Skvader: Im Gespräch mit Florian Wicki

Florian Wicki ist ein Umsteiger. Der Koch hat sich zum Kaffee-Experten umschulen lassen. Sein Fachgebiet ist kalter Kaffee, d.h. kalt gebrauter Kaffee, den er zu einer Limonade weiterverarbeitet. Er arbeitet seit vielen Jahren in der Speciality Coffee-Szene, die sich inzwischen zu einer Industrie entwickelt hat – in welcher schweizweit auch gerade Basel eine nicht unbedeutende Rolle spielt – und eine besondere Nische im Kaffee-Markt bedient. Florian trägt einen Man-Bun, ein Hawaiihemd und Chinos und sitzt mit ein paar Leuten vor dem Café Frühling. Wir gehen in den Raum nebenan dem Café Frühling (ehem. Kosmos), da das Nachbarhaus des Cafés gerade kernsaniert und daher von Lärm durchdrungen wird. Florian hat mit seiner Kaffee-Limonade skvader ein Produkt geschaffen, das über den Kaffee-Markt hinaus in der Bar-Szene sowie als koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk beliebt ist.


Lieber Florian, wer und was ist skvader und wie bist du darauf gekommen?
skvader ist ein Cold Brew basierte Limonade oder Tonic, es ist ein Einzelunternehmen, also eigentlich ich, und eine Herzensangelegenheit, d.h. die Verkörperung, die logische Konsequenz, die sich bei mir in den letzten 5 Jahren bei mir abgezeichnet hat. Angefangen beim Koch, habe ich mich im Lebensmittelbereich zum Barista umschulen lassen und arbeite seit dann im Café Frühling. Und da kam der Wunsch auf, etwas Eigenes in Zusammenhang mit Kaffee zu machen. So ist skvader entstanden.

Was ist ein skvader und weshalb dieser Name?
Ein skvader ist das Fabelwesen, das auf der Flasche zu sehen ist. Es ist ein geflügelter Hase, ein Wesen aus der schwedischen Fabelwelt. Es ist halb Auerhahn, halb Hase. Bei der Namensfindung wollte ich den hybriden Charakter des Mischgetränkes wiederspiegeln; Kaffee und Tonic, aus zwei wird eins. Insofern ist es eine Versinnbildlichung dieser Idee. Zudem wollte ich mit einer Illustration arbeiten, damit das Layout des Getränkes anders als herkömmliche Etiketten wird. Der skvader soll einen Wiedererkennungswert schaffen und die scheint zu funktionieren, denn das Getränk wurde auch schon als «Hasengetränk» bezeichnet!



Kaffee ist ein Genussgetränk und steht auf praktisch jeder Getränkekarte. Weshalb damit experimentieren, weshalb braucht es «etwas Neues»?
Ja genau deshalb! Kaffee wird weltweit konsumiert, es ist das zweit häufigste gehandelte Gut, volumenmässig, nicht umsatzmässig, also es ist ein Produkt, das auf der ganzen Welt bekannt ist und praktisch jeder ist schon in irgendeiner Form damit in Kontakt gekommen. Darin sehe ich sein Potenzial: wir kennen nur einen minimalen Teil des Kaffees, nur wenige Möglichkeiten des Kaffeegenusses. Leute, die regelmässig Kaffee konsumieren trinken Espresso oder Cappuccino. Die wenigsten sind sich bewusst, dass Kaffee viel mehr ist als das. Je nach Herkunft schmeckt Kaffee anders, je nach Aufbereitung oder Röstung unterscheiden sich die Geschmäcker. Die ganze Wertschöpfungskette des Kaffees besticht durch ihre vielseitige Möglichkeit der Einflussnahme. Das hat mich immer fasziniert. Und mit skvader versuche ich, auf diese Vielseitigkeit hinzuweisen. Kaffee ist weit mehr als Crème und Espresso; bei fachgerechter Zubereitung kann Kaffee weitaus unkonventionellere und interessantere Formen annehmen und damit überraschen. Meine Motivation war, mit einem Produkt zu überraschen und zu zeigen, dass es auch anders schmecken kann.


skvader ist ein Start-up. Wie sieht dein Alltag aus?
Ich arbeite immer noch 60% im Café Frühling. Und das ist auch gut so, weil es mir eine gewisse Sicherheit -auch finanziell – gibt und mir die Freiheit gibt, ein solches Nischenprodukt anzugehen. skvader ist nicht das nächste Cola, weshalb ich gerne noch im Frühling arbeite. Die anderen 40% oder 80% ist skvader, d.h. alles, was ein Unternehmen verlangt. Dann liefere ich die Getränke aus, im Raum Basel mache ich das mit dem Lastenvelo. Dann auch Neukunden-Akquise, das beinhaltet auch Präsenz an Messen, oder Marketing und Social Media. Und dann die ganze Produktion: es sind 180 Kilogramm, die geröstet und gemahlen werden müssen, also mit Kleingeräten stösst man bei solchen Mengen schnell mal an die Grenzen. Und dieser Muss dann gebraut und abgefüllt werden. Ich produziere in Winterthur, was wiederum mehr logistischer Aufwand bzgl. Disposition und Lager für mich bedeutet.


Du hast skvader erfunden. Bist du ein Erfinder?
Ich würde mich nicht als Erfinder bezeichnen, grundsätzlich ist die Idee nämlich nicht neu, also Kaffee – genau genommen Cold Brew [kalt gebrauter Kaffee] – und Tonic zu mischen. Diese Getränke haben mich auf die Idee gebracht, ein solche Produkt herzustellen und bei mir einen eigenen Tüftelvorgang losgetreten. Die Entwicklung hat sich also nicht um die Kombination per se, sondern eher die Finessen gedreht. Und dann hat sich herausgestellt, dass das Getränk gut funktionierte! Vor allem wollte ich das Getränk aus der Kaffeeszene rausholen und in einem breiteren Segment bekannt machen, denn bis dahin waren es die fancy Coffee-Shops diejenigen, die das Getränk in ihrem Sortiment hatten, denn sie boten auch Cold Brew an. Die ganze Bar-Szene war aber noch nicht erschöpftes Terrain, denn auch da ist der Kaffee-Trend angekommen. Insofern habe ich beabsichtigt, Bars und Cafés zu beliefern, die nicht die Zeit oder die Expertise haben, selber einen Cold Brew herzustellen.

Wieviele Skavders trinkst du am Tag?
Den Tageskonsum kann ich nicht beziffern, aber dafür, dass ich schon viel davon degustieren durfte, trinke ich verhältnismässig noch viel ;). Bei mir sind es vielleicht so zwei bis drei in der Woche. Und das immer noch mit vollem Genuss! Mir gefällt dabei, dass es super als erfrischendes «Tagesgetränk» funktioniert, aber am Abend auch mit etwas gemischt werden kann. Ich trinke sehr viele Variationen davon ☺!

Was ist dein Lieblingsgetränk – Kaffee zählt nicht ;)..!
Abgesehen von Kaffee – schwierig – ich glaube, es ist wahrscheinlich schon Bier...! Ein gutes, handgemachtes Pale Ale oder ein Sauerbier.

Beschreibe den typische skvader-Kunden; wer sollte dieses Getränk mal ausprobieren?
Ich muss zugeben, man stolpert des Öfteren über seine eigenen Vorurteile. Das habe ich vor allem bei Messen gemerkt, wenn Leute an den Stand kommen, wo ich direkt denke: «Ich glaube, das wird nichts.» Ein Erlebnis, das mir geblieben ist – ich kann mich erinnern, dass es eine Mutter mit ihrer Tochter war, wobei die Tochter auch schon 60 war und die Mutter entsprechend älter – und ich dachte von Vornherein, dass es diesmal nicht einfach würde. Und dann fanden sie das Getränk grossartig! Natürlich setzt skvader voraus, dass man ihm mit einer gewissen Offenheit und Neugierde begegnet und Neues zulassen will. Man kennt das vom Essen: wenn ein Gemüse oder ein Gericht mit verbundenen Augen serviert wird, dann schmeckt man oft nicht, worum es sich dabei handelt. Man kann das Essen nicht einordnen. skvader ruft dasselbe hervor: ich habe oft beobachtet, dass viele Leute sich nichts darunter vorstellen können und das ist eine Chance wie auch eine Herausforderung, weil der Effekt bei der Kundschaft bleibt. Ist es nun Kaffee? Ist es Tonic? Ist es sauer, bitter oder süss? Und deshalb braucht es oft wenige Schlucke, bis man sich daran gewöhnt hat. Diese Angewöhnung und Verarbeitung der Geschmäcker sieht man im Gesicht! Bei einer Degustation hatte ich mal das eindrückliche Erlebnis, dass ein Mann das Getränk mit «wäh» kommentierte – für ehrliches Feedback bin ich immer dankbar! – und dann hat auch seine Freundin noch probiert und er wollte dann doch auch nochmal einen Schluck nehmen und schliesslich kam er zurück und hat gefragt, ob er noch mal davon trinken dürfe ☺! Ich glaube, da passiert was im Gaumen, das Zeit braucht und das ist spannend, zu beobachten!

Wer sollte das Getränk mal ausprobieren?
Alle, von der Oma bis zum jungen Hipster!



Du kommst aus dem schönen Baselbiet. Was hat dich in die Stadt gezogen?
Der Job! Ich habe als Koch gearbeitet und habe dann eine Stelle in Basel erhalten und während der Zimmerstunde bin ich dann entweder in der Stadt rumgehangen oder eben nach Hause gefahren. Da das nur bedingt Spass bereitet hat, habe ich mir dann eine Wohnung in Basel gesucht und seither bin ich hier! Ich wäre wohl früher oder später sowieso nach Basel gezogen.

In welchen Quartieren bewegst du dich; wo kaufst du ein, wo gehst du aus? Wo treibst du dich abends rum? Wo gefällt es einem skvader in Basel?
Da ich im Matthäusquartier und im Klybeck wohne, sind das schon meine Hoods. Es ist mein Daheim, hier fühle ich mich wohl! Es ist ein melting pot der Stadt Basel, es gibt viele spannende Projekte, ein vielseitiges kulinarisches Angebot, die Rheinnähe, die es ausmacht. Aber ich bin auch mal im Sankt Johann, sogar im Gundeli, manchmal ;)... Aber hier bin ich am meisten anzutreffen. Zum Beispiel der Coop am Wiesenplatz ist der entspannteste in ganz Basel! Da gibt es zwar die kleinste Bio-Abteilung von ganz Basel, aber da kann man am Morgen verkatert und mit Trainer-Hosen einkaufen gehen und man fällt nicht auf! Das ist wunderbar. Im Sommer zieht es mich an Hafen, am Rhein, ich bin viel und gerne draussen im Sommer, dann z.B. bei der Marina oder der Landestelle. Dann feiere ich zurzeit den Mezze-Teller der Döner Factory, aber gehe auch ins La Fourchette oder bin im Gatto Nero anzutreffen. Und ein weiterer meiner Lieblingsspots ist: Kulturbeiz 113 im Sud, sehr gemütlich mit fantastischer Aussicht! Ein Lieblingsspot, obwohl ich gar nicht so oft da bin, leider.


Was wünschst du dir für Basel, was gibt es noch nicht?
Ich bin sehr genügsam, eigentlich, und rundum zufrieden. Verglichen mit bspw. Zürich ist das kulinarische Angebot weniger vielseitig und divers hier in Basel, vor allem im günstigeren Preissegment. Ich finde es schade um die Location, wenn ein neues Lokal mit dem x. Dönerspiess eröffnet. Gibt es sonst nichts Anderes, was man hier in Basel zeigen könnte? Will sonst niemand in Basel seine Küche bekannt machen? Auf der anderen Seite braucht es ja nicht alles in Basel.

Ich wünsche mir jedoch verständnisvollere Anwohner, mehr Freiraum für das Leben auf der Strasse; ich hoffe, dass aus dem Klybeck-Quartiert etwas Cooles wird, auch in Zusammenarbeit mit den Anwohnern und den Mitgestaltenden! Ich sehe darin eine riesen Chance, dass ein neues Quartier entsteht, dass öffentlicher Raum belebt und bespielt werden kann! Es soll gemeinsam etwas Neues, Tolles entstehen, das wünsche ich mir.

Wenn du eine Frucht wärst, welche wäre das?
Ich wäre gerne eine Tomate, die ist erst grün, dann reift sie und wird rot und saftig und vollmundig. 

Hättest du sofort die Möglichkeit zu verreisen, wohin würde die Reise gehen?
Entweder würde ich nach Vietnam essen gehen, oder dann in das ländliche Frankreich nach Südfrankreich oder in die Normandie in die Wildnis.

Welche Musik läuft bei dir gerade rauf und runter?
Anderson .Paak z.B. das Album Malibu


Was hast du für die Zukunft geplant? Wird skvader bald flügge?
Ich hoffe, skvader ist schon flügge! Hey, ja, ich habe schon noch ein paar Sachen geplant, hülle mich diesbezüglich aber auch gerne in Schweigen. Es hat im Herbst letzten Jahres eine Sortiment-Erweiterung gegeben: ich habe die Limonade mit einem Kaffee-Likör erweitert. Ich bin an neuen Produkten dran, und die wird es in naher Zukunft geben. Bis dahin müsst ihr euch noch etwas gedulden... for more information please visit: www.skvader.ch ;)!

Wie wär's mal mit...
...dem jährlichen Nackt-Rheinschwimmen?



Ein herzliches Dankeschön an Florian für die genussreichen Einsichten und spannenden Ausführungen, dass kalter Kaffee mehr als nur ein abgestandenes Getränk ist und wünschen einen heissen und kaffeelimonadenstarken Sommer!


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von Judith Nyfeler
am 01.04.2019

Fotos
© Caroline Hancox für Wie wär's mal mit

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