«off planet – soso satellit»: Im Gespräch mit Mahalia Aura Haberthür, Ursina Leutenegger und Vera Mauerhofer

Am unteren Ende der Berner Altstadt, in der Mattenenge 4, befindet sich seit kurzem der Offspace «off planet – soso satellit» als Zwischennutzung und Weiterentwicklung des «soso – suboffice of space operations». Wer und was hinter diesen galaktischen Worten steckt, und was vorher im «off planet» zu finden war, erfahren wir im Gespräch mit Mahalia Aura Haberthür, Ursina Leutenegger und Vera Mauerhofer.


Liebe Mahalia, Ursina und Vera, wer seid ihr und was treibt euch im Leben an?
Vera: Mich treiben Projekte wie «off planet – soso satellit» an, Dinge, die ich umsetzen kann, wie auch mein Studium Kuration an der ZhdK. Kontexte sehen, beobachten, Aspekte herauspicken und diese dann als kleine Argumente zu einer grösseren Geschichte zu verweben, worin Leute involviert sind und Dinge dazu beitragen. Dynamik und die Suche nach Reibung und schöne Resultate, die daraus entstehen, interessieren mich – die Spass machen oder auch schmerzen können.

Mahalia: Das «Soso» und damit der «Off Planet» als temporäre Kulturräume und viele damit einhergehende Möglichkeiten inspirieren mich und geben mir Antrieb. Gleichzeitig auch das «Kapitel» als Plattform für Musik, wo ich arbeite.

Ursina: Ich liebe es, Räume zu schaffen, um Dinge zu ermöglichen – sei dies hier im «Off Planet» oder kleinere Räume, wie mein eigener Garten und allgemein draussen, wo ich werkeln und mit meiner Tochter die Welt entdecken kann. Die Entdeckungsfreude und neue Erlebnisse finde ich immer am schönsten.



Wie kamt ihr zu diesem Projekt? Welche Bedeutung kommt dem Ort zu?
Ursina: Der Raum wurde uns von «Immobilien Stadt Bern» zugespielt und war früher ein Sex Shop. Er wurde zudem 25 Jahre lang von Katrin Dällenbach geführt und das wollen wir als Thematik aufgreifen. Ich wurde persönlich angefragt, ob ich Lust habe, den Raum als Zwischennutzung zu bespielen. Wir haben sofort zugestimmt und dann bald entschieden, dass sich der Fokus auf das Thema Körper richten soll, insbesondere auf den weiblichen Körper. Das Sensuelle des Körpers, der Exzess, sei dies der kranke oder der gesunde Körper, der exaltierte oder der schambehaftete. In welcher From wir das alles zeigen und erfahrbar machen können, daraus wollen wir auch neues Wissen gewinnen.

Vera: Es geht uns auch darum, wie der Körper in der Geschichte wahrgenommen wurde, wie er jetzt wahrgenommen wird und wie in der Zukunft – diese Zeitlichkeit interessiert uns. Dieser Ort dient als Plattform, wo der Körper explizit als Thema verhandelt und besprochen wird.


Was war oder werden eure Highlights sein für diesen Off Space?
Mahalia: Unser Auftakt war bereits ein Highlight, wir hatten eine besondere Bar, die Leute haben dadurch länger im Offspace verweilt. Die Künstlerin Kira Mäder hat unglaublich schöne Bilder für die Eröffnung gemalt. Das bevorstehende «Wellnice» als Aktionstag in der Mitte unserer Nutzungszeit wird bestimmt auch ein Höhepunkt.


Ursina: Wir werden Leute für ca. eine Woche einladen, um den Raum zu bespielen und einen Output zu schaffen, wir fungieren quasi als Labor und Experimentierfeld, um Neues über den eigenen Körper zu erfahren und sich aufeinander einzulassen. «Geteilte Intuition» heisst beispielsweise ein Workshop mit den Künstler*innen Ernestyna Orlowska und Nina Richard.

Vera: Bei unserer letzten Ausstellung «My Endometriosis» mit Malereien von Pascale Eiberle gab es einen Expertentalk mit PD Dr. med. Patrick Imesch und Ursina und Pascale auf dem Podium. Die Gespräche, die dabei entstanden sind, waren sehr schön und inspirierend. Der Diskurs wurde ziemlich schnell sehr persönlich, viele Frauen konnten sich mit der Thematik identifizieren, es entstand ein Gefühl der Verbundenheit. Ich habe das noch nie so unmittelbar in einer Kunstausstellung erlebt. Jedes mal, wenn ich hier bin, merke ich, wie schön es ist, diesen Raum für solche Ereignisse zur Verfügung zu haben, tolle Leute einladen zu dürfen – das ist mein Highlight.


Wenn ihr den Offspace in drei Worten beschreiben solltet, welche wären es?
Ursina: Wollen wir alle ein Wort sagen? (Lacht)

Mahalia: Köper, das ist ein Schlagwort, welches sich durch den ganzen Off Space zieht. Körperlichkeit ist der Begriff, der in jeden Event und jede Ausstellung passt.

Vera: Warm. 

Ursina: Prickelnd. 

Vera: Ich habe noch ein anderes: elastisch.

Wo in Bern verbringt ihr gerne Zeit?
Ursina: An der Aare. Vielleicht etwas kreativer: am liebsten hätte ich ein Sukkulenten-Studio an der Aare.

Vera: Ich verbringe gerne Zeit bei ausgewählten Leuten zu Hause. Das Daheim ist mein neues Wort für «draussen». 

Mahalia: Das Sukkulentenhaus im Botanischen Garten im Winter.

Vera: Ich würde gerne noch öfters zu Leuten nach Hause gehen und auch ihre Arbeitsorte, Ateliers, ihre Studios besuchen.


Wovon braucht die Schweiz mehr, wovon weniger?
Vera: Ich habe Mühe, auszudrücken, was die Schweiz ist und was sie mehr braucht. Mein Handlungsspielraum, mein unmittelbares Umfeld ist für mich «meine Schweiz». 

Ursina: Man kann diese Frage fast nicht losgelöst von der derzeitigen Situation in der Ukraine beantworten. Haltung zeigen, Toleranz und Offenheit – und gleichzeitig nicht immer so «huere-fucking» neutral!

Mahalia: Weniger rumdrucksende Politiker*innen, genau in diesem Zusammenhang. Konkretere Massnahmen, nein, Vorgehen meine ich. Mehr Offenheit und Diversität. In der Bern-Bubble geht es, aber bezogen auf die Schweiz wäre davon mehr wünschenswert.

Vera: Wir brauchen zu all den Begriffen eine starke Haltung, eine konkrete Handlung, Äusserung. Man versteckt sich gerne hinter diffusen und diplomatischen Haltungen.



Wie wärs mal mit?
...mehr Wellnice?


Vielen Dank für das Gespräch Mahalia, Ursina und Vera.


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von Linda Christa Bill
am 28.03.2022

Fotos
© Laura Binggeli für Wie wär's mal mit



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