Manger & Boire: Julia Füzesi und Mathias Thüring im Gespräch

Im Manger & Boire trifft man auf vertraute Gesichter - Gäste sowie Mitarbeiter, die hier ihren Platz in der Welt gefunden haben. Zwei davon, die hier im Gastrobetrieb Stellung halten, sind Julia Füzesi und Mathias Thüring. Ich traf beide zum Gespräch und einem leckeren Mittagessen im Manger. Und dann bestellte Mathias spontan noch eine Flasche Weisswein, wen kümmert schon die Tageszeit - na dann, auf geht's ins locker fröhliche Gespräch unter guten Freunden.


Liebe Julia, lieber Mathias was ist eure Funktion im Manger & Boire und seit wann seid ihr hier angestellt?
Mathias: Wir sind beide seit ungefähr 6 Jahren hier im Manger & Boire im Gastrobereich tätig. Mittlerweile kümmere ich mich hauptsächlich um den Bürokram, helfe aber auch hin und wieder im Service aus. Julia ist hauptsächlich im Service tätig.


Julia: Um Gottes Willen! Mittlerweile schon 6 Jahre, das ist eine lange Zeit. Thomas Jenny, der Geschäftsleiter bei Radio X ist auch Stammgast bei uns. Er sowie weitere Stammgäste haben mich ja sozusagen hier aufwachsen sehen, in meiner Blütezeit von 19 bis 26 Jahren. Das ist schon irgendwie verrückt, ich habe einen Drittel meines Lebens im Manger & Boire verbracht (Lacht).



Wer ist Inhaber des Manger & Boire und seit wann ist es existent?
Mathias: Adrian Bühler ist der Inhaber. Er ist auch Neffe der wohl berühmtesten Schweizer Künstlerin Meret Oppenheim und ist sehr gut im Basler Kulturbereich vernetzt. Das Manger gibt es seit 1996.


Ich erinnere mich an die Zeit, als das ganze Leimentaler Künstlergspänli im Manger & Boire anzutreffen war, damals vor ungefähr 4 Jahren. Immer voll bis auf den letzten Platz und hin und wieder auch Parties mit DJs. Wie sieht's heute aus?
Mathias: Angefangen hat damals alles mit Claude Kleiner, welcher hier im Service gearbeitet hat. Er hat es irgendwie geschafft, dass all die jungen Leute hierher kommen. Daraufhin fingen auch junge Leute an hier zu arbeiten, was frischen Wind und eine positive Eigendynamik brachte, die bis heute anhält.


Davor waren im Manger & Boire vor allem eingesottene, eher ältere Stammgäste. Mittlerweile haben wir Publikum, welches stetig wechselt, von jung bis alt, von Stammgästen zu Neukunden - aber viele der früheren Leimentaler kommen immer noch gerne hierher, vor allem diejenigen, die noch in Basel leben.



Ich weiss noch als ich hier angefangen habe hiess es "Was?! Du arbeitest in dieser Absteige?" Und heute heissts "Ah cool, du arbeitest im Manger & Boire!". Es hat zwar immer noch den Ruf eine Alkibar zu sein, aber wir haben da schon einiges am Image machen können.

Julia: Es ist hier halt immmer wieder ein Thema mit den Stammgästen. Sie sind ein Gewohnheitstier. Wir wollen ja was verändern, innovativ und kreativ bleiben, ohne jemanden auf die Füsse zu treten.

Mathias: Wir müssen uns entwickeln, aber für die Stammgäste fühlt es sich dann immer so an, als würde man in ihrem Wohnzimmer etwas umstellen und in ihre Privatsphäre eingreifen. Basel hat eine der höchsten Beizendichte in der Schweiz, da muss man stets mit der Zeit gehen. Die Jukebox ist bei uns immer ein guter Hotspot, um Leute zu vernetzen. Da wird aber auch mal gerne rumgebrüllt und gepöbelt, wenn jemand einen Song vorreiht (Lacht). Das gehört alles dazu und macht sehr viel Spass.



Apropos Jukebox - eure meistverhassten Songs?
Julia: Oh ja, da gibt es einige. Es sind ja auch immer die gleichen Stammgäste und die wünschen sich von Rolling Stones bis hin zu Peter Gabriel immer wieder die gleichen Songs. Wenn ich die Songs in einem anderen Zusammenhang irgendwo höre, kann ich alle auswendig mitsingen, fast schon erschreckend (Lacht). Aber gewisse Songs hört man auch gerne während der Arbeit.

Mathias: Ich höre da zum Glück garnicht mehr hin.



Wenn ihr das Manger mit einem Song beschreiben müsstet, welcher wäre dies?
Mathias: Muse - Feeling Good

Julia konnte sich zunächst nicht entscheiden. Wir einigten uns auf Money On My Mind von Sam Smith - denn: wer so lange im Gastrobetrieb tätig ist, tut dies aus purer Liebe und nicht des Geldes wegen.



Wie muss man sich die Manger & Boire Gäste vorstellen?
Mathias: Wir bieten allen eine Nische. Hier findet man junge Leute und ältere Leute, die gemeinsam harmonieren. Im Sääli oben haben wir beispielsweise ganz anderes Klientel als unten zum Trinken. Vom Künstler, über Bänker bis hin zum Uniprofessor haben wir hier alles - das ist sehr schön! Ich bin mit fast allen perdu, die regelmässig kommen - man lernt sich hier schliesslich kennen und lieben.
Auch die Kunden untereinander mischen sich. So redet auch mal ein 18 Jähriger mit einem älteren Herren, das ist wunderbar und sorgt für eine einzigartige Stimmung.


Julia: Wir hatten mal eine Reservation von 30 Roche Mitarbeitern im Manger & Boire, die sich allesamt gewohnt waren in geschlossener Gesellschaft zu dinnieren. Da ergab sich für sie jedoch eine ganz eigene, neue Dynamik - sie haben die Jukebox entdeckt, mit anderen Gästen geredet und blieben nicht klassisch untereinander, wie sie es sonst kennen.

Mathias: Bedingt durch die Aneinanderreihung der Sitzgelegenheiten ergeben sich diese spannenden Begegnungen. Es gibt keine zweier Tische, man lernt einander kennen, redet mit neuen Menschen und verabschiedet sich auch, wenn man den Tisch verlässt.

Julia: Und natürlich fördert ab einem gewissen Zeitpunkt auch der Alkohol die lockere Stimmung (Lacht).



Was habt ihr im Manger denn alles so im Sortiment?
Mathias: Die Berliner Kreuzbär Brause haben wir ganz neu im Sortiment - mit Vodka gemischt ist es wärmstens zu empfehlen. Die Geister scheiden sich, was den Geschmack angeht - die einen lieben es, die anderen hassen es. Unter den Mitarbeitern machte es bereits die Runde und alle sollten es mal probiert haben. Es ist eine gute Alternative zu Club Mate.
Wir legen sehr grossen Wert auf Bier und haben auch ein breites, leckeres Angebot - es passt sehr gut zum Beizli Flair. Ansonsten haben wir nur Longdrinks. Das aufwändigste ist hier Amaretto Sour. Wir sind eher eine Bierbeiz als eine Cocktailbar.


Julia: Und lecker essen kann man bei uns obendrein. Es sind immer alle sehr positiv überrascht und kommen gerne wieder. Wir bieten stets saisonale Menüs an. Mittags haben wir zwei Menüs - einmal Fleisch/Fisch und auch Vegetarisches. Unser Küchenchef Pan kümmert sich wöchentlich um die Menükarte. Es wird hier alles hausgemacht ausser die Spaghetti - wer also noch nie bei uns gegessen hat, sollte es mal ausprobieren. Das alles natürlich zu äusserst fairen Preisen. Wir bieten immer am Dienstagabend das BYOB (Bring Your Own Bottle) an - da kann man für einen Zapfpreis von 5CHF seine eigene Flasche Wein zum Abendessen mitbringen.




Statement zum Vegantrend?
Mathias: Wir haben auch immer was für Veganer, auch wenns einfach Pasta ist. Man kann bei uns auch in grösseren Gruppen gegen Pauschale reservieren und Menüwunsche angeben. Der Basler Vegane Stammtisch war beispielsweise auch schon mal hier.


Kunst, Karaoke und Konzerte. Was läuft so im Manger?
Mathias: Bei uns kann man seine Kunst im Sääli oben ausstellen. Adrian Bühler organisiert dies meist, da er viele Leute kennt und gute Kontakte zu Künstlern hat. Zurzeit sind Arbeiten des Fotografen Onorio Mansutti bei uns zu sehen.
Ich habe früher oft Konzerte organisiert, vor allem Rock. Das ergab sich meist in Gesprächen und anhand meiner Kontakte. Wir dürfen nur bis zu einem gewissen Dezibelpegel laut sein, deshalb machen wir nun akustische Konzerte - welche aber sehr gut ankommen und zum Manger passen.


Karaoke haben wir hier auch schon mal gemacht und hatten zuletzt unter anderem Kyle Woolard und Moonshiners zu Besuch - schön war's! Der Eintritt ist immer frei und wir sammeln via Kollekte Geld, welches den Künstlern zugute kommt.

An alle Studierenden: Wir haben auch free WiFi - da kann man gerne auch mal nachmittags bei uns arbeiten. Das Sääli im oberen Geschoss bietet da genug Platz und Ruhe. Im Sommer lohnt es sich hingegen draussen zu sitzen und einen Blick auf die Hausfassade zu werfen - sie steht unter Denkmalschutz und ist wunderschön.



Da tut sich ja einiges bei euch. Auch auf Facebook und Instagram scheint das Manger wiederbelebt worden zu sein.
Mathias: Das stimmt, auf Facebook bin ich wieder ein bisschen aktiver, da erreichen wir wieder mehr Leute. Aber bei all den weiteren Arbeiten, die getan werden müssen, vergisst man gerne mal, den Account aktiv zu halten.

Ich mag die Manger & Boire Jutesack Teambilder von euch, als ihr am Metronomy Konzert in Zürich wart. Wo kriegt man so einen Sack her?
Mathias: Die kann man direkt bei uns beziehen, einfach an der Bar nachfragen.


Ihr scheint auch privat gerne als Team unterwegs zu sein. Was für Menschen arbeiten im Manger und was hält diese zusammen?
Mathias: Wir sind fast alle Quereinsteiger im Servicebereich sowie in der Küche - das macht uns aus und funktioniert gut. Alle stecken sehr viel Liebe und Engagement ins Manger & Boire. Wir unternehmen auch privat sehr viel gemeinsam und sind gute Freunde. Europapark und ein Muse Konzert sind unseren nächsten grösseren Pläne. Es ist eine wunderschöne Stimmung. Wir gehen oft gemeinsam feiern und organisieren hin und wieder Abendessen.

Es ist aber garnicht so einfach Geschäftliches und Privates zu trennen. Einen Freund würde man nicht so zurechtweisen, wie man dies bei der Arbeit teilweise tun muss.

Wir haben aber die richtigen Leute hier. Viele sehen mich als guten Freund, aber ich kann auch mal den Ton angeben und werde ernst genommen, das ist sehr schön. Es ist wichtig eine klare Linie zu haben. Vor allem, weil wir auch in der Freizeit sehr gerne als Gäste im Manger sind - da kann man nicht einfach hinter die Bar gehen und auf einen Namen was bestellen, ohne es aufzuschreiben. Wir sind schliesslich ein Restaurant, welches auch ökonomisch überleben muss. Aber das versteht sich von alleine. Wir setzen uns immer wieder zusammen und besprechen diverse Traktanden - Teamsitzungen und Aussprachen sind sehr wichtig.



Wie schauen die Zukunftspläne aus?
Julia: Wir sind eine Bar, die man vom individuellen Flair her im Kleinbasel erwartet. Eine Künstlerbar, alternativ. Da sind wir hier im Grossbasel wie eine kleine Insel und ein Ausnahmefall - was von vielen unserer Gäste geschätzt wird.

Mathias: Wir sind umgeben von grossen Ketten wie Papa Joes, Mr. Wong oder Mc Donalds. Wir aber sind eigenständig - ein bisschen wie eine Oase im Grossbasel für eine bestimmte Art von Kundschaft. Wir haben uns mittlerweile einen Namen gemacht und stehen für Qualität - so soll es weitergehen.


Wenn das Manger & Boire an einem Samstagabend, wenn alle betrunken sind, eine Farbe wäre, welches wäre dies?
Mathias: Bei meinem Lehrersemi haben sie mir ähnliche Fragen gestellt. Die eine war, was für ein Kleidungsstück ich sei (Lacht).

Julia (zu Mathias): Was hast du geantwortet, ein Tanga? (Lacht)

Mathias (Lacht): Spass beiseite. Aber das Manger wäre ein Regenbogen. Hauptsache kunterbunt gemischt, genau so wie unsere Gäste.

Julia: Man kann das Manger nicht auf eine einzige Farbe reduzieren - dafür ist es zu facettenreich.



Und das Manger als Kleidungsstück (Lacht)?
Mathias: Eine warme Wolldecke.

Wenn das Manger ein Tier im Basler Zolli wäre, welches wäre es?
Mathias: Ein Restaurant kann man nicht als Tier beschreiben..

Julia: Was gibt’s da eigentlich alles für Tiere?

Mathias: War schon lange nicht mehr da, weil man Tiere nicht einsperren sollte und ich deshalb den Zolli nicht mag. Aber das wäre vielleicht die Antwort: Wir sind kein Zollitier, sondern wild und frei.

Julia: Ein Wildpferd (Lacht).


Und zu guter Letzt: Ergänzt den Satz Wie wär’s mal mit
...Manger & Boire!



Herzlichen Dank an Julia und Mathias für ein wunderbares Gespräch, lecker Mittagessen und einen gelungenen Nachmittag im Manger & Boire samt Weisswein, Bier und Appenzeller Shots - eindeutig Wiederholungsbedarf!


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von Ana Brankovic
am 06.04.2015

Fotos
© Oliver Hochstrasser für Wie wär's mal mit

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