HIDDEN: Catherine Iselin und Kostas Maros im Gespräch

Ein Darkroom in Basel, wo sich die Swinger- oder die BDSM-Szene trifft? Ja, sowas gibt's. Doch wie geht's eigentlich an den Orten in der Schweiz zu und her, wo nur ausgewählte Menschen rein dürfen? Viele spannende Orte auf der Welt bleiben den meisten von uns für immer verborgen. Catherine Iselin und Kostas Maros haben sich mit dem HIDDEN Projekt auf die fotografische Reise zu genau diesen Orten in der Schweiz gemacht, zu denen nur wenige Zutritt haben und diese für die Öffentlichkeit in einem Buch und einer Ausstellung festgehalten. Welche Orte dies sind und weshalb sie das Dokumentieren dieser als wichtig empfinden, erfahren wir von ihnen im nachfolgenden Gespräch.



Liebe Catherine, lieber Kostas wer seid ihr und woher kennt ihr euch?
Cat: Ich bin Catherine Iselin, Kuratorin des HIDDEN Projektes. Kostas Maros ist Fotograf und mein Projektpartner bei HIDDEN. Wir haben uns vor 14 Jahren an der Uni kennengelernt. Ich hatte damals frisch angefangen Kunstgeschichte zu studieren und Kostas war einer der „coolen“ Jus-Studis und hat mich und eine Freundin mal zu einer Studentenparty im SUD eingeladen. Es war ein lustig-absurder Abend und seither sind wir befreundet.
Kostas: Ich bin Kostas Maros, freischaffender Fotograf, arbeite unter anderem in den Bereichen Porträt, Editorial und Reportage für schweizerische und ausländische Publikationen. Catherine und ich kennen uns aus tatsächlich schon seit Studienzeiten. Zur Fotografie habe ich dann erst viel später, nach dem Jurastudium und ein paar weiteren Jahren in Anwaltskanzleien und im Versicherungsbereich gefunden.




HIDDEN - worum geht’s bei diesem Projekt?
Kostas: Das Projekt zeigt verborgene Orte, also nicht öffentlich zugängliche oder dem breiten Publikum unbekannte Orte, in der Schweiz. Im Rahmen des Projektes zeigen wir Fotografien von diesen Orten und Porträts von den Personen, die uns den Zugang zu den Räumlichkeiten ermöglicht haben. Gemeinsam haben wir die Orte ein erstes Mal besucht, um sicherzustellen, dass sie in unser Projekt passen. Ein weiteres Mal waren wir vor Ort, um die Räume und die zuständigen Personen zu fotografieren, welche immer vor einem neutralen Hintergrund standen. Zu diesem Zweck habe ich vor Ort jeweils ein kleines Studio-SetUp aufgebaut und bin also ein Jahr lang mit ziemlich beladenem Auto durch die Schweiz gekurvt.
Cat: Dem Projekt HIDDEN liegt der Gedanke zu Grunde, sich mit einem unvoreingenommenen Blick auf ausgewählte, verborgene Orte einzulassen und diesen, durch das Medium der Fotografie eine Sprache zu verleihen. Das Projekt mündet in einer Ausstellung und einer gleichnamigen Publikation. Ich bin die Projektleiterin und meine Aufgabe war, das Projekt zu managen, zu kuratieren und in erster Linie überhaupt zu ermöglichen – zu ermöglichen, dass die Fotografien entstehen können, dass HIDDEN in Form einer Ausstellung realisiert und vermittelt werden kann und zu guter Letzt, dass das Projekt als Buch auch über die Ausstellungsdauer hinaus für die Öffentlichkeit bestehen bleibt. Kurz: mit HIDDEN Kultur zu schaffen.




Weshalb braucht die Schweiz ein Projekt wie HIDDEN?
Kostas: Das Projekt ist aus Interesse an der Thematik entstanden. Wir waren neugierig und sind davon ausgegangen, dass es anderen Menschen auch so ergehen könnte. Mit der Zeit haben wir festgestellt, dass das Projekt in unserem Umfeld auf Interesse stösst, jetzt wurde das Projekt eben mit dem Swiss Photo Award ausgezeichnet. So falsch können wir also nicht gelegen sein.
Cat: Die Schweiz braucht HIDDEN, damit man mehr von der verborgenen Schönheit und der Vielfalt des Landes sieht. Wir sind beide der festen Überzeugung, dass unser Land mehr als nur versteckte Bunker in den Alpen zu bieten hat, in die man nicht reinkommt als „Normalsterblicher“. Es gibt hunderte faszinierende Orte, die man nie zu Gesicht bekommt und ich fand halt, dass einer dorthin müsste und von diesen faszinierenden Schauplätzen berichten und sie sichtbar machen sollte, damit die Magie dieser Orte auch für andere erfahrbar wird.




Welche versteckten Orte durftet ihr in Basel besuchen?
Cat und Kostas: Einen Darkroom, wo sich die Swinger- oder die BDSM-Szene trifft. Weiter durften wir den mehrstöckigen Untergrund des Universitätsspital Basel ins Projekt integrieren und auch in der Reproduktionsmedizin miterleben und festhalten, wo Leben durch künstliche Befruchtung entsteht. Dann durften wir in der Fondation Beyeler das Restaurierungsatelier ablichten, wo Hand an die renommiertesten Kunstwerke der Welt gelegt wird. Auch liess uns das Team der Suchthilfe die Konsumräume einsehen, wo illegale Drogen konsumiert werden. Und zwei Ateliers sind ins Projekt aufgenommen worden: einmal jenes eines Prothesenherstellers (Hueskes Orthopädie) und eines von Rahmenmachern (Rahmenatelier Prendina & Co.), beide sind nicht zugänglich und das Handwerk, das dort im Versteckten von Generation zu Generation überliefert wird, ist unglaublich faszinierend. Weiter hat uns auf dem Bruderholz das SRF seine Tore zum ehemaligen Hörspielstudio geöffnet und im IWB Filter4, der ehemaligen Wasserversorgung der Stadt, fanden wird den verborgenen Ort, in welchem wir auch die Ausstellung „HIDDEN Verborgene Orte“ in der Schweiz am 4. Mai 2018 eröffnen werden.



Wo in Basel geht ihr in eurer Freizeit gerne hin?
Kostas: Ich habe tagsüber nicht allzu viel Zeit zum Chillen. Aber wenn ich Mal Zeit habe, dann gehe ich gerne zu Pierre ins Avant Gouz, ins Café Huckebein oder ins Flore. Zum Essen gehe ich gerne ins goldene Fass, zu Jérôme ins Rhyschänzli, ins Trio oder in die Kunsthalle; auf einen Drink eher ins Nebel, Renée, im Sommer an den Hafen.
Cat: Wenn ich nicht im Museum arbeite, gehe ich tagsüber am liebsten ins Café Huckebein und in die Bäckerei Kult, weil ich dort auch hinter der Theke auf Freunde von mir treffe. Oder ich gehe mit Freunden auf Museumstour, weil Basel der beste Ort dafür ist. Abends schalte ich im Balletttraining von Armando Braswell den Kopf beim Tanzen ab. Für Drinks oder Dinner schaue ich gerne im Rénée, Gatto Nero, Rhyschänzli, Trio, Klara, Ufer7, Nordbahnhof, Zum goldenes Fass, im Parterre/Kerker oder in der KaBar vorbei. Ich mag den Vibe an diesen Orten und kenne auch die Leute dahinter.
Konzerte besuche ich am liebsten in der Kaserne oder in der Kaschemme. Clubbing eher im Elysia, im Viertel oder im Nordstern. Im Sommer bin ich ausschliesslich draussen anzutreffen, irgendwo in der Nähe des Rheins oder auf Openair-Konzerten/Festivals. Ich liebe den Hafen, einen Tag in der Sonne bei der Marina und alles ist gut.




Welcher HIDDEN Ort hat euch persönlich am meisten bewegt?
Cat: Bei mir war es das Hochsicherheitsgefängnis Burgdorf mit seiner rosafarbenen Gefängniszelle. Die Zelle ist aus psychologisch motivierten Gründen damals in der Farbe Rosa gestrichen worden; sie soll zur Beruhigung der Inhaftierten dienen.
Aber es war gar nicht so sehr die Zelle, die mich bewegt hatte, sondern wofür sie stand: nämlich für den humanen Umgang des Gefängnisdirektors Marcel Klee und seines Teams, den sie dort mit den Inhaftierten pflegen. Auch mit den schlimmsten Schwerverbrechern, die weggesperrt waren, wurde dort anständig und respektvoll gesprochen. Darüber hinaus wird im ganzen Gefängnis ohne Einsatz von Waffen gearbeitet. Dass hinter den hohen Gefängnismauern im Verborgenen diese Art von Humanität inmitten von Gewalt und Verbrechen gelebt wird, das hat mich beeindruckt und den Glauben in unsere Gesellschaft aufrechterhalten.
Kostas: Die Frage erinnert mich an eine oft gestellte Frage aus meinem Umfeld, als ich 2013 von einer einjährigen Weltreise zurückkam: Welches Land hat dir den am besten gefallen? Es sind so viele spannende Orte dabei, in ganz unterschiedlichen Bereichen. Aus fotografischer Sicht habe ich auf jeden Fall Präferenzen, zum Beispiel die Kaverne im Jungfraujoch, die Wunderkammer eines Zauberers, gewisse Räume im Opernhaus Zürich. Kommt zur Ausstellung im IWB-Filter ab 4. Mai 2018 und macht euch selbst ein Bild (lacht).




Wer wurde sonst noch in das Projekt involviert und wie?
Cat: Hinter Kostas und mir steht ein ganzes HIDDEN-Projektteam, bestehend aus unseren Freunden Mirjam Baitsch (Kommunikation, PR), Désirée Hess (Eventmanagement), Michael Hunn (Legal), Julia Meyer (Marketing/Sponsoring), Valentin Pauwels (Grafik und Design), Marlen Schultze (Legal/Sponsoring) und Franziska Stegmann (Publikation). Sie alle haben immer an uns geglaubt, uns mit ihrem Können und Wissen unterstützt und uns so viel ihrer wertvollen Zeit geschenkt. Ohne sie wäre ein derart anspruchsvolles Projekt in diesem Umfang nicht möglich gewesen. Aber nicht nur ihnen, sondern auch allen unseren Freunden, Bekannten sowie unseren Familien und Partnern haben wir dafür zu danken, dass sie uns enorm unterstützen, wann und wo immer sie nur können.
Kostas: Auch beim Fotolabor Brügger und Trisul, mit denen ich schon seit Jahren zusammenarbeite sowie bei Oliver Bolanz, Claus Donau und Andrea Bikle vom Christoph Merian Verlag möchten wir uns an dieser Stelle für die grossartige Zusammenarbeit bedanken.




Was würdet ihr nie gemeinsam machen?
Cat: Ein HIDDEN 2 (lacht). Nein im Ernst, für das HIDDEN Projekt haben Kostas und ich über mehrere Jahre sehr intensiv zusammengearbeitet. Es gab Zeiten, in denen ich ihn öfter als meinen eigenen Partner gesehen und gehört hatte. Das schweisst natürlich zusammen, aber manchmal kann es auch sehr anstrengend sein, beruflich so fest aneinandergebunden, und voneinander abhängig zu sein. Deshalb freue ich mich schon jetzt, wenn Kostas und ich nach Ende der Ausstellung wieder mal ein Bier trinken gehen, und das erste Mal einen ganzen Abend nicht über die Arbeit sprechen.



Worauf dürfen wir uns in Zusammenhang mit HIDDEN sonst noch freuen?
Kostas: Im Zusammenhang mit HIDDEN steht in den nächsten Monaten einiges an. In der Photobastei in Zürich werden im Rahmen des Swiss Photo Awards acht Bilder aus der HIDDEN Arbeit gezeigt; das Buch wird an der Vernissage im IWB Filter 4 erhältlich sein. Diesbezüglich freuen wir uns natürlich über Support und hoffen, dass die Leute, die unser Projekt unterstützen wollen, ein Buch kaufen. An der Ausstellung werden zudem 25 grossformatige Fineart Prints in limitierter Edition erhältlich sein. Auch auf das Eventprogramm im Filter4 freuen wir uns besonders.
Cat: Ja, neben der Vernissage gibt es ein facettenreiches Eventprogramm, das inmitten der Ausstellung im IWB Filter 4 stattfinden wird. Vom «HIDDEN Dinner» mit MEYERS Culinarium, über die «VorlesBar goes HIDDEN» Lesungen, einem «Muttertags-Special K: Kunst, Kaffee & Kuchen» mit der Café Bar Huckebein, einem Konzertabend «HIDDEN Collective» mit Musikern der Bands Don’t Kill the Beast, Sheila She Loves You, The Night Is Still Young und Moonpools, der Sendung «X_art: Verborgenes sichtbar machen» mit Radio X bis hin zur Ballettaufführung «HIDDEN Figures» von Armando Braswell ist für alle was dabei. Und ihr vom WWMM-Team macht das Closing des Ausstellungsmonats mit einem Popup Store. Dort gibt es unsere, eure und gemeinsam produzierte Merchandise-Produkte zu ergattern. Während der Ausstellungsdauer im Mai 2018 steigt zudem unsere top secret HIDDEN pARTy mit Euren Lieblings-DJs Night Talk, Michael Berczelly, Heval und Thom Nagy im Filter4. Das Datum ist geheim, Einlass erhält nur, wer eine der begehrten Einladungen vorweisen kann.




Wenn HIDDEN ein Song wäre, welcher wäre es?
Cat: “Under Pressure” von David Bowie & Queen. Sagt eigentlich alles (lacht) und ausserdem ist es mein Handy-Klingelton, den ich während der Projektdauer non-stop klingeln gehört hatte.

Kostas: “Ring-a-Ring O’Roses” von Charlotte Gainsbourg. Dieser Song hat für mich etwas sehr Melancholisches. Ich verbinde ihn mit gewissen “End-of the world-Stimmungen”, die ich vor Ort erlebt habe. Auch wird es einige der 25 verborgenen Orte, die im Projekt enthalten sind, in dieser Form in Zukunft nicht mehr geben.


HIDDEN als 3 Gänge Menü – was ist es und wie schmeckt es?
Cat: Zur Vorspeise ein Pilzsüppchen mit exotischen Edelpilzen aus der verborgenen Edelpilzzucht in Kerns (OW). Dem einzigen Ort in Europa, wo die Zucht seltener asiatischer Pilze gelingt und das Geheimnis dieses Erfolgs wie ein Schatz bewacht wird.
Danach käme ein Hauptgang mit Fleisch aus dem Halal-Schlachthof, den wir fotografieren durften und wo die Tiere noch nach muslimischem Ritus getötet werden.
Und als Abschluss würde ein dekadentes Dessert mit Blattgold serviert, wie man es vielleicht im Dolder Grand Hotel in der Maestro Suite bekommen würde. Ein Ort, den sich nur wenige Menschen leisten können zu betreten, da eine Nacht dort über 14'000 CHF kostet. Wir durften die Maestro Suite im Rahmen des Projektes fotografieren. Das Blattgold auf dem Dessert würde natürlich von Peter Grossenbacher geliefert, ein Schweizer Goldsucher, der uns für HIDDEN die geheimen Orte in der Schweiz gezeigt hatte, an welchen man fündig wird. Und es schmeckt – nach mehr.


Wie wär's mal mit…
Kostas: Unser Projekt supporten und an der Vernissage am Freitag, 4. Mai ab 18.30 Uhr im Filter4 ein Buch kaufen.
Cat: Uns einen weiteren verborgenen Ort nennen, den wir noch nicht kennen.




Wir bedanken uns herzlich bei Catherine und Kostas für die ausführlichen Antworten und freuen uns auf die Ausstellung und das spannende Programm sowie viele weitere Projekte der beiden.


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von Ana Brankovic
am 09.04.2018

Fotos
© Shirin Zaid für Wie wär's mal mit
© Kostas Maros, Basel

Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Wie wär's mal mit bzw. Kostas Maros einholen.
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