«zur Wand» Basel: Im Gespräch mit Tyra Wigg
«zur Wand» ist ein Schauraum vom unabhängigen, gemeinnützigen Verein wiewaersmalmit.ch an der Andlauerstrasse 2 in 4057 Basel. Der Raum ist ein interdisziplinärer Safe Space für diverse Menschen und offenen Austausch. Wir sprachen mit Künstlerin Tyra Wigg, die ihre Performance «middletime» im Mai 2021 als Schweizer Premiere im Raum aufführte.


Liebe Tyra, wer bist du und wie kamst du «zur Wand»?
Dear Tyra, who are you and how were you involved at “zur Wand”?

Liebes Team «Wie wär's mal mit», ich bin eine Künstlerin in meinen frühen 30ern, die von Stockholm nach Basel gezogen ist, um näher bei meiner*em Liebes–freund*in zu sein. Ich habe einen Hintergrund in Tanz, Choreographie, Performance und etwas Schauspiel. Ständig erforsche ich, wie diese Medien mit Fragen umgehen können, die in mir und um mich herum verweilen. Eine Frage, die mich beschäftigt, ist, wie sich darstellende Kunst und Pflegearbeit zueinander verhalten und sich gegenseitig befruchten können – ein Thema, auf das ich vor kurzem während eines von Inga Gerner Nielsen und Klara Utke Acs in Dänemark organisierten Symposiums aufmerksam wurde. Derzeit bekomme ich auch viel neuen Input für meine Arbeit im Rahmen des Master in Expanded Theatre an der HKB in Bern, und im kommenden Herbst werde ich in den Master in Contemporary Arts Practice (CAP), ebenfalls an der HKB, wechseln. Außerdem bin ich gerade dabei, ein neues Stück für die Bühne mit dem Titel «Physical Empathy» zu entwickeln, das im Januar 2022 im Theater Roxy seine Schweizer Premiere haben wird Es waren meine Freund*innen von «hiver collective», die mich eingeladen haben, mein Solo «middle time» bei ihrem dreitägigen Event «Amanhã» bei «zur Wand» aufzuführen. Es war eine herzerwärmende Erfahrung, neues Publikum in meiner neuen Heimatstadt zu treffen, und ich liebte es, wie die grossen Fenster zur Strasse hin zufällig vorbeikommende Passant*innen einluden, stehen zu bleiben und das Stück zu erleben.


Dear “Wie wär’s mal mit” I am an artist in my early 30’s who has moved from Stockholm to Basel to be closer to my swiss love-friend. I have my background in dance, choreography, performance and some acting, and I am continuously exploring how these mediums can deal with questions that are lingering within and around me. One question that I am absorbed by is how performing arts and care work relates to and can cross feed each other – a topic that I recently got in further touch with during a symposium organized in Denmark by Inga Gerner Nielsen and Klara Utke Acs.
Currently I am also getting a lot of new input to my work within the Master in Expanded Theatre at HKB in Bern, and in the coming autumn I will move to the Master in Contemporary Arts Practice (CAP), also at HKB. I am also in the process of creating a new piece for stage called “Physical Empathy”, which will have its Swiss premiere at Theater Roxy in January 2022. It was my friends in “hiver collective” who invited me to perform my solo “middle time” at their three-day event “Amanhã” at “zur Wand”. It was a heart-warming experience to meet new audience in my new hometown, and I loved how the big windows towards the street invited random by passers to stop and experience the piece.

Was inspiriert dich?
What inspires you?

Der sensorische Input, den ich von meinem und den Körpern von anderen bekomme – etwas, von dem ich in meinem Nebenjob als Massagetherapeutin besonders viel bekomme. Bei meiner Haupttanzpraxis höre ich darauf, wie sich mein Körper in sich selbst anfühlt und wenn er von äusseren Elementen wie der Haut anderer Menschen, der ihn umgebenden Architektur oder dem Stoff meiner Kleidung berührt wird. Ich lasse diese Empfindungen in Bewegung in Raum und Zeit übergehen, die ich durch das Setzen verschiedener Partituren und Intentionen modifizieren kann.
Ich bin auch begeistert von dem Potenzial der Sprache, die körperliche Empfindungen hervorrufen kann. Verbale Sprache ist ein wiederkehrendes Element in meinen Performances als Werkzeug, um in die Selbstwahrnehmung des Publikums einzudringen und diesee zu verändern. Der Wunsch, ein erhöhtes sensorisches Bewusstsein in meinem Publikum hervorzurufen, ähnlich wie eine Massagebehandlung körperliche Präsenz und Transformation bietet, durchdringt alle meine Arbeiten. Seit Beginn der Covid-Pandemie entwickle ich eine Eins-zu-Eins-Performance namens «Phone Massage», bei der ich Dialoge, verbale Bilder, Zeichnungen und analoge Klangeffekte verwende, um eine physische Verbindung mit Empfänger*innen auf der anderen Seite der Telefonleitung zu aktivieren. Was als Experiment begann, wie man eine Massage ohne Kontaminationsrisiko anbieten kann, entfaltete sich zu einer Synthese aus sensorischer und ästhetischer Erfahrung, bei der sich körperliche Empfindungen, Formen, Farben, Texturen und Bewegungen gegenseitig befreien.



The sensorial input that I get from mine and others’ bodies – something that I get extra much of in my side job as a massage therapist. My main dance practice comes from listening to how my body feels within itself and when being touched by external elements like the skin of others, surrounding architecture or the fabric of my clothes. I let those sensations amplify into movement in space and time, which I can modify by setting different scores and intentions.
I am also excited about the potential of language to evoke bodily sensations. Verbal language is a reoccurring element in my performances as a tool to enter and alter the audience’s self-perception. The wish to induce a heightened sensory awareness within my audience, in similarity to how a massage treatment offers bodily presence and transformation, pierces all my works. Since the covid-pandemic started I am developing a one-on-one performance called “Phone Massage” where I use dialogue, verbal imagery, drawing and analogue sound effects to activate a physical connection with the receiver on the other side of the phone line. What started as an experiment in how to offer massage without contamination risk came to unfold a synthesis of sensorial and aesthetic experience where physical sensations, shapes, colors, textures and movements release one another.


Ein Lied, das dich oder deine Arbeit am besten umschreibt?
Name a song that describes you or your work the best.
Ich fühle die psychedelischen Bilder in «Alien Babies» von Easter sehr. Ich und meine Arbeit fühlen sich am besten, wenn nichts bei dem stehen bleibt, was ich als physisch möglich kenne, sondern es sich für die Transformation durch das Imaginäre öffnet.

I strongly relate to the flow of psychedelic images in “Alien Babies” by Easter. Me and my work feels the best when it is not stopping at what I know as physically possible but opening for transformation through the imaginary.



Wenn du unsere Gegenwart aktiv umgestalten könntest, wie sähe diese aus?
If you could shape our present what would it be, look or feel like?
Wir alle würden mehr Empathie mit uns selbst und mit anderen empfinden. Wie der hyper-empathische Protagonist in «Parabel of the Sower» von Octavia E. Butler würden wir die Folgen unserer Handlungen auf zellulärer Ebene bewusst wahrnehmen und uns deshalb für Handlungen entscheiden, die zum Wohlbefinden und zur Nachhaltigkeit allen Lebens führen. Das muss keine Science-Fiction sein, wir können Empathie in jedem Moment unseres Lebens praktizieren.

We, I mean everyone, would feel more empathy with each other and ourselves. Like the hyper-empathic protagonist in “Parabel of the Sower” by Octavia E. Butler we would consciously sense the consequences of our actions on a cellular level, and therefore choose to perform the actions that leads to well-being and sustainability of all life. This does not need to be sci-fi, we can practice empathy in every moment of our lives.

Wie wär’s mal mit...?
How about...?
...ein wenig inne halten, die Augen für einen Moment schliessen, tief einatmen und die Beschaffenheit der Oberflächen spüren, die mit unserer Haut in Kontakt sind. Dann gehen wir mit unserer Aufmerksamkeit unter unsere Haut... was finden wir dort?
 
...we take a little pause now, close our eyes for a moment, take a deep breath and sense the texture of the surfaces that are in contact with our skin. Then we enter with our attention underneath our skin... what do we find there?


Location
«zur Wand»
Andlauerstrasse 2
4057 Basel

Öffnungszeiten
Samstag 12–16 Uhr

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Fotos / Video
© Ana Brankovic für Wie wär's mal mit








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