«Morris Manser»: Im Gespräch mit dem Modedesigner


Ein «Morris Manser» Kleidungsstück entsteht von A-Z im Atelier von Morris in Basel. Fashion gibt’s wie Sand am Meer, warum also ein eigenes Modelabel gründen? Was der Unterschied zwischen Bekleidung und Mode ist und noch einiges mehr erzählt uns Morris Manser im Gespräch.


Lieber Morris, wer bist du und was ist deine grösste Macke?
Ich bin Morris Manser und werde vom Eigenartigen angezogen.

«Morris Manser» – wie kam es du zu deinem eigenen Modelabel?
Durch meinen natürlichen Drang mich kreativ und handwerklich auszudrücken, entstanden und entstehen laufend Projekte mit visuellem Output. So gründete ich relativ früh eine Art Herkunftsbezeichnung, wie es bei Käse, Wein und anderen Spezialitäten mit Abkürzungen wie DOP, DOC etc. üblich ist. «Morris Manser» bezeichnet somit jeglichen Output meinerseits, kommt in Begleitung einer Arbeit und zeichnet diese als die Meine aus. Mode bestimmt den Grossteil dieser Arbeit.


Erzähl uns mehr über dich.
Eine kurze Übersicht über meine Entwicklung: Ich bin mit meinen beiden Geschwistern aufgewachsen, habe viel Zeit in der Natur und mit der Familie geniessen dürfen. Besuchte das Gymnasium, dann den Vorkurs für Gestaltung und Kunst in Basel. Zwischen Matura und Vorkurs war ich für 300 Tage in der Schweizer Armee, als Führungsstaffelsoldat. Die ganzen zwischenmenschlichen Fragen des visuellen Erscheinungsbildes von Menschen faszinieren mich, so begann ich das Modedesign Studium in Genf an der Haute École d’Art et du Design. Noch vor dem Bachelor arbeitete ich entscheidend an der Spring/Summer 21 Main Collection bei dem Pariser Modelabel Y/PROJECT mit. Im Sommer 2021 habe ich meinen Bachelorabschluss in Modedesign gemacht und arbeite seitdem selbstständig und als Freelancer an Projekten und Produktionen im Bereich Modedesign. Weitere Bereiche, welche meine Arbeit umfassen, sind Kostümbild, Merch-Design, Coaching und Kreative Direktion für Musiker*innen. Momentan arbeite ich an meiner eigenen Modekollektion, welche ich voraussichtlich im Herbst an der Mode Suisse Edition 2022 in Zürich präsentiere.


Wie kommt ein Morris Manser Kleidungsstück zustande?
Ein «Morris Manser» Kleidungsstück wird von A-Z von mir in meinem Atelier in Basel entwickelt. Jedes Kleidungsstück macht einen eigenen Entstehungsprozess durch, aber folgende Schritte sind bei allen dieselben, wenn auch oft in unterschiedlicher Reihenfolge: Idee, Reifung der Idee mit Zeichnungen, Recherche zu Referenzen und Möglichkeiten zur Umsetzung, Impuls der Umsetzung auslöst, Schnittmuster zeichnen, Prototyp 1 nähen, Fitting auf Model und Anpassungen vornehmen, Anpassungen auf Schnittmuster übertragen, Prototyp 2 nähen und fitten, all diese Schritte bis der Schnitt perfekt passt, dann die zweite Recherche zu Details und Materialbearbeitungstechniken, Stoffe und Nähaccessoires organisieren (nahezu alle aus Deadstock-Quellen), Stoff waschen, Stoff zuschneiden, jedes Stoffstück zur Verarbeitung vorbereiten (Einlagen etc.), Nähen, Bügeln.

Was inspiriert dich im Leben?
Mich inspirieren Menschen, die mit einer unermüdlichen Energie und Neugierde leben.

Fashion gibt's wie Sand am Meer. Weshalb braucht die Welt deine Mode? Was macht diese einzigartig?
Fashion gibt es tatsächlich wie Sand am Meer. An dieser Stelle würde ich gerne den Unterschied von Bekleidung und Mode nennen. Mode entsteht aus einem kreativen Konzept und erschafft ein Image, welches viel weiter reicht als das der Kleidung an sich. Meine Arbeit beruht auf tief durchdachten Gedanken und Konzepten. So hat jedes Detail ein Grund so zu sein, wie es ist. Durchdachte Modepraxis ist vergleichbar mit Kunst und besitzt so die Fähigkeit im Menschen Emotionen auszulösen und somit positiv zu beeinflussen. Meine Mode weckt Neugierde und zeigt den Leuten, wie viel mehr in einem Kleidungsstück steckt als auf den ersten Blick sichtbar ist. Der zweite Blick ist jener, der mich interessiert. Dieser passiert oft auch erst später in Gedanken.
 
Beschreibe einen ganz normalen Arbeitstag im Atelier.
Jeder Tag ist anders. Die Arbeit ist sehr abwechslungsreich. Oft beginnt der Tag mit Bügeleisen anstellen, Bialetti Kaffee, 2B Bleistift und Papier. Zeichnen oder auch nur notieren, was heute ansteht. Dann gehts auch schon schnell ans arbeiten. Mittagspause wird draussen verbracht und am Nachmittag wird die begonnene Arbeit fortgesetzt. Musik läuft durchgehend, kein präzises Genre sondern eine umfangreiche Vielfalt. Es kommt oft vor, dass ich die Musik der Art der Arbeit anpasse. Je nach vorhandener Energie wird es 18 Uhr oder 23 Uhr.

Ein lustiges Erlebnis bisher als Modedesigner?
Ich denke auf Nadeln geschlafen haben schon viele, deshalb eine andere Anekdote. Wir waren eine grosse Gruppe, so 20 Personen, ich kannte nur um die 5 Personen. Es wurde nach Sicherheitsnadeln gefragt, solche trage ich stets in meiner linken Hosentasche mit. Drei Personen haben sich gemeldet, Nadeln dabei zu haben. So erfuhr ich von den anderen beiden, dass sie auch Modedesigner sind.


Wenn es etwas vom Himmel regnen könnte was wäre das?
Zeit, denn mehr Zeit verträgt es immer.

Wo in Basel bist du am liebsten und weshalb?
Ich bin sehr gerne in meinem Atelier, im Pizza Point an der Elsässerstrasse und im Gärtli am Rhein, denn dort habe ich meine Ruhe und kann in Gedanken versinken.

Wovon braucht die Schweiz mehr, wovon weniger?
Die Schweiz braucht mehr Durchmischung.
Die Schweiz braucht weniger Stolz.


Wie wär's mal mit…
…Hallo sagen?


Vielen Dank Morris für den spannenden Einblick in sein kreatives Schaffen in Basel.



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von Ana Brankovic
am 11.07.2022

Fotos
© Sina Sauro für Wie wär's mal mit



Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Wie wär’s mal mit einholen.





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