Fotolabor «développe derrière» Bern: Im Gespräch mit Franca Wenk und Raffaela Sansoni
Seit 2021 ist das Fotolabor «développe derrière» aka «déde» an der Monbijoustrasse zu finden. Ein Gemeinschaftsprojekt, das Raffaela Sansoni und Franca Wenk mit viel Freude und Engagement führen. In ihrem Minilab entwickeln und digitalisieren sie C41-Filmrollen und sind eine wichtige Anlaufstelle für die analoge Fotografie Community in Bern. Wir haben hinter die Kulissen von «déde» geblicktund geben einen Einblick in eines der schönsten Ateliers in Bern.
Hallo Franca, hallo Raffaela, wer seid ihr?
Wir sind zwei Freundinnen aus Bern und kennen uns schon seit fast zehn Jahren. Neben der Arbeit beim «déde» sind wir beide sowohl selbstständig als auch in festen Anstellungsverhältnissen tätig.
Franca: Ich arbeite im Bereich der Retrodigitalisierung, bin gleichzeitig als selbstständige Fotografin tätig und Mutter von drei Kindern.
Raffaela: Ich arbeite in der Integrationsförderung beim Bund. Zusätzlich führe ich mein eigenes Schmucklabel «NANA».
Was ist das «développe derrière» und wie kam es dazu?
Das Fotolabor «déde» haben wir während der Pandemie im Jahr 2020 gegründet und im Februar 2021 eröffnet. «déde» steht kurz für «développe derrière». Unsere Arbeitsplätze befinden sich im «atelier derrière», was ein Gemeinschaftsatelier ist, das Raffaela im Jahr 2018 mit ein paar anderen kreativen Köpfen zur Ausübung ihrer selbständigen Tätigkeit gegründet hat. Franca kam etwas später dazu.
Die Idee vom «développe derrière» entstand während der Pandemie im Jahr 2020, als gleich mehrere Ateliergspänli auszogen und wir vor der Herausforderung standen, die Mietkosten mit reduzierter Besetzung tragen zu müssen. Das Fotolabor «déde» erfüllte sowohl unseren Wunsch nach einem gemeinsamen Projekt und ermöglichte uns zudem, mit den Einnahmen die Ateliermiete zu decken. Das «déde» ist nun fester Bestandteil unseres Ateliers. Es befindet sich im Hinterhof der Monbijoustrasse – daher auch der Name.
Was zeichnet «développe derrière» aus?
Unsere Kernkompetenz liegt natürlich in der Entwicklung und Digitalisierung von Analogfilmen. Besonders gut sind wir mittlerweile aber auch im Lösen von Problemen: Unsere Maschinen sind nicht nur sehr alt, es gibt auch keine Ersatzteile mehr. Entsprechend sind wir immer wieder aufs Neue mit Herausforderungen konfrontiert und gezwungen, Probleme zuerst zu lösen, bevor wir uns wieder dem Tagesgeschäft widmen können. Im Laufe Jahre haben wir uns zu Profis im Improvisieren und Optimieren von Prozessen entwickelt.
«déde» in 3 Worten?
Persönlich, engagiert, transparent.
Was wünscht ihr euch in Sachen Analogfotografie?
Ein Ersatzteillager für unsere Entwicklungsmaschine und den Scanner. Und vielleicht ein Betriebssystem, das neuer als Windows 2000 und trotzdem mit unserem Scanner kompatibel ist.
Was bedeutet es für euch zusammen zu arbeiten?
Das «déde» gäbe es ohne unsere Freundschaft nicht. Und unsere Freundschaft ist durchs «déde» sehr gewachsen. Was uns verbindet, reicht weit über unsere berufliche Zusammenarbeit hinaus. Zusammenzuarbeiten bedeutet für uns in erster Linie die Möglichkeit, Zeit miteinander zu verbringen. Ohne das «déde» würden wir uns nicht halb so oft sehen. Das «déde» ist quasi ein Produkt unserer Freundschaft. Wir sind ein eingespieltes Team, deshalb funktioniert es nur so und nicht anders.
Was ist euer Lieblingsschritt beim Entwickeln von Filmen und warum?
Franca: Am meisten mag ich das Ausfädeln der Filme. Es hat eine beruhigende und fast meditative Wirkung auf mich.
Raffaela: Das Ausfädeln mag ich auch, aus demselben Grund wie Franca. Die Arbeit fürs déde beinhaltet aber nicht nur das Entwickeln und Digitalisieren. Was mich auch stark trägt, sind die wertschätzenden Rückmeldungen unserer Kund:innen. Ab und zu bekommen wir auch Postkarten und Zeichnungen. Sogar einen Teppich mit dem déde-Logo haben wir geschenkt bekommen. Am wenigsten mögen wir es beide, wenn die Entwicklungsmaschine nicht aufhört zu piepsen und eine Fehlermeldung anzeigt. Dieser Fehler muss jeweils zuerst identifiziert werden, bevor wir mit dem Prozess weiterfahren können. Da wir die Maschine aber sehr gut kennen, wissen wir, wie mit solchen Situationen umzugehen ist. In all den Jahren wurde noch nie ein Film beschädigt.
Wie sieht ein ganz normaler Arbeitsalltag im «déde» aus?
Im «déde» gibt es eigentlich keinen typischen Arbeitsalltag, da wir ja noch anderen Verpflichtungen nachgehen und voll ausgelastet sind. Wir teilen uns die Arbeit auf. Am Montagnachmittag haben wir geöffnet, da nimmt Raffaela die Filme entgegen, plaudert mit den Kund*innen, verschickt die digitalisierten Bilder und kümmert sich um alle restlichen administrativen Belangen. Am Dienstagabend widmet sich Franca der Entwicklung und Digitalisierung. Oftmals in Gesellschaft von Raffaela. Den Dienstagabend nutzen wir nicht nur, um über unsere Arbeit zu sprechen, sondern vor allem auch für unseren privaten Austausch. Ab und zu gibts auch ein Glas Wein. Und meist wird es recht spät. Das ist mittlerweile schon fast Tradition.
Welchen Film benutzt ihr selber am meisten?
Kodak Portra 400 und Ilford XP2 Super 400
Wenn ihr nicht Filme entwickelt und scannt, wo verbringt ihr am liebsten eure Zeit in Bern?
Wir beide sind gerne an und in der Aare. Franca ziehts zudem wöchentlich ins Dählhölzli zu den Babysöilis. Raffaela täglich auf ihren Balkon. Wenn wir gemeinsam unterwegs sind, holen wir am liebsten eine Pizza bei «Da Nino» und essen sie im Monbijoupark.
Beschreibt die typische «déde» Besucher*innen in 4 Worten.
Jung, interessiert, aufgeschlossen und wertschätzend.
Analog fotografiert ist ein Trend. Wie geht ihr mit dieser Aussage um?
Das stimmt. Der Grund dafür liegt für viele sicher in der Faszination für die Materialität der fotografischen Prozesse. Aber wohl auch im allgemeinen Bedürfnis nach Entschleunigung. Das ist auch unser Bedürfnis. Deshalb machen wir diesen Trend gerne mit.
Ergänzt den Satz: Liebe Kund*innen bitte...
...gebt uns keine präparierten Filme ab. Also keine Filme, die ihr in einer Filmsuppe gekocht habt. Rückstände von Seife oder anderen zusätzlichen Substanzen machen unsere Chemie kaputt. Dadurch wird es für uns schwierig, unsere Qualitätsstandards aufrechtzuerhalten.
Wie wär’s mal mit...
...einen Gang runterschalten. Die Analogfotografie hilft dabei.
Vielen Dank Raffaela und Franca für das spannende Gespräch.
Als Filmliebhaber*innen sind wir froh, dass es euch gibt. Bis bald.
_
von Leila Ruru Ogbon
am 23.09.2024
Fotos
© Leila Ruru Ogbon für Wie wär's mal mit
Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Wie wär’s mal mit einholen.
Hallo Franca, hallo Raffaela, wer seid ihr?
Wir sind zwei Freundinnen aus Bern und kennen uns schon seit fast zehn Jahren. Neben der Arbeit beim «déde» sind wir beide sowohl selbstständig als auch in festen Anstellungsverhältnissen tätig.
Franca: Ich arbeite im Bereich der Retrodigitalisierung, bin gleichzeitig als selbstständige Fotografin tätig und Mutter von drei Kindern.
Raffaela: Ich arbeite in der Integrationsförderung beim Bund. Zusätzlich führe ich mein eigenes Schmucklabel «NANA».
Was ist das «développe derrière» und wie kam es dazu?
Das Fotolabor «déde» haben wir während der Pandemie im Jahr 2020 gegründet und im Februar 2021 eröffnet. «déde» steht kurz für «développe derrière». Unsere Arbeitsplätze befinden sich im «atelier derrière», was ein Gemeinschaftsatelier ist, das Raffaela im Jahr 2018 mit ein paar anderen kreativen Köpfen zur Ausübung ihrer selbständigen Tätigkeit gegründet hat. Franca kam etwas später dazu.
Die Idee vom «développe derrière» entstand während der Pandemie im Jahr 2020, als gleich mehrere Ateliergspänli auszogen und wir vor der Herausforderung standen, die Mietkosten mit reduzierter Besetzung tragen zu müssen. Das Fotolabor «déde» erfüllte sowohl unseren Wunsch nach einem gemeinsamen Projekt und ermöglichte uns zudem, mit den Einnahmen die Ateliermiete zu decken. Das «déde» ist nun fester Bestandteil unseres Ateliers. Es befindet sich im Hinterhof der Monbijoustrasse – daher auch der Name.
Was zeichnet «développe derrière» aus?
Unsere Kernkompetenz liegt natürlich in der Entwicklung und Digitalisierung von Analogfilmen. Besonders gut sind wir mittlerweile aber auch im Lösen von Problemen: Unsere Maschinen sind nicht nur sehr alt, es gibt auch keine Ersatzteile mehr. Entsprechend sind wir immer wieder aufs Neue mit Herausforderungen konfrontiert und gezwungen, Probleme zuerst zu lösen, bevor wir uns wieder dem Tagesgeschäft widmen können. Im Laufe Jahre haben wir uns zu Profis im Improvisieren und Optimieren von Prozessen entwickelt.
«déde» in 3 Worten?
Persönlich, engagiert, transparent.
Was wünscht ihr euch in Sachen Analogfotografie?
Ein Ersatzteillager für unsere Entwicklungsmaschine und den Scanner. Und vielleicht ein Betriebssystem, das neuer als Windows 2000 und trotzdem mit unserem Scanner kompatibel ist.
Was bedeutet es für euch zusammen zu arbeiten?
Das «déde» gäbe es ohne unsere Freundschaft nicht. Und unsere Freundschaft ist durchs «déde» sehr gewachsen. Was uns verbindet, reicht weit über unsere berufliche Zusammenarbeit hinaus. Zusammenzuarbeiten bedeutet für uns in erster Linie die Möglichkeit, Zeit miteinander zu verbringen. Ohne das «déde» würden wir uns nicht halb so oft sehen. Das «déde» ist quasi ein Produkt unserer Freundschaft. Wir sind ein eingespieltes Team, deshalb funktioniert es nur so und nicht anders.
Was ist euer Lieblingsschritt beim Entwickeln von Filmen und warum?
Franca: Am meisten mag ich das Ausfädeln der Filme. Es hat eine beruhigende und fast meditative Wirkung auf mich.
Raffaela: Das Ausfädeln mag ich auch, aus demselben Grund wie Franca. Die Arbeit fürs déde beinhaltet aber nicht nur das Entwickeln und Digitalisieren. Was mich auch stark trägt, sind die wertschätzenden Rückmeldungen unserer Kund:innen. Ab und zu bekommen wir auch Postkarten und Zeichnungen. Sogar einen Teppich mit dem déde-Logo haben wir geschenkt bekommen. Am wenigsten mögen wir es beide, wenn die Entwicklungsmaschine nicht aufhört zu piepsen und eine Fehlermeldung anzeigt. Dieser Fehler muss jeweils zuerst identifiziert werden, bevor wir mit dem Prozess weiterfahren können. Da wir die Maschine aber sehr gut kennen, wissen wir, wie mit solchen Situationen umzugehen ist. In all den Jahren wurde noch nie ein Film beschädigt.
Wie sieht ein ganz normaler Arbeitsalltag im «déde» aus?
Im «déde» gibt es eigentlich keinen typischen Arbeitsalltag, da wir ja noch anderen Verpflichtungen nachgehen und voll ausgelastet sind. Wir teilen uns die Arbeit auf. Am Montagnachmittag haben wir geöffnet, da nimmt Raffaela die Filme entgegen, plaudert mit den Kund*innen, verschickt die digitalisierten Bilder und kümmert sich um alle restlichen administrativen Belangen. Am Dienstagabend widmet sich Franca der Entwicklung und Digitalisierung. Oftmals in Gesellschaft von Raffaela. Den Dienstagabend nutzen wir nicht nur, um über unsere Arbeit zu sprechen, sondern vor allem auch für unseren privaten Austausch. Ab und zu gibts auch ein Glas Wein. Und meist wird es recht spät. Das ist mittlerweile schon fast Tradition.
Welchen Film benutzt ihr selber am meisten?
Kodak Portra 400 und Ilford XP2 Super 400
Wenn ihr nicht Filme entwickelt und scannt, wo verbringt ihr am liebsten eure Zeit in Bern?
Wir beide sind gerne an und in der Aare. Franca ziehts zudem wöchentlich ins Dählhölzli zu den Babysöilis. Raffaela täglich auf ihren Balkon. Wenn wir gemeinsam unterwegs sind, holen wir am liebsten eine Pizza bei «Da Nino» und essen sie im Monbijoupark.
Beschreibt die typische «déde» Besucher*innen in 4 Worten.
Jung, interessiert, aufgeschlossen und wertschätzend.
Analog fotografiert ist ein Trend. Wie geht ihr mit dieser Aussage um?
Das stimmt. Der Grund dafür liegt für viele sicher in der Faszination für die Materialität der fotografischen Prozesse. Aber wohl auch im allgemeinen Bedürfnis nach Entschleunigung. Das ist auch unser Bedürfnis. Deshalb machen wir diesen Trend gerne mit.
Ergänzt den Satz: Liebe Kund*innen bitte...
...gebt uns keine präparierten Filme ab. Also keine Filme, die ihr in einer Filmsuppe gekocht habt. Rückstände von Seife oder anderen zusätzlichen Substanzen machen unsere Chemie kaputt. Dadurch wird es für uns schwierig, unsere Qualitätsstandards aufrechtzuerhalten.
Wie wär’s mal mit...
...einen Gang runterschalten. Die Analogfotografie hilft dabei.
Vielen Dank Raffaela und Franca für das spannende Gespräch.
Als Filmliebhaber*innen sind wir froh, dass es euch gibt. Bis bald.
_
von Leila Ruru Ogbon
am 23.09.2024
Fotos
© Leila Ruru Ogbon für Wie wär's mal mit
Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Wie wär’s mal mit einholen.