Kaserne Basel: Im Gespräch mit Musiker Carl Craig
Carl Craig ist Komponist, Künstler und Visionär. Mannigfaltige Kapitel und Inspirationen treffen in seiner Musik und seinen Projekten aufeinander. In der Kaserne Basel trat er mit dem Basler Sinfonieorchester auf. Wie Techno und Klassik zusammenkommen und welche Platte er sich zuletzt gekauft hat? Wir trafen den talentierten Künstler zu einem Gespräch über spannende Klangwelten. (English version see below)
Lieber Carl, du hast mit dem Basler Sinfonieorchester in der Kaserne Basel gespielt. Was öffnete dein Gehör für klassische Musik?
Damals in den 70ern hörte ich die Musik des Jazzpianisten Ramsey Lewis mit Orchesterbegleitung. Oder Musiker wie Yusef Lateef oder Motown Records, die Künstler arbeiteten oft mit einem Orchester zusammen. Ramsey Lewis’ Orchesterversionen von Songs der Beatles haben mich beinahe mehr begeistert als die Originale.
Auf was achtest du während den Proben?
Ich versuche, zu hören und zu spüren, ob die Übersetzung die gleiche Wirkung erzeugt, die sie in mir auslöste, als ich sie damals Zuhause im Keller meiner Mutter oder bei meiner Freundin geschrieben habe. Es ist etwa wie ein Roman zu lesen. In dem Augenblick des Lesens dreht es sich hauptsächlich um die Geschichte. Versucht man die Geschichte zu interpretieren und in ein anderes Format zu bringen, dann gleicht dieser Prozess der Übersetzung meiner Musik in ein klassisches Format. Was das Orchester ausmacht, ist nicht nur das musikalische Wissen der einzelnen Musizierenden und ihre Erfahrungen, sondern auch die Gabe ihre persönlichen Emotionen ins Spielen miteinfliessen zu lassen. Die Herausforderung dabei ist meine Komposition und Gefühle mit dem Spiel und den Emotionen der anderen vierzig Musiker*innen in eine Harmonie zu bringen.
Was macht die Stadt Basel für dich aus?
Nordstern, weil ich für diesen Club schon viel gebucht wurde, meistens leider bedingt meine Agenda am nächsten Tag bereits einen nächsten Stopp. Das Kunstmuseum Basel birgt eine tolle Sammlung, da war ich auch bereits.
Deine erste Erinnerung an Clubs?
Ich war etwa 14 oder 15 und habe meinem Cousin mit dem Licht geholfen. Der erste Event war der «Icebreaker» am College, eine Party, die jährlich im September stattfindet und das erste grosse Fest des neuen Schuljahres ist, da habe ich das erste Mal Scratching gesehen. Im gleichen Jahr war ich das allerste Mal in einem Club namens «Cheeks», wo ich Jeff Mills zum ersten Mal getroffen habe, das war 1984.
Was bedeutet dir bildende Kunst?
Kunst ist das Arbeiten mit einem starken Statement! Das kann Installation, Malerei oder Performance sein. Maler wie Rothko, die sich stringent der Erfahrung der Malerei widmeten. Oder eine aktuelle Installation von Warhol-Bildern bei Dia:Beacon in New York. Ich selber mache auch Soundinstallationen.
Die letzte Platte die du gekauft hast?
Ein Repress des Klassikers «Gemini» (1974) von Marcus Belgrave, das ich selber pressen liess. Eine komplette Neumasterung der Originale, 180gr Vinyl, die die höchste Form von akustischer Klangreinheit darstellen soll. Hergestellt bei Jack Whites Vinyl Factory in Detroit.
Und wir sagen: Wie wär’s mal mit...
...Zuhören und daraus etwas Neues kreieren!
Vielen Dank an Carl Craig für das Interessante Gespräch über Klangwellen, Beats und Streichmelodien.
(English version)
Kaserne Basel: In conversation with musician Carl Craig
Carl Craig is a composer, artist and visionary. A variety of chapters and inspirations come together in his music and projects. He performed with the Basel Symphony Orchestra in the Kaserne Basel. How do techno and classical music come together and which record did he buy last? We met the talented artist for a conversation about exciting sound worlds.
Dear Carl, you played with the symphony orchestra in the Basel barracks. What moment opened the door to classical music?
Way back in the Seventies I heard the sound of a jazz pianist called Ramsey Lewis accompanied by an orchestra. Or musicians like Yusef Lateef or Motown Records – both artists often co-working with an orchestra. Ramsey Lewis’ versions of the Beatles’ songs accompanied by an orchestra excited me almost more than the originals.
On what do you focus during rehearsals?
I try to hear and feel, if the translation produced the same effect it had on me when I wrote it at home in my mother's cellar or with my girlfriend. Like reading a novel. The moment of reading is mainly about the story read. If you try to interpret the story and bring it into another format, then this process is like translating my music into a classic format. What makes an orchestra special is not only the musical knowledge of the individual musicians and their experiences, but also the ability to incorporate their personal emotions into the playing. So my composition and emotion meet their play which is certainly a challenge to bring into harmony.
What do you have in store on the city Basel?
Nordstern because I've been booked a lot by this club. Unfortunately, my agenda requires often a next stop already on the next day. The Kunstmuseum Basel has a great collection, I've visited this place, too.
Your first club experience or memory you hold close to your heart?
At 14 or 15 helping my cousin with lightning. The first event was at the college and was called «Icebreaker», which takes place annually in September and is the first big party of the new school year. That was the first time I've seen scratching. The same year, I was in a club for the first time. It was called «Cheeks» and this was also the first time I met Jeff Mills. That was back in 1984.
What are you looking for in art?
Art means working with a strong statement! That can be anything from installation to painting to performance. Painters like Rothko who devoted themselves stringently to the experience of painting. Or a recent installation of Warhol images at Dia:Beacon in New York, a wave of color in those grand halls.
Latest vinyl you bought?
A repress of the classic «Gemini» (1974) by Marcus Belgrave that I let press myself. A complete remastering of the original, 180g vinyl, the highest form of acoustic sound purity. Made at Jack White's Vinyl Press Plant in Detroit.
And we say: How about...
...listening and creating something new out of it!
Many thanks to Carl Craig for the interesting conversation about sound waves, beats and string melodies.
_
von Shirin Zaid
am 11.11.2019
Korrektorat und Übersetzung: Simone Kuster
Fotos
© Shirin Zaid für Wie wär's mal mit
Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Wie wär’s mal mit einholen.
Carl Craig ist Komponist, Künstler und Visionär. Mannigfaltige Kapitel und Inspirationen treffen in seiner Musik und seinen Projekten aufeinander. In der Kaserne Basel trat er mit dem Basler Sinfonieorchester auf. Wie Techno und Klassik zusammenkommen und welche Platte er sich zuletzt gekauft hat? Wir trafen den talentierten Künstler zu einem Gespräch über spannende Klangwelten. (English version see below)
Lieber Carl, du hast mit dem Basler Sinfonieorchester in der Kaserne Basel gespielt. Was öffnete dein Gehör für klassische Musik?
Damals in den 70ern hörte ich die Musik des Jazzpianisten Ramsey Lewis mit Orchesterbegleitung. Oder Musiker wie Yusef Lateef oder Motown Records, die Künstler arbeiteten oft mit einem Orchester zusammen. Ramsey Lewis’ Orchesterversionen von Songs der Beatles haben mich beinahe mehr begeistert als die Originale.
Auf was achtest du während den Proben?
Ich versuche, zu hören und zu spüren, ob die Übersetzung die gleiche Wirkung erzeugt, die sie in mir auslöste, als ich sie damals Zuhause im Keller meiner Mutter oder bei meiner Freundin geschrieben habe. Es ist etwa wie ein Roman zu lesen. In dem Augenblick des Lesens dreht es sich hauptsächlich um die Geschichte. Versucht man die Geschichte zu interpretieren und in ein anderes Format zu bringen, dann gleicht dieser Prozess der Übersetzung meiner Musik in ein klassisches Format. Was das Orchester ausmacht, ist nicht nur das musikalische Wissen der einzelnen Musizierenden und ihre Erfahrungen, sondern auch die Gabe ihre persönlichen Emotionen ins Spielen miteinfliessen zu lassen. Die Herausforderung dabei ist meine Komposition und Gefühle mit dem Spiel und den Emotionen der anderen vierzig Musiker*innen in eine Harmonie zu bringen.
Was macht die Stadt Basel für dich aus?
Nordstern, weil ich für diesen Club schon viel gebucht wurde, meistens leider bedingt meine Agenda am nächsten Tag bereits einen nächsten Stopp. Das Kunstmuseum Basel birgt eine tolle Sammlung, da war ich auch bereits.
Deine erste Erinnerung an Clubs?
Ich war etwa 14 oder 15 und habe meinem Cousin mit dem Licht geholfen. Der erste Event war der «Icebreaker» am College, eine Party, die jährlich im September stattfindet und das erste grosse Fest des neuen Schuljahres ist, da habe ich das erste Mal Scratching gesehen. Im gleichen Jahr war ich das allerste Mal in einem Club namens «Cheeks», wo ich Jeff Mills zum ersten Mal getroffen habe, das war 1984.
Was bedeutet dir bildende Kunst?
Kunst ist das Arbeiten mit einem starken Statement! Das kann Installation, Malerei oder Performance sein. Maler wie Rothko, die sich stringent der Erfahrung der Malerei widmeten. Oder eine aktuelle Installation von Warhol-Bildern bei Dia:Beacon in New York. Ich selber mache auch Soundinstallationen.
Die letzte Platte die du gekauft hast?
Ein Repress des Klassikers «Gemini» (1974) von Marcus Belgrave, das ich selber pressen liess. Eine komplette Neumasterung der Originale, 180gr Vinyl, die die höchste Form von akustischer Klangreinheit darstellen soll. Hergestellt bei Jack Whites Vinyl Factory in Detroit.
Und wir sagen: Wie wär’s mal mit...
...Zuhören und daraus etwas Neues kreieren!
Vielen Dank an Carl Craig für das Interessante Gespräch über Klangwellen, Beats und Streichmelodien.
(English version)
Kaserne Basel: In conversation with musician Carl Craig
Carl Craig is a composer, artist and visionary. A variety of chapters and inspirations come together in his music and projects. He performed with the Basel Symphony Orchestra in the Kaserne Basel. How do techno and classical music come together and which record did he buy last? We met the talented artist for a conversation about exciting sound worlds.
Dear Carl, you played with the symphony orchestra in the Basel barracks. What moment opened the door to classical music?
Way back in the Seventies I heard the sound of a jazz pianist called Ramsey Lewis accompanied by an orchestra. Or musicians like Yusef Lateef or Motown Records – both artists often co-working with an orchestra. Ramsey Lewis’ versions of the Beatles’ songs accompanied by an orchestra excited me almost more than the originals.
On what do you focus during rehearsals?
I try to hear and feel, if the translation produced the same effect it had on me when I wrote it at home in my mother's cellar or with my girlfriend. Like reading a novel. The moment of reading is mainly about the story read. If you try to interpret the story and bring it into another format, then this process is like translating my music into a classic format. What makes an orchestra special is not only the musical knowledge of the individual musicians and their experiences, but also the ability to incorporate their personal emotions into the playing. So my composition and emotion meet their play which is certainly a challenge to bring into harmony.
What do you have in store on the city Basel?
Nordstern because I've been booked a lot by this club. Unfortunately, my agenda requires often a next stop already on the next day. The Kunstmuseum Basel has a great collection, I've visited this place, too.
Your first club experience or memory you hold close to your heart?
At 14 or 15 helping my cousin with lightning. The first event was at the college and was called «Icebreaker», which takes place annually in September and is the first big party of the new school year. That was the first time I've seen scratching. The same year, I was in a club for the first time. It was called «Cheeks» and this was also the first time I met Jeff Mills. That was back in 1984.
What are you looking for in art?
Art means working with a strong statement! That can be anything from installation to painting to performance. Painters like Rothko who devoted themselves stringently to the experience of painting. Or a recent installation of Warhol images at Dia:Beacon in New York, a wave of color in those grand halls.
Latest vinyl you bought?
A repress of the classic «Gemini» (1974) by Marcus Belgrave that I let press myself. A complete remastering of the original, 180g vinyl, the highest form of acoustic sound purity. Made at Jack White's Vinyl Press Plant in Detroit.
And we say: How about...
...listening and creating something new out of it!
Many thanks to Carl Craig for the interesting conversation about sound waves, beats and string melodies.
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von Shirin Zaid
am 11.11.2019
Korrektorat und Übersetzung: Simone Kuster
Fotos
© Shirin Zaid für Wie wär's mal mit
Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Wie wär’s mal mit einholen.