«They Performed What They Promised»
Basel: Im Gespräch mit Ness, Saturne, Sebi und Yann
Prostitution, Maischips, t4t, trans* Mystik und $exchanges sind Inspirationsquellen für die Performer*innen Ness, Saturne, Sebi und Yann aus Basel. In ihrem gemeinsamen Debüt «They Performed What They Promised» boten sie gemeinsam beim Container am Hafen Basel im Sommer 2024 eine öffentliche Show. Wo in Basel sie sich am liebsten rumtreiben und was ihre Praxis ausmacht, erzählen sie uns im Gespräch.
English version below
Hey Ness, Saturne, Sebi und Yann, wer seid ihr? Erzählt mir etwas über euch.
Saturne: Ich bin Performer*in mit einem Hintergrund im Ballett und derzeit spezialisiere ich mich auf Stripping und Pole Dance. Meine Forschung konzentriert sich auf das Konzept des Wertes, untersucht transaktionale Dynamiken, Arbeitsvorstellungen und Vergeltung.
Ness: Aus der klassischen Musik kommend, experimentiere ich nun mit neuen Formen des Performens. Meine aktuelle Forschung befasst sich damit, wie ich Musik in Performances neu kontextualisiere und wie Aktivismus mit mythischen Geschichten zusammenhängt.
Yann: Zurzeit interessiere ich mich für die Emotionalitäten des gemeinsamen Tanzens. Einem anderen Menschen einen Tanz anzubieten, sehe ich als eine Form der Fürsorge.
Sebi: Ich bin Künstler*in aus Kanada mit Sitz in Basel. Ich habe viele Jahre lang als Cembalist*in gearbeitet. Heute arbeite ich mit Performance, Text, Video und Malerei.
«They Performed What They Promised» – Worum geht es in der Performance und warum dieser Titel?
Der Titel bezieht sich auf einen Satz, der den Mythos von Iphis und Ianthe abschliesst, den wir in der Performance lose adaptieren: «Iphis erfüllte als Junge, was sie als Mädchen versprach». Es ist zugleich eine Anspielung auf performative Erwartungen in den Welten des Strippings und der klassischen Musik, die wir im Laufe dieses Stücks untersucht haben. In «They Performed What They Promised» befinden sich Iphis und Ianthe irgendwo zwischen vier Bräuten, Loops, Pole Dance, Pergolesi, einem Strip-Club, der Versteigerung von menschlichen Pferden und einer Skulptur des schlafenden Hermaphroditen. Wir bewegen uns spielerisch durch das Publikum, schaffen Dynamiken und navigieren durch Spannungen. Während der gesamten Performance werden Blicke kontrolliert, Erwartungen erfüllt oder gebrochen und Höhepunkte werden hinausgezögert.
Wie seid ihr mit Performance in Berührung gekommen? Wie habt ihr zusammen gefunden?
Bei «They Performed What They Promised» war es das erste Mal, dass wir in dieser Konstellation zusammen aufgetreten sind. Saturne und Yann teilen eine gemeinsame Strip-Praxis und treten zusammen in ihrem Format «Money$exchange» @jin.xclub auf. Sebi und Ness haben sich über ihre frühere gemeinsame musikalische Praxis kennengelernt. Unser Interesse, zusammenzuarbeiten, fand seinen Ursprung in einem gemeinsamen Drang und der Erfahrung, unsere jeweiligen institutionellen und akademischen Praktiken zu dekonstruieren. Wir hatten die Möglichkeit, durch das Förderprogramm des Sparx Studio des Migros-Kulturprozent gemeinsam zu arbeiten und zu forschen.
Was macht ihr sonst so im Leben? Was inspiriert euch?
Prostitution, Maischips, t4t, trans* Mystik und $exchanges.
Öffentlicher Auftritt beim Hafen Container: Wie habt ihr das erlebt? Welche Fragen stellten Passant*innen und Besuchende?
Während der Proben wurden wir mit verschiedenen Reaktionen von Passanten konfrontiert, wobei uns größtenteils Neugier entgegen schlug, während die unterschiedlichen Realitäten und Nutzungen des Raums ständig präsent waren. «Was macht ihr hier? Verkauft ihr diese Dinge? Ist das ein Flohmarkt?» Die meisten Interaktionen blieben jedoch nonverbal, mit neugierigen, verwirrten Blicken. Es war manchmal eine Herausforderung, aber trotzdem hat es Spass gemacht, in und um den Container herum zu arbeiten.
Was liebt ihr an Basel? Wo hängt ihr am liebsten rum und warum dort?
Es ist schwer, unsere Gefühle gegenüber Basel in Worte zu fassen, aber hier eine Auswahl unserer Lieblingsorte: Der Keller von La Perla, Sultan, Johanniterbar Café (um Karten zu spielen und drinnen zu rauchen), Margarethenpark (um die Kühe zu sehen), Schützenmattpark, Friends Bar, Don’t Worry Be Happy Bar.
Wie wär’s mal mit...
...einem freien Palästina, Sudan, Kongo, Kurdistan, Libanon und Jemen
...d em Ende von weißer Vorherrschaft und Imperialismus
...der Entfinanzierung der Polizei
...Respekt gegenüber Sexarbeiter*innen
...Inter$exionalität
Danke Ness, Saturne, Sebi und Yann.
English version
Prostitution, corn chips, t4t, trans* mysticism and $exchanges are sources of inspiration for the performers Ness, Saturne, Sebi and Yann from Basel. In their joint debut “They Performed What They Promised”, they put on a public show together at Container at Basel’s Harbor in summer 2024. In this interview, they tell us where they like to hang out in Basel and what their practice is all about.
Hey Ness, Saturne, Sebi and Yann, who are you? Tell me something about yourselves.
Saturne: I am a performer with a ballet background, currently developing a practice in stripping and pole dancing. My research focuses on the concept of value, exploring transactional dynamics, notions of labor, and retribution.
Ness: Coming from a background in classical music, I am now branching out into experimenting with new forms of performance. My current research centers around recontextualizing how I use music in performances and the relationship between activism and mythical stories.
Yann: At the moment, I am interested in the emotional aspects of dancing together, viewing the act of offering someone a dance as a form of care.
Sebi: I am a Canadian artist based in Basel. I trained and worked as a harpsichordist for many years, but now I work with performance, text, video, and painting.
“They Performed What They Promised” – What is the performance about, and why the title?
The title refers to a sentence concluding the myth of Iphis and Ianthe, which we are loosely adapting in the performance: “Iphis performed as a boy what he promised as a girl.” It also connects to performative expectations in the worlds of stripping and classical music, two areas we explored during the creation of this piece. In “They Performed What They Promised”, Iphis and Ianthe are situated somewhere between four brides, loops, pole dancing, Pergolesi, a strip club, the auctioning of human horses, and a sculpture of the sleeping hermaphrodite. We interact with the audience, playfully creating dynamics and navigating tensions. Throughout the performance, gazes are controlled, expectations are met or disrupted, and climaxes are edged.
How did you get into performance together?
This was the first time we performed together in this specific constellation. Saturne and Yann share a strip practice, performing together under the format “Money$exchange” @jin.xclub. Sebi and Ness met through their former shared musical practice. Our shared interest in working together arose from a mutual desire to deconstruct the institutional and academic practices we had each learned. We were able to work and research together thanks to the Sparx Studio funding program from the Migros Cultural Percentage.
What do you do outside of performing? What drives or inspires you?
Being a whore, corn chips, t4t, trans mysticism, and $exchanges.
Performing in public at the container: What was your experience? What questions did passersby and visitors ask?
While rehearsing, we encountered various reactions from passersby, mostly curiosity, though the clash of different realities and uses of the space was always apparent. “What are you doing? Are you selling these things? Is this a Flohmi (flea market)?” Most interactions remained non-verbal, marked by curious and confused looks. It was sometimes challenging, but still fun to work in and around the container space.
What do you love about Basel? Where do you like to hang out?
It’s hard to put our feelings about Basel into words, but here are some of our favorite spots: The basement of La Perla, Sultan, Johanniterbar Café (for playing cards and smoking inside), Margaretenpark (to see the cows), Schützenmattpark, Friends Bar, Don’t Worry Be Happy Bar.
How about...
...a free Palestine, Sudan, Congo, Kurdistan, Lebanon, and Yemen
...ending white supremacy and imperialism
...defunding the police
...respecting sex workers
...inter$exionality
Thank you Ness, Saturne, Sebi and Yann.
_
von Ana Brankovic
am 14.10.2024
Fotos / Video
© Ana Brankovic für Wie wär's mal mit
Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Wie wär’s mal mit einholen.
English version below
Hey Ness, Saturne, Sebi und Yann, wer seid ihr? Erzählt mir etwas über euch.
Saturne: Ich bin Performer*in mit einem Hintergrund im Ballett und derzeit spezialisiere ich mich auf Stripping und Pole Dance. Meine Forschung konzentriert sich auf das Konzept des Wertes, untersucht transaktionale Dynamiken, Arbeitsvorstellungen und Vergeltung.
Ness: Aus der klassischen Musik kommend, experimentiere ich nun mit neuen Formen des Performens. Meine aktuelle Forschung befasst sich damit, wie ich Musik in Performances neu kontextualisiere und wie Aktivismus mit mythischen Geschichten zusammenhängt.
Yann: Zurzeit interessiere ich mich für die Emotionalitäten des gemeinsamen Tanzens. Einem anderen Menschen einen Tanz anzubieten, sehe ich als eine Form der Fürsorge.
Sebi: Ich bin Künstler*in aus Kanada mit Sitz in Basel. Ich habe viele Jahre lang als Cembalist*in gearbeitet. Heute arbeite ich mit Performance, Text, Video und Malerei.
«They Performed What They Promised» – Worum geht es in der Performance und warum dieser Titel?
Der Titel bezieht sich auf einen Satz, der den Mythos von Iphis und Ianthe abschliesst, den wir in der Performance lose adaptieren: «Iphis erfüllte als Junge, was sie als Mädchen versprach». Es ist zugleich eine Anspielung auf performative Erwartungen in den Welten des Strippings und der klassischen Musik, die wir im Laufe dieses Stücks untersucht haben. In «They Performed What They Promised» befinden sich Iphis und Ianthe irgendwo zwischen vier Bräuten, Loops, Pole Dance, Pergolesi, einem Strip-Club, der Versteigerung von menschlichen Pferden und einer Skulptur des schlafenden Hermaphroditen. Wir bewegen uns spielerisch durch das Publikum, schaffen Dynamiken und navigieren durch Spannungen. Während der gesamten Performance werden Blicke kontrolliert, Erwartungen erfüllt oder gebrochen und Höhepunkte werden hinausgezögert.
Wie seid ihr mit Performance in Berührung gekommen? Wie habt ihr zusammen gefunden?
Bei «They Performed What They Promised» war es das erste Mal, dass wir in dieser Konstellation zusammen aufgetreten sind. Saturne und Yann teilen eine gemeinsame Strip-Praxis und treten zusammen in ihrem Format «Money$exchange» @jin.xclub auf. Sebi und Ness haben sich über ihre frühere gemeinsame musikalische Praxis kennengelernt. Unser Interesse, zusammenzuarbeiten, fand seinen Ursprung in einem gemeinsamen Drang und der Erfahrung, unsere jeweiligen institutionellen und akademischen Praktiken zu dekonstruieren. Wir hatten die Möglichkeit, durch das Förderprogramm des Sparx Studio des Migros-Kulturprozent gemeinsam zu arbeiten und zu forschen.
Was macht ihr sonst so im Leben? Was inspiriert euch?
Prostitution, Maischips, t4t, trans* Mystik und $exchanges.
Öffentlicher Auftritt beim Hafen Container: Wie habt ihr das erlebt? Welche Fragen stellten Passant*innen und Besuchende?
Während der Proben wurden wir mit verschiedenen Reaktionen von Passanten konfrontiert, wobei uns größtenteils Neugier entgegen schlug, während die unterschiedlichen Realitäten und Nutzungen des Raums ständig präsent waren. «Was macht ihr hier? Verkauft ihr diese Dinge? Ist das ein Flohmarkt?» Die meisten Interaktionen blieben jedoch nonverbal, mit neugierigen, verwirrten Blicken. Es war manchmal eine Herausforderung, aber trotzdem hat es Spass gemacht, in und um den Container herum zu arbeiten.
Was liebt ihr an Basel? Wo hängt ihr am liebsten rum und warum dort?
Es ist schwer, unsere Gefühle gegenüber Basel in Worte zu fassen, aber hier eine Auswahl unserer Lieblingsorte: Der Keller von La Perla, Sultan, Johanniterbar Café (um Karten zu spielen und drinnen zu rauchen), Margarethenpark (um die Kühe zu sehen), Schützenmattpark, Friends Bar, Don’t Worry Be Happy Bar.
Wie wär’s mal mit...
...einem freien Palästina, Sudan, Kongo, Kurdistan, Libanon und Jemen
...d em Ende von weißer Vorherrschaft und Imperialismus
...der Entfinanzierung der Polizei
...Respekt gegenüber Sexarbeiter*innen
...Inter$exionalität
Danke Ness, Saturne, Sebi und Yann.
English version
Prostitution, corn chips, t4t, trans* mysticism and $exchanges are sources of inspiration for the performers Ness, Saturne, Sebi and Yann from Basel. In their joint debut “They Performed What They Promised”, they put on a public show together at Container at Basel’s Harbor in summer 2024. In this interview, they tell us where they like to hang out in Basel and what their practice is all about.
Hey Ness, Saturne, Sebi and Yann, who are you? Tell me something about yourselves.
Saturne: I am a performer with a ballet background, currently developing a practice in stripping and pole dancing. My research focuses on the concept of value, exploring transactional dynamics, notions of labor, and retribution.
Ness: Coming from a background in classical music, I am now branching out into experimenting with new forms of performance. My current research centers around recontextualizing how I use music in performances and the relationship between activism and mythical stories.
Yann: At the moment, I am interested in the emotional aspects of dancing together, viewing the act of offering someone a dance as a form of care.
Sebi: I am a Canadian artist based in Basel. I trained and worked as a harpsichordist for many years, but now I work with performance, text, video, and painting.
“They Performed What They Promised” – What is the performance about, and why the title?
The title refers to a sentence concluding the myth of Iphis and Ianthe, which we are loosely adapting in the performance: “Iphis performed as a boy what he promised as a girl.” It also connects to performative expectations in the worlds of stripping and classical music, two areas we explored during the creation of this piece. In “They Performed What They Promised”, Iphis and Ianthe are situated somewhere between four brides, loops, pole dancing, Pergolesi, a strip club, the auctioning of human horses, and a sculpture of the sleeping hermaphrodite. We interact with the audience, playfully creating dynamics and navigating tensions. Throughout the performance, gazes are controlled, expectations are met or disrupted, and climaxes are edged.
How did you get into performance together?
This was the first time we performed together in this specific constellation. Saturne and Yann share a strip practice, performing together under the format “Money$exchange” @jin.xclub. Sebi and Ness met through their former shared musical practice. Our shared interest in working together arose from a mutual desire to deconstruct the institutional and academic practices we had each learned. We were able to work and research together thanks to the Sparx Studio funding program from the Migros Cultural Percentage.
What do you do outside of performing? What drives or inspires you?
Being a whore, corn chips, t4t, trans mysticism, and $exchanges.
Performing in public at the container: What was your experience? What questions did passersby and visitors ask?
While rehearsing, we encountered various reactions from passersby, mostly curiosity, though the clash of different realities and uses of the space was always apparent. “What are you doing? Are you selling these things? Is this a Flohmi (flea market)?” Most interactions remained non-verbal, marked by curious and confused looks. It was sometimes challenging, but still fun to work in and around the container space.
What do you love about Basel? Where do you like to hang out?
It’s hard to put our feelings about Basel into words, but here are some of our favorite spots: The basement of La Perla, Sultan, Johanniterbar Café (for playing cards and smoking inside), Margaretenpark (to see the cows), Schützenmattpark, Friends Bar, Don’t Worry Be Happy Bar.
How about...
...a free Palestine, Sudan, Congo, Kurdistan, Lebanon, and Yemen
...ending white supremacy and imperialism
...defunding the police
...respecting sex workers
...inter$exionality
Thank you Ness, Saturne, Sebi and Yann.
_
von Ana Brankovic
am 14.10.2024
Fotos / Video
© Ana Brankovic für Wie wär's mal mit
Wer die Bilder weiterverwenden möchte, muss sich die Rechte bei Wie wär’s mal mit einholen.