Kollektiv Eulenspiegel: Im Gespräch mit Timon Wolf, Basil Willi und Tim Gebhardt

«Kollektiv Eulenspiegel» ist ein «Food Lab» aus Basel, dessen Themen sich rund ums Essen drehen. Hinter dem Kollektiv stecken Timon Wolf, Basil Willi und Tim Gebhardt, die uns im Gespräch mehr von ihrer Leidenschaft für Essen erzählen.


Lieber Timon, Tim und Basil, wer seid ihr und was treibt euch im Leben an?
Basil: Ich bin 26 Jahre alt und zurzeit in den letzten Zuckungen meines Molekularbiologie Masterabschlusses. Daneben braue ich seit rund 10 Jahren eigenes Bier und experimentiere gerne auch mit anderen Getränken. Im Moment entstehen gerade meine ersten Met-/Honigwein-Varianten.

Timon: Ich bin 26 Jahre alt und arbeite 80% in einer Kreativagentur. In den übrigbleibenden 20-40% (haha) entwickle ich Gerichte und Geschmäcker in unserem «Food Lab» und organisiere mit dem Kollektiv Eulenspiegel Events rund ums Thema Essen.

Tim: Ich bin 24 Jahre alt und studiere Medienwissenschaften zusammen mit Politik an der Uni Basel. Zugegebenermassen sieht man meine Verbindung zum Kulinarischen nicht auf den ersten Blick, doch über die Jahre habe ich eine heimliche Passion für das Kochen und den Gastrobereich entwickelt. Über den Bruder von Basil habe ich ihn und Timon kennengelernt. Schnell wurde uns klar, dass sich unsere Interessen überschneiden, weshalb wir nun zusammen im Lab tüfteln.



«Kollektiv Eulenspiegel» – was ist das und wer hat dies wann und weshalb gegründet?
Basil: Das «Kollektiv Eulenspiegel» ist eine Gruppe experimentierfreudiger, neugieriger und kreativer Menschen. Wir sind momentan zu dritt, wobei noch drei, vier weitere Leute regelmässig an unseren Ideen und Kreationen mithelfen. Als Firma gibt es uns seit Ende 2021, das Kollektiv ist aber schon länger zusammen unterwegs. Bereits 2014 haben Timon und Basil gemeinsam angefangen Bier zu brauen. Zwar noch nicht als Kollektiv Eulenspiegel, aber das war der Grundstein für alles, was kommen sollte. Der Name Kollektiv Eulenspiegel entstand für ein Projekt, bei welchem wir ein Konzept für den Kiosk am Klybeckplatz entwickelt haben. Leider ergab sich keine Möglichkeit, unseren Plan am Klybeckplatz umzusetzen, aber das hat uns nicht entmutigt. Im Gegenteil! Mit Tim, Timon und Basil hat das Kollektiv die Gelegenheit ergriffen, im Gundeli eine alte Backstube zu übernehmen und zu einem kleinen «Food Lab» umzufunktionieren. Mit temporären Projekten, wie Pop-ups, Workshops und Verkäufen, wollen wir die Foodszene in Basel etwas aufwirbeln.


Weshalb der Name «Eulenspiegel»?
Timon: Till Eulenspiegel war ein reisender Schalk, der immer wieder neue Herausforderungen in seinem Leben suchte. Meistens spielte er den Leuten dabei kleine Streiche. Wir sehen in seiner Persönlichkeit Analogien zu unseren Werten: humorvoll, experimentierfreudig, wanderlustig.

Wie würdet ihr ein «Food Lab» für Laien in 3 treffenden Worten beschreiben?
Basil: Labor, Küche, Magie

Timon: Lebensmittel, Transformation, Geschmack

Tim: Experimentierfreudigkeit, Entwicklung, Kreativität


Was ist das besondere und einzigartige an euren Zutaten und Gerichten?
Timon: Sicherlich einzigartig ist, dass unsere Produkte limitiert sind. Einerseits, weil wir sehr klein sind und nicht die Kapazität haben, grosse Produktionen durchzuführen. Andererseits, weil uns der Gedanke von einem zeitlich limitiertem Angebot gefällt. So können wir uns immer wieder neuen Herausforderungen stellen.

Basil: Wir arbeiten viel mit Fermentation. Diese Technik erlaubt es uns, gewisse Geschmäcker zu intensivieren oder Neue zu erfinden. Dies ist vor allem für vegane oder vegetarische Speisen sehr spannend.

Tim: Ich glaube, dass sich unsere Zutaten vor allem durch ihre Entwicklung und ihre Geschichte auszeichnen. Viel ist über längere Zeit und als Ergebnis vieler Versuche entstanden und machte somit einen einzigartigen Prozess durch. Im Grunde genommen fällt uns zu allen Gerichten eine Entstehungsgeschichte ein, welche es auf ihre Weise speziell macht.


Welche Projekte fanden bereits statt? Und was plant ihr sonst noch in Zukunft?
Timon: Letztes Jahr haben wir gefüllte Pasta produziert und zwei Verkäufe durchgeführt. Dabei haben wir mit regionalen und saisonalen Zutaten und wenn möglich sogar mit Produzent*innen, die wir persönlich kennen, gearbeitet. Der Trüffel in den Topinambur-Trüffel Cappelletti hat zum Beispiel Basils Hund im Riehener Wald gefunden und der Honig für die Kürbis-Honig-Salbei Ravioli stammte von meiner ehemaligen Tennislehrerin und Imkerin Sylvane Guerra.

Tim: Es sind diverse Projekte in der Pipeline. Der nächste Event ist eine Kollaboration mit Astro Fries. Dafür haben wir einen aufwändig produzierten Vegi-Burger entwickelt.  



Wenn ihr etwas vom Himmel regnen lassen könnten, was wäre das?

Tim: Pinke Flamingo-Ballons (lacht).

Basil: Zeit. Zeit ist ein sehr knappes Gut und bei uns in vielen Prozessen ein sehr wichtiger Faktor. Es kann 2 Wochen bis mehrere Monate dauern, bis verschiedene unserer experimentellen Produkte gereift und zur Weiterverarbeitung bereit sind. Würde es Zeit regnen, hätten wir die Möglichkeit, noch soooo viel mehr Dinge auszuprobieren, ohne dabei in Eile zu geraten.

Timon: Ich bin eigentlich schon froh, wenn es genug, aber auch nicht zu viel Wasser vom Himmel regnet. Dann können wir nämlich weiterhin von unseren leckeren, lokalen Lebensmitteln profitieren.


Wo in Basel haltet ihr euch persönlich am liebsten auf?
Timon: Ich bleibe gerne in meinem Wohnquartier, im Kleinbasel. Essen: «Gatto Nero» für eine tolle italienische Überraschung des Tages oder ein paar Häuser weiter ins «La Fourchette» für «shared Plates» im französischen Stil. Abhängen: wenn’s ein Café sein soll, gerne im «Café Flore» und sonst natürlich mit einem Bier am Rhein.

Tim: Am liebsten esse ich zuhause und bereite das Gericht selbst zu. Ich mag die Nähe zu dem, was ich esse. Sollte ich trotzdem auswärts essen gehen, so versuche ich ein Lokal anzuvisieren, welches mir ähnliche Vibes vermitteln kann.



Wovon braucht die Schweiz mehr, wovon weniger?
Timon: Mehr Gemüse und weniger Fleisch. Die Antwort ist zwar etwas heuchlerisch, weil ich selbst Fleisch esse, aber der Weg in Richtung «plant based food» sollte sicherlich gegangen werden.

Basil: Ich würde mir in der Schweiz mehr kleine, kreative und innovative Unternehmen im Bereich Gastronomie wünschen. Der Weg dahin kann mit allen Ämtern und deren Vorschriften aber sehr steinig sein. Ich wünschte mir, es gäbe weniger davon.

Tim: Mir persönlich ist, neben all den tollen Lokalen, welche aufgetaucht sind, eine gewisse Monotonie aufgefallen. Ist, vor allem in Basel, eine neue Pizzeria erschienen, so kamen danach direkt zwei, drei weitere, da es dem Zeitgeist entsprach. Ich würde mir in Zukunft mehr Mut zum Neuen und weniger Orientierung an Bewährtem wünschen.



Wenn «Kollektiv Eulenspiegel» ein Tier wäre, welches wäre es und weshalb?
Basil: Ein Oktopus. Flexibel und anpassungsfähig. Verspielt und neugierig. Immer spannend zu beobachten.

Timon: Die Eule ist zwar in unserem Logo, aber Basil hat recht. Ein Oktopus passt gut.

Tim: Ich schliesse mich den anderen an. Der Oktopus ist ein treffender Vergleich. Ausserdem würde mir ein Schmetterling einfallen, welcher durch Metamorphose zu diesem mutiert ist. Ich glaube, dass das Kollektiv mehrere Erscheinungsformen hat und sich immer weiterentwickelt.


Wie wär’s mal mit...
...einem vegetarischen Quinoa-Tempeh-Burger? Den gibt’s am 7. Februar 2022 zusammen mit den belgischen Fritten von Astro Fries an der Feldbergstasse 72 in Basel.



Vielen Dank Timon, Tim und Basil für die Antworten, da läuft einem das Wasser im Mund zusammen.


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von Ana Brankovic
am 31.01.2022

Fotos
© David Lagerqvist für Wie wär's mal mit



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