Goldfinger Brothers: Im Gespräch mit Janiv und Eres Oron

Feldbergstrasse 138 – zu Besuch bei Janiv und Eres Oron, auch bekannt als Goldfinger Brothers – DJs, Clubmacher, Künstler. Vielseitige Talente, die am Ende der Feldbergstrasse, kurz vor dem Musical-Theater Basel, seit einigen Jahren zusammen mit weiteren Mietern ein Atelier führen. Eres schaut nur kurz rein. In seinem Club Kaschemme im Lehenmatt-Quartier gibt es immer was zu tun. Janiv hat etwas länger Zeit.



Lieber Eres, lieber Janiv, seit acht Jahren seid ihr hier im Atelier an der Feldbergstrasse. Wie hat sich das entwickelt?
Janiv: Eres hatte das Atelier während seinem Studium am Hyperwerk konzipiert. Damals wohnte er ein paar Stockwerke weiter oben, die Räume standen seit einiger Zeit leer. Nach einem Gespräch mit dem Vermieter ging alles schnell – wir renovierten selbst. Inklusive einer eingebauten Küche, die Skater Ramp im unteren Stockwerk folgte später. Nach Eres’ Abschluss am Hyperwerk mieteten sich einige Ehemalige aus dem Institut ein. Der jüngste Zuwachs ist seit zwei Monaten hier. Apropos Küche. Wir machen jeden Tag Mittagstisch, Ämtlis mitinbegriffen. Einer kauft ein, einer kocht, einer macht den Abwasch. Jeder zahlt einmal ein Mittagessen. Das ist praktisch, in der Anzahl geht’s auf. Wir haben auch Vegetarier in der Gemeinschaft, somit ist kein Fleischeinkauf nötig. Die nächsten Tage kann man dann geniessen. Der Mittagstisch ist zudem auch ein ausziehbarer Billardtisch, ab und zu gibt’s ein Match.



Janiv, was läuft gerade bei dir?
Janiv: Ich interpretiere im Augenblick für das Menuhin Festival in Gstaad ein 90-minütiges Stück, die 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven neu. Es ist ein Ertasten, wie gehe ich mit diesem Material um, wie interpretiere ich das zeitgenössisch? Zusammen mit einem Orchester und einer Schulklasse, die dafür eine Choreographie einstudiert.
Da bin ich seit einem halben Jahr dran. Im September wird in Gstaad aufgeführt. In der Kaserne Basel folgt eine Aufführung in Zusammenarbeit mit der Choreographin Beatrice Götz. Urbanes Tanzen trifft auf Zeitgenössisches und auf klassisches Ballett. Kamera und Tänzer werden via Kinect Technik gekoppelt – ihre Körper werden zu Interfaces – sie interpretieren meine komponierte Musik durch ihre Bewegungen, während ich live auf der Bühne spiele. Ein spannendes Projekt.


Wie hast du zur klassischen Musik und diesen Zusammenarbeiten gefunden?
Janiv: Da bin ich mit der Zeit reingerutscht. Mittlerweile sind ein paar Sachen fürs Theater Basel dabei. Vermittlungsprojekte, Förderungen von Klassen und Schülern. Tanzstücke mit Schülern und professionellen Balletttänzern des Theater Basel. Für Jüngere, solche, die dieses Genre vielleicht nicht in erster Linie hören, ergibt sich ein Zugang zu klassischer Musik. Vermittlung und Projekte in dieser Art zu verbinden ist toll. Einige Arbeiten sind Installationen, die ich in Ausstellungen zeigen kann. Das Auflegen bleibt weiterhin, sechs oder sieben Mal im Monat.


Was heisst für dich wohnen an der Feldbergstrasse?
Janiv: Hier hat’s am meisten Frequenzen, im Quartier pulsiert Leben. Der Weg zum Atelier ist für mich keine Strecke, ich wohne gleich um die Ecke. Sehr kurz bis ich Zuhause bin. Das heisst Privat und Arbeit im selben Quartier. Wir wollten nicht um jeden Preis an der Feldbergstrasse sein – das hat sich mit Eres ergeben, der hier wohnte. Das Atelier war eine gute Location, günstig und simpel. Mit dem Grafiker In-house ist es natürlich super. Einer der ehemaligen Mieter ist Kameramann, so sind auch Filme entstanden. Jeder im Atelier hat seine eigenen Aufträge, Arbeiten entstehen aber auch zusammen. Mit der Wohnung an der Feldbergstrasse, das war Zufall. Ich wohnte zuvor im Bachletten-Quartier – das war schon ziemlich cool, eben in punkto Strecke. Aber die Wohnung hier gefällt mir gut. Hat für mich gepasst.



Auswärts essen?
Janiv: Ich kann wirklich wenig aussetzen hier an der Umgebung. Der einzige Störfaktor: kein günstiger Take-Away in der Nähe! Ausser Kebab, Kebab und Kebab. Als Beispiel der indische Take-Away bei der Dreirosen-Brücke: Lecker und günstig! Das Restaurant Wilder Mann hat super Menüs, mit allem Drum und Dran kostet es über Mittag dann schon auch 25, 26 Franken. Für uns lohnt sich das nicht, wir haben ja unseren Mittagstisch. Sultan Saray passt immer prima. Alles gut und recht, abends. Aber zu Businesszeiten…

Ein Michelin Restaurant? Wie das Bon Vivant im Gundeli?
Janiv: Am Claraplatz gab es lange einen kleinen Thai mit Gerichten zwischen 14 und 18 Franken. Der war super, dass der zuging, ist schade. Da ist jetzt auch ein Kebab-Laden.

Essen sonst?
Janiv: Fass oder Boo.

Arbeitsrhythmus?
Janiv: Alles was hier im Studio passiert geschieht meistens zwischen Montag und Mittwoch. Am Donnerstag oder Freitag wechselt es zur Nachtarbeit. Schreibarbeiten hier am Bürotisch. Die Fleissarbeit, die Musik unten im Studio. Wenn ich kreativ arbeite, dann auch bis in die Nacht hinein. Die guten, die schönen Momente sind entweder am Morgen früh oder dann zwischen sechs und elf Uhr Abends.



Wie habt ihr als Goldfinger Brothers angefangen, du und Eres?
Janiv: Mein Bruder hat mein Equipment genutzt als er anfing aufzulegen, aber noch ohne eigenes Equipment. Ich sammelte Platten, irgendwann kam scratchen hinzu. Freunde haben mir Styles gezeigt. Der grosse Moment kam mit „Tempo al Tempo“. Zusammen mit Mimmo (Anm. Mimmo Digità) produzierten wir drei Alben. Ein Rapper aus Italien Namens Fumo war damals auf Durchreise in Basel und für einen Gig auf der Suche nach einem DJ. Es gab ein Casting - Ich war der Jüngste, hatte zu jener Zeit erst sporadisch aufgelegt. Damals, in der Hubub- Bar. Basler kennen das noch. Ich wurde prompt als Tour-DJ engagiert – und gleich ins kalte Wasser geschmissen. Das erste Konzert war in Freiburg. 3000 Leute als Publikum. Mit 21 begann ich Contests und Tourneen zu machen. Wir brauchten einen weiteren Fahrer für die Crew. Eres, gerade 18 – inzwischen eigenes Equipment – besass ebenfalls wie ich einen Führerschein und wurde Teil der Crew. Wir spielten zusammen an Battles – Im Set lief ein Bond Track und es hiess immer: hey, ihr seid doch die mit dem Goldfinger-Cut. So kam das mit den Goldfinger Brothers. Das war 1997, 98.


Was läuft bei Dir Zuhause?
Janiv: SRF 2 Kultur und Rinse.fm am Sonntagnachmittag.

Und abends?
Janiv: Heute bis fünf Uhr morgens auflegen im Singerhaus. Morgen Proben für das Sinfonie-Stück. Auflegen ist immer wieder anders, obwohl es Arbeit ist – dienstleisten, manchmal. Wir spielen nicht den kommerziellen Radio Hip Hop sondern das dazwischen. Das Repertoire ändert sich immer wieder mit den Gigs. Gerne auch Throwbacks und Tracks aus den Neunzigern, Sachen mit denen wir aufgewachsen sind. Konflikte passieren wenn meine künstlerische Arbeit ins Set einfliesst. Aber das gehört dazu, das Experiment. Geht das Publikum darauf ein? Das ist Vermittlung auf dem Dance Floor. Wenn ich jemandem zuhöre, dann auch gerne ein Stück weit nach dem Motto; lern mir was, zeig’ mir etwas. Dann habe ich einen geilen Abend.

Wie wär’s mal mit...
Eres: …dabeisein.




Wir danken Janiv und Eres für das Interview und freuen uns auf goldige Nächte, wenn die Gebrüder ihr musikalisches Fingerspitzengefühl mit tanzfreudigen Baslern teilen.


_
Text und Fotos von Shirin Zaid
am 06.03.2017


Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Wie wär’s mal mit einholen.
Über uns ︎

Menschen
Alltag
Kultur
Schweiz

Impressum

Wie wär’s mal mit
c/o Ana Brankovic
Giessliweg 81
4057 Basel
Schweiz
wiewaersmalmit@gmail.com

Unterstützen ︎

Vereinskonto
CH50 0029 2292 1353 60M1 L