«Friendship» Basel: Im Gespräch mit Celeste, Andre, Gogo und Deniz

An der Klybeckstrasse in Basel tummelt sich so einiges, so auch «Friendship», Skateladen und Coiffeursalon in einem. Doch wie kam es dazu? Celeste, Andre, Gogo und Deniz erzählen uns, weshalb sie in der 120-jährigen Liegenschaft sowohl Haare machen als auch Skateutensilien verkaufen.


Liebe Celeste, lieber Andre, Claude aka Gogo und Deniz, wer seid ihr und was bewegt euch im Leben?
Deniz: Ich heisse Deniz Cetiner und bin in der Skateboard- und Punkrock-Szene gross geworden. Diese beiden sind bis heute meine ständigen Begleiter. Mit bald 50 Jahren auf dem Buckel halte ich mich aufgrund alter Verletzungen so gut es geht vom Skaten fern (lacht). Versuche dafür, so viel Zeit wie nur möglich auf meinem Surfboard zu verbringen. Was mich bewegt? Die Kulturen, denen ich mich zugewandt fühle, folgen der Chaos-Theorie, somit ist Stillstand ein seltenes aber umso mehr geschätztes Gut, wenn es mal da ist.

Gogo: Mein Name ist Claude «Gogo» Cetiner. An erster Stelle bewegen mich meine Kids, manchmal auch ohne dass ich das will. Ich skate seit 1989 und deshalb liebe ich Subkulturen wie Skaten, Sprayen, Breakdance und Musik von Punk zu Hip Hop, Singer Songwriter, den «Denner Clan» und «Portland».


Was ist «Friendship» und wie kam es dazu?
Deniz: «Friendship» ist Anfang 2000 von Gogo und mir ins Leben gerufen worden und war nur das logische Ergebnis zwischen

Gogo: «Friendship» ist das, was in meinem Herzen ist und musste geschehen.


Was bedeutet Freundschaft für euch?
Deniz: Freundschaft ist der Moment, wenn du am schönsten Ort der Welt sitzt, genau das isst und trinkst, was du liebst und dich Melancholie überkommt, weil die eine Person fehlt, von der du weisst, dass sie diesen Moment genau so geniessen würde wie du.

Gogo: Freundschaft ist das, was mich dazu bewegt morgens aufzustehen, das Beste aus dem Tag zu machen, egal wie kompliziert die aktuelle Situation auf der ganzen Welt gerade ist. Freundschaft ist, was mich mit Skateboarden und allem was dazu gehört, verbindet, was wohl vor allem lustige Sessions mit Freund*innen ist. Für mich ist auch der Name Friendship pures Skateboarden und die Beziehung zu langjährigen Kund*innen, denen ich die Haare machen darf.


Wie reagieren Menschen auf euer «Friendship»-Konzept, das Skateladen und Coiffeursalon in einem ist?
Deniz: Seit wir in der Klybeckstrasse 84 sind, durchwegs positiv. Ich denke, dass die Leute sehen, dass wir lieben, was wir machen und nur machen, was wir lieben.

Gogo: Teilweise sind sie verwirrt, vor allem die ältere Generation unserer Kund*innen, die teilweise nicht verstehen, weshalb da keine Räder an den Skis für die Strasse dran sind.

Beschreibt eure Kund*innen in 3 Worten.
Deniz: Offene, urbane Menschen.
Gogo: Weltoffen, interessiert, cool.


Was war bisher euer schönstes Erlebnis mit dem Projekt «Friendship»?
Deniz: Die Resonanz unserer Freund*innen und Kund*innen. Der Moment, wenn du nach etwas Blut, Schweiss und auch Tränen ein Bier aufmachst und du dir und deinen Mitstreiter*innen ein Lächeln zuschickst und den Staub aus seinen Augen wischst.

Gogo: Es ist täglich am schönsten, wenn Kund*innen mir zu spüren geben, einen guten Job gemacht zu haben.


Wo in Basel treibt ihr euch am liebsten herum, wenn ihr nicht gerade im «Friendship» seid?
Deniz: Ich persönlich bin viel in der Garage und arbeite an neuen Projekten fürs «Friendship». Das geht von Wasserhähnen reparieren bis zum Bau des neuen Friendship-Mobils, was alte Autos und Motorräder sind. Sonst viel am Rhein und evtuell gibts ja mal wieder ein Konzert im Hirschi oder ne Pizza beim Bowl.

Gogo: Hauptsächlich verbringe ich meine Freizeit bei Portland, am Rhein oder wo auch immer gerade ein paar Freund*innen unterwegs sind.


Was inspiriert euch im Alltag?
Deniz: Das kann vieles sein. Meistens sind es aber kleine Sachen, das Mädchen, das seinen ersten Kickflip steht. Der Typ, der zum ersten Mal seinen selbstgebauten Motor anlässt. Menschen, die an sich glauben und das durchziehen, auch wenn alle sagen, das geht nicht. Geht nicht sollte man aus der Wortschatz aller Menschen streichen.

Gogo: Die Freude und Liebe zum Job, einen Trick beim Skaten zu landen oder wenn jemand nach vielen Versuchen was gestanden hat (was mittlerweile öfters vorkommt als bei mir). Aber vor allem meinen zwei Kids zuzuschauen, wie sie Fortschritte im Leben machen, ist das aller Beste in meinem Leben.


Wovon braucht Basel bzw. die Schweiz mehr, wovon weniger?
Deniz: Die Schweiz braucht wieder mehr Möglichkeiten und weniger Regulierung. Mehr von «Lasst es uns versuchen» und weniger Pessimismus. Wir haben immer mehr Gesetze, verlangen immer  mehr Garantien, dabei auf der Strecke bleibt oft die Kreativität. Es verhindert vieles. Unter anderem das Unternehmertum. Ich möchte Chancen, keine Garantien.

Gogo: Die Schweiz braucht weniger Schickimicki, Rassismus, SVP. Sie braucht viel mehr Toleranz für Fremdes. Freiräume, wo sich Jung wie Alt ohne grosse Bürokratie ausleben können, in dem was sie verwirklichen wollen. Gebt den Leuten Platz für Subkultur, wie legale Graffitis, Orte wo man nach 22 Uhr noch lachen darf, ohne dass die Polizei kommt, und mal einfach so eine Band spielen kann. 


Wenn «Friendship» ein Film wäre, welches Genre wäre es und wer würde die Hauptrolle/n spielen?
Deniz: Okay, der Anfang ist easy, ganz klar ein Roadmovie mit viel Lärm und Gelächter dem Sonnenuntergang am Meer entgegen. Hinter uns zerbrochene Skateboards, Menschen mit coolen Frisuren, verwüstete Clubs und Hotelzimmer, Cops und Vampire, die uns jagen. Ihr beflügelt gerade meine Fantasie, alle Schauspieler*innen, die ich kenne, sind schon tot, Impfgegner*innen oder ihre eigene Eitelkeit verfallen, also lassen wir das doch im Raum stehen. Evtuell ergibt sich ja was in den Kommentaren.

Gogo: Genre? Wahrscheinlich ein Roadmovie von den Coen Brothers, Tarantino und Rodrigues. Der Film ist laut und schnell, wie unsere Skateboards. Leise wie unsere Scheren und blutig wie unsere Stürze. Lustig weil zwei Sturköpfe ein gescheitertes Projekt das zweite Mal starten – wobei es diesmal klappt. Wahrscheinlich sind wir Chuck Norris wegen des Bluts, Henry Rollins wegen des Lärms, die junge Meg Ryan in den 90ern wegen der Haarschnitttrends, Robert Downey Jr. wegen des Falls und Wiederaufstiegs und Robert de Niro, weil er gut ist, in dem, was er tut.

Wie wär’s mal mit... 
Deniz: ...Glaube, Liebe, Hoffnung.

Gogo: ...Jung- und Kleinunternehmen jeglicher Art zu unterstützen, statt der grossen Firmen.



Vielen Dank den Freund*innen Celeste, Andre, Gogo und Deniz für die spannenden Einblicke.


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von Ana Brankovic
am 24.05.2021


Fotos
© Sina Sauro für Wie wär's mal mit


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