Jacqueline Loekito: Im Gespräch mit der Basler Designerin

Kunstschaffende aller Art beleben Basel, gerade während den Messen ART Basel, LISTE - Art Fair Basel und I Never Read - Art Book Fair Basel. Die Modedesignerin Jacqueline Loekito beweist, dass mit Liebe für die Kunst, alle Arbeit erfreulich sein kann – ob dies nun im Atelier oder Zuhause, an der Hochschule oder bei anderen Projekten, in London oder in Basel geschieht. Was inspiriert die Multitaskerin zu ihren Projekten, sie erzählte uns mehr über sich und die Vorliebe fürs zu Fuss gehen.


Liebe Jacqueline, wer bist du und was machst du in Basel?
Ich, Jacqueline Loekito, bin 31 Jahre alt und arbeite und studiere seit zwei Jahren am Institut Mode-Design der FHNW/HGK. Ich arbeit zwei Tage die Woche als Kommunikationsassistentin für das Masterstudio Design und studiere da Mode am Institut für Integrative Gestaltung. Ich habe diesen Master ausgewählt, da ich später auch unterrichten will und es mir ermöglicht wird mein Label parallel weiterzuentwickeln.
Zudem arbeite ich als Freelancer im Bereich Kostümdesign und als Stylistin, plus ich entwickle gerade ein Magazin für das Masterstudio. Es geschieht viel zur Zeit, aber ich bin am glücklichsten, wenn ich machen kann was ich LIEBE.


Was ist dein Ursprung?
Ich bin in Jakarta, Indonesien, zur Welt gekommen. Mein Vater war Indonesier, meine Mutter englisch. Mit 19 zog ich nach London um Modedesign zu studieren und bei meiner Mutter zu sein. Das Studium dauerte fünf Jahre und ich konnte Berufserfahrung in London und Paris sammeln. Danach entschied ich mich der Liebe wegen nach Basel zu ziehen, aber auch um einen Masterabschluss zu machen. Es ist krass teuer einen Master zu absolvieren in London oder in New York City.


Wie lange interessierst du dich schon für Mode und weshalb hast du dich für das Studienangebot in Basel entschieden?
Meine Liebe für die Mode, würde ich behaupten, entstand als ich mit acht Jahren meine ersten Nähmaschine erhielt. Auch durfte ich meine Eltern immer morgens beim Ankleiden helfen. Seit diesem Moment wusste ich, dass ich Modedesignerin werden will und nichts anderes. Warum ich dieses Institut ausgewählt habe? Ich mag den praktischen Ansatz, die “Doing Fashion”-Attitüde, an die ich selbst glaube und die sich vom britischen System unterscheidet. An diversen Instituten und in unterschiedlichen Städten zu lernen, ist das einzige was meinen Horizont erweitert und einen Perspektivenwechsel bietet.

Erzähl uns die Geschichte deines Zuhauses.
Derzeit lebe ich mit meinem Verlobten in Grossbasel, aber wir sind erst im Mai vor einem Jahr hierher gezogen. Es war schwierig eine Wohnung in Basel zu finden. Es war eine lange Suche. Ich würde gar behaupten unser Haus ist das hässlichste der Strasse, aber innen ist es modern. Vorher lebten wir an der Feldbergstrasse. Ich liebte es sehr, da es so belebt war durch die Restaurants und Bars. Da wo wir jetzt leben ist es ruhiger, eine familienfreundliche Gegend. Auch das mag ich, nur haben wir einen komischen Nachbarn, der spinnt.


Widerspiegelt deine Wohnung dein Lebensstil oder deine Persönlichkeit?
Würde ich nicht sagen, noch nicht vielleicht. Ich kann mir derzeit die Einrichtung, die ich gerne hätte nicht leisten. Aber ich versuche mit meinem Budget trotzdem das Beste herauszuholen. Zum-Mitnehmen-Sachen auf der Strasse sind mein Geheimtipp. Unsere Wohnung ist alles andere als minimal eingerichtet, daran glaub ich nicht, überall stehen Dinge rum und viel Farbe ist zu sehen. Ich versuche es so gemütlich wie möglich herzurichten.

Was sind deine Interessen und wo in deinem Zuhause entdeckt man sie?
Meine Wohnung reflektiert mich durch meine Arbeit, ich hänge Kleider als ‘Kunststücke’an die Wand. Auch mag ich den Gedanken, dass man sein Zuhause als Gallerie nutzen kann. Ich habe ein Zimmer, was ich in ein Atelier umfunktioniert habe, was super ist für mich zum Arbeiten und um Kundschaft zu hause zu empfangen. Ich versuche fair mit Yves, meinem Verlobten, zu sein, somit hat er ebenfalls ein “Zimmer”, wo er mit Freunden rumhängen und Musik hören kann. Das Wohnzimmer habe ich also umfunktioniert in seinen Entspannungsort, sogar mit kleiner Bar damit er seinen teuren Rum geniessen kann.


Was ist der grösste Unterschied zwischen deinem Leben in Basel und in London?
Das Reisen. In London war ich lange unterwegs bis ich auf Arbeit war oder Freunde treffen konnte und es kostete mich immer viel Geld. In Basel ist es einfacher – ich kann mich easy zu Fuss, mit dem Velo oder mit ÖV fortbewegen, ohne dabei zu verarmen. Ich liebe es, dass ich abends ausgehen und danach nach hause laufen kann, einfach himmlisch! Das Einzige was ich wirklich vermisse, sind gute Shoppingmöglichkeiten. Es gibt tolle unabhängige Boutiquen in Basel, aber es schwer etwas Ausgefallenes zu finden. Zum Beispiel suchte ich nach einer pinken Jacke, was einfach unmöglich war zu finden hier. In London hätte ich so etwas im Nu ergattert!

Woran arbeitest du zur Zeit?
Gerade bin ich an Entwerfen meiner neuen Kollektion, übergangslos seit der letzten. Mein aktuelles Masterprojekt behandelt meine persönliche Geschichte – ein Fokus auf meine Beziehung mit meinen Eltern und Geschwistern. Das Projekt ist mir eine Herzensangelegenheit und ermöglicht es meine Vergangenheit aufzuarbeiten und die Gegenwart und Zukunft neu zu betrachten. Dafür möchte ich erstmals mit Film arbeiten, eine Novität, auf die ich mich richtig freue.

Arbeitest du daheim weiter nach der Arbeit am Institut?
Meistens ja, denn ich mache viele Recherchearbeiten von Zuhause aus. Und viele Näharbeiten erledige ich auch da, wenn ich zu faul bin um ins Studio rauszufahren. Die liebste Zeit verbringe ich aber damit ordentlich zu frühstücken oder zu abendessen mit Freunden. Oder sie einfach nur einzuladen auf einen Drink bei uns.


Wie sind deine einzelnen Projekte so?
Ich versuche, seit ich in Basel lebe, jedes Saison eine Show, eine Präsentation oder Ausstellung zu organisieren, denn ich möchte mich den Leuten hier vorstellen. Basel soll erfahren wer ich bin und was ich mache. Ich hatte viel Glück bislang, Menschen kommen und unterstützen mich – gerade dieser Austausch ist mir sehr wichtig. Mit der Zeit erhielt ich Unterstützung vom Magazin form und der TagesWoche, eine Riesenchance, die es mir ermöglichte mein Label langsam zu etablieren hier in Basel. Es ist schwieriger ein Modelabel aufzubauen in London, weil jeder ein Designer ist. Ich hatte die Möglichkeit an einer Fashion Reality TV-Show teilzunehmen in Grossbritannien, wo Rihanna Produzentin war – Styled to Rock UK. Dieses Ereignis half mir dabei etwas mehr Fuss zu fassen und ermöglichte vereinzelte Jobs in Mode- und Kostümdesign.

Wovon lässt du dich inspirieren?
In Basel sind es definitiv die alten Leute, die etwas anders, oder sagen wir individuell, angezogen sind, die mich inspirieren. Oftmals gehen oder essen sie alleine, das reizt mich sie anzusprechen und ihnen zu erzählen, wie unglaublich gutaussehend sie sind. Und wenn ich am Reisen bin, dann bin ich ebenfalls inspiriert von den Eindrücken. Museumsbesuche helfen mir auch meine Energie neu aufzuladen und den Kopf frei zu kriegen.


Wie stellst du dir dein Traumhaus vor?
Mein wahres Traumhaus ist Eltham Palace in London. Meine Oma besuchte es mit mir, als ich zum ersten Mal nach London zog – bis heute schätze ich die schöne Erinnerung an das Herrenhaus. Wenn ich aber mal pensioniert sein sollte, könnte ich mir auch ein Leben auf einer der unberührten Inseln von Indonesien vorstellen.

Du veröffentlichst Lifestylebilder auf Social Media. Was sagen sie aus?
Hmm, ich glaube, dass ich einfach mein Gefühl des Tages festhalte. Oder ich poste etwas zu kommenden Projekten, also eigentlich promote ich meine aktuelle Arbeit. Ich lade eigentlich einfach Bilder hoch – von Dingen die ich mag – ohne gross darüber nachzudenken.

Was nervt dich an der Social Media-Welt?
Meiner Meinung nach ist Social Media super für Leute wie mich, die ein kleines Modelabel haben. Denn es ist möglich günstig sich selbst zu promoten, ohne jemanden für Marketing bezahlen zu müssen. Aber ein Nachteil ist, dass ich mich nun schnell langweile oder uninspiriert fühle, wenn ich Bilder betrachte in Magazinen. Ich sehe so viele Bilder auf Instagram und so häufig, dass das Bild an Wert verliert.

Wie wär’s mal mit…
…einem Besuch beim Electronic Music Festival #Emerging Real am 13.6.2017? Um 22.45 ist meine Performance N°1 - N°4 mit Zøla.



Vielen Dank, Jacqueline Loekito, dass wir Einblicke in deinen hektischen, bunten Alltag erhaschen durften. Ihre Tipps um den Alltag zu meistern: Museumsbesuche um die Batterien aufzuladen, Abende mit Freunden verbringen und den Luxus geniessen, dass man in Basel alles zu Fuss erreichen kann. Auch das Electronic Music Festival #EmergingReal.

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Basel comes alive through its inspirational artists, and its international art fairs. Jacqueline Loekito – fashion designer, freelancer and master student – proves that love for the subject matter makes a busy, creative life turn into a success. We talked to her about fashion, Basel’s study programmes and the joy of being able to get somewhere with just a short walk.


Dear Jacqueline, who are you and what are you doing here in Basel?
I'm Jacqueline Loekito, 31 years old, and for the two years now I’ve been working and studying at the Institute Fashion Design at FHNW/HGK. I work two days a week as a communication assistant for the Master Studio for Design and study as a fashion student as a part of the Master Studio Integrative. I wanted to do this Master’s course so I can teach eventually and yet continue with my own label. Apart from that i also work freelance as a costume designer/stylist and am currently working on a magazine for the Master Studio. There’s a lot happening at the moment but I enjoy doing the things i LOVE.

Where are you originally from?
I was born in Jakarta, Indonesia, to an Indonesian father and an English mother. At the age of 19, I moved to London to study fashion and also to be with my mother. I studied there for five years and had the opportunity to work in London and Paris. I decided to move to Basel for love and also to study my Master’s here as it's ridiculously expensive to join Master’s programme in London or NYC.


Since when have you been interested in fashion design and what made you apply in Basel at HGK?
I would say I’ve loved fashion since I had my first sewing machine at the age of eight and also my parents always asked me to dress them in the morning. From then on I never thought of anything else apart from being a fashion designer. The reason that I picked this institute is because of the "Doing Fashion" practice that I believe in and also it was different from the fashion system I got in UK. For me, collecting knowledge from different institutes and cities really opens my horizon and expands my view.

What is the story of your house?
Currently, I live with my fiancé in Grossbasel and we moved here last year in May. It was quite hard and took a while to find a flat in Basel. I would say the building is the ugliest on the street but the inside is modern. Before we moved here we lived on Feldbergstrasse, which i loved very much, because it was "very alive" with restaurants and bars. Where we are now is quieter and it's more of a family district – which I also like, but I do have a crazy neighbour that is very unpleasant.


Is your house reflecting your lifestyle or personality?
I wouldn't say so – not yet – because I cannot afford all the furniture that I would love to have! So somehow I work around on what I can get with my budget, also finding free stuff on the street is always great. Our flat is totally not minimal as I don't believe in it, so instead there is a lot stuff and lots of colours around and I try to make it as homely as possible.

What are your interests and does your house reflect those?
I can say that my flat is a reflection of me, i hang dresses on the wall as an "art piece" and also I like the idea of a flat as a gallery and not just as a living space. I have a room that I turned into an atelier, which is very convenient for me and for my clients to come visit. I try to be fair with Yves, my fiancé, so he also has a "room" for him to hang out in with his friends and listen to music. So I made the living room into the lads’ hanging out space with a small bar so he can enjoy his expensive rum.


What is the biggest difference between your life in Basel and London?
Travelling. In London, to go to work or just to go out with my friends would take me forever to travel and it cost a lot of money. In Basel, it's so easy to go everywhere by walking, cycling or even by public transport, without costing an arm or a leg. I love the idea of clubbing and walking home – for me this is heaven! The only thing for me personally missing in Basel is a real shopping place. There are good independent boutiques but it's hard to find something a bit more sparkly or different. For example, one time i needed a pink coat and it was impossible to find here. In London I can find everything so easily!

What are your current projects?
I’m working on my new collection, continuously from the previous one. For this Master’s project, I concentrated on my background – it’s about my relationship with my parents and my siblings. It's very close to my heart and also a process of healing from my past for me, and looking forward into the present and future. And for this project, I would like to make a film, which is something that I have never done before and it's really exciting.

Are you working from home after work at HGK?
Most of the time yes, when I need to research more. And most of the time I do my sewing at home, when I'm too lazy to go to the studio at the institute. The rest of the time, I like to have breakfast or dinner with friends or just inviting people over for a drink or two.


Tell us some more about your individual works.
Since I moved to Basel, I tried to make a show, presentation or even an exhibition every season. The reason for that is to introduce myself to people here, so they know more about who I am and what I do. And I'm very lucky that people come and support me – for me this exchange becomes precious. Along the way, I also got support from form magazine and TagesWoche, which is tremendous and helped me build my label slowly but surely up here in Basel. In London to make a fashion label is much harder because everyone is a designer. I did a fashion reality TV show, that was produced by Rihanna, called Styled to Rock UK, this helped me a bit to get some fashion and costume design jobs.

Where do you find your inspiration?
In Basel, old people that dress differently or let's say individually inspire me. Most of the time they walk or eat alone and it really pushes me to go up to them and say how amazing they look. And when I travel, I get inspiration and going to museums really helps to recharge my energy and mind.


What kind of house do you want to have in future?
My only dream home is Eltham Palace in London. My oma took me there when I first moved to London, and it stayed with me until today.
But perhaps when I'm retired, I could see myself living on one of the untouched islands in Indonesia.


You are often taking and uploading your lifestyle photos on social media. What do does reflect?
Hmm, I think I'm capturing my feelings of that day or post about upcoming projects, hence, promoting current work. I basically upload pictures of what I like without thinking a lot about it.


What kind of things annoy you on social media?
I think social media is very great, especially for people like me that have a small fashion label, wanting to promote without paying anyone for marketing. But now, I feel very bored and uninspired when i see images in magazines because I see a lot of images on Instagram and I see them so regularly that they become less meaningful.

How about…
…joining me at Electronic Music Festival #Emerging Real on 13.6.2017, HGK’s summer party during ART Basel, where I’ll be performing at 10.45pm supported by Zøla.



We thank Jacqueline Loekito for offering her insights into establishing a fashion label from the grounds up – and in a new location. Visits to museums, friends’ support and a quick walk home are her useful advice to any multi-tasking person to manage everyday life. We’re looking forward to our walk home from the Electronic Music Festival #EmergingReal.


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von Ahjin Kim
am 05.06.2017

Deutsche Übersetzung sowie
Einleitungs- und Schlusstext von Simone Kuster

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