt, kann ich mir auch nicht erklären, was das Ziel der Hersteller*innen sein soll, die solche Pillen produzieren. Es ergibt nicht mal ökonomisch einen Sinn.


Um bei Unsinnigem zu bleiben: Wenn Kokain, MDMA und LSD Songs wären, welche wären sie?
Kokain:

MDMA:

LSD:

Wie wär’s mal mit..?
…einem Drug Checking im DIBS (Drogeninformation Basel-Stadt) an der Mülhauserstrasse 111 in Basel? Jeden zweiten Montag, anonym und kostenlos.


Vielen Dank Jill für das aufschlussreiche und spannende Interview.



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von Catherine Iselin
am 09.09.2019

Fotos
© Niels Franke für Wie wär's mal mit
© Flavia Schaub für Safer Dance Basel


Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Wie wär’s mal mit einholen.


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